Krank für zwei
gewesen sein.«
»Das sagen Sie so. Nur, der Ehemann hat nachher behauptet, er und seine Frau seien nicht ordnungsgemäß informiert worden. Natürlich ist er dabei vor Gericht nicht durchgekommen. Bei der Unterzeichnung des Entlaßpapiers wird natürlich auf ein Aufklärungsgespräch verwiesen, aber das spielte für den Mann keine Rolle.«
»Hat der Mann noch Kontakt aufgenommen?«
»Allerdings: Er stand zweimal bei uns im Krankenhaus und hat herumgebrüllt. Beim zweiten Mal hat Dr. Peuler die Polizei verständigen müssen. Die Sache war nicht mehr haltbar.«
»Und weiter!«
»Ein paar Tage später hat der Mann meinen Chef angerufen und ihn wüst beschimpft. Erst als der dann eine Anzeige gestellt hat, war der Fall erledigt.«
»Wie heißt der Mann?« Vedder zog einen Block aus der Jackentasche.
»Ich weiß gar nicht, ob ich –« Frau Merz fuhr sich unsicher durchs Haar.
»Frau Merz, wir stecken in einer Mordermittlung.«
»Kastner. Die Frau hieß Gertrud, der Mann Erwin oder Erich oder so ähnlich. Auf jeden Fall wohnten die beiden damals in Oberreinighausen, also eine gute Viertelstunde von hier.«
»Das waren also die Kastners, können Sie sich an einen weiteren Fall erinnern?«
»Zumindest keinen, bei dem irgendwelche Emotionen im Spiel waren. Denn das ist es doch, was Sie am meisten interessiert?« Hannelore Merz sah Jan Vedder mit großen Augen an. Offensichtlich hatte sie das Gefühl, sie habe jetzt begriffen, worum es dem Kriminalkommissar ging.
»Ganz richtig. Wenn Ihnen nichts weiter einfällt, Frau Merz, dann werden wir uns jetzt verabschieden. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Ich hätte da noch eine kleine Frage«, Max vermied es, Vedder anzublicken. »Als Peulers Sekretärin wußten Sie natürlich über seinen Tagesablauf bestens Bescheid. Sie sagten eben, daß es morgens eine Zeit gab, in der Dr. Peuler nicht gestört werden wollte.«
Frau Merz nickte. »Ja, zwischen sieben und halb acht. Nur in dringenden Notfällen durfte man dann in sein Büro.«
»Was waren solche dringenden Fälle?«
»Nun, ein Notfall auf der Station vor allen Dingen oder etwas, was für die anstehenden Operationen von Belang war. Ansonsten kann ich mir eigentlich nichts vorstellen.«
»Das heißt, es ist Ihnen auch nicht klar, warum jemand in sein Büro ging? Es lag nichts an, was an diesem Morgen unbedingt erledigt werden mußte?«
Frau Merz schüttelte erneut den Kopf. »Keine Ahnung. Nachher drehte sich ja alles um den Mord.«
»Verstehe. Wissen Sie denn, woran Dr. Peuler an besagtem Morgen gearbeitet hat?«
»Nein, das weiß ich nicht. Es lagen Papiere unter seinem Kopf, das habe ich gesehen. Die hat die Polizei doch sicher untersucht, nicht wahr?«
»Natürlich!« Max räusperte sich.
»Na, dann können wir ja jetzt!« Jan Vedders Aufforderung ließ keinen Widerspruch zu. Max folgte ihm daher brav zur Haustür. Im Flur fiel ihm eine Urkunde auf, die an der Wand hing.
»Sie sind im Sauerländischen Gebirgsverein?«
Frau Merz lächelte schwach. »Ja, ich wandere sehr gern. Zusammen mit meiner Freundin oder mit meiner SGV-Gruppe. Hier in der Gegend läßt es sich ja wunderbar wandern.«
»Das ist aber auch das einzige«, murmelte Vedder. Max hoffte, daß Frau Merz es nicht gehört hatte.
»Wo Sie schon Ihre Freundin erwähnen, Frau Merz. Haben die Peulers eigentlich einen großen Freundeskreis?«
»Sie hatten einen riesigen Bekanntenkreis, allein schon durch Frau Peulers unermüdliches Engagement. Richtig befreundet waren sie eigentlich nur mit den Luckners, dem Rechtsanwalt und seiner Frau. Die beiden sind schon benachrichtigt. Sie befinden sich seit einer Woche in den USA.«
»Sie sind schon benachrichtigt, das ist gut.«
»Und Geschwister haben die Peulers ja leider nicht. Sowohl mein Chef als auch seine Frau waren Einzelkinder.«
»Also gibt es praktisch überhaupt keine nahe Verwandtschaft?«
»Nein, wenn man von Frau Peulers Mutter einmal absieht«
»Frau Peulers Mutter? Die lebt noch?«
»Oh ja. Sie wohnt in Hamm.«
»Aber sie muß steinalt sein.«
»Zweiundneunzig. Ich habe erst vor zwei Wochen Blumen zum Geburtstag hingeschickt.«
»Nett von Ihnen.«
»Das ist nicht nett. Das war meine Aufgabe als Sekretärin.«
»Ich verstehe.« Max lächelte verständig. »Vielen Dank dann noch mal und einen schönen Tag!«
Jan Vedder saß schon in seinem Auto.
26
Max mochte keine Kirschen. Aber selbst wenn er sie gemocht hätte, wäre er nicht auf diesen Baum geklettert, an dem die
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