Kraut und Rübchen - Landkrimi
Käufer schlendern durch das Dorf und genießen die ländliche Idylle, ohne das Gefühl zu bekommen, einer reinen Konsumwelt ausgesetzt zu sein. Erlebnisshopping nennt man das. In Holland sind solche Einkaufsortschaften schon sehr erfolgreich am Markt. Die ersten Interessenten für die Ladenlokale haben schon die Hand gehoben. Das wird eine wunderbare Sache.«
»Was wird mit den Leuten, die im Dorf wohnen?«
»Die bekommen endlich einmal Arbeitsplätze.« Er lachte auf. »Da ist doch sonst nichts. Totes Land.« Er verstummte und hustete leise. »Wir bieten den Menschen viel Geld für die Häuser. Sie können sich ein neues Zuhause kaufen. Mit deutlich mehr Komfort als vorher.« Er beugte sich über das Modell. »Siebenhundertfünfzigtausend«, sagte er unvermittelt, ohne mich anzusehen.
»Ein Zuhause kann man nicht kaufen«, murmelte ich leise.
»Bitte?« Froböss horchte auf.
»Warum wollte meine Tante Ihnen ihr Haus nicht zum Kauf anbieten?«
»Sie hatte komplett andere Ansichten als ich zu dem Thema.« Er stellte sich dicht neben mich. Ich konnte sein Rasierwasser riechen. Edel und bestimmt teuer, aber mit einer penetranten Note. »Leider nicht nur sie. Auch einige ihrer Bekannten stellen sich gegen den Aufschwung des Dorfes.« Er legte mir wieder leicht seine Hand auf den Rücken. »Aber wenn Sie mir den alten Kasten Ihrer Tante verkaufen, ist das Projekt ein gutes Stück vorangekommen. Dann fehlen nur noch diese sieben Häuser hier.« Er ließ den Finger über dem Modell kreisen wie ein Adler kurz vor dem Sturzflug. Ich erkannte die Bäckerei, Margas und Milas Häuser und verstand, warum sie gegen Froböss’ Plan waren. Auch wenn das Dorf erhalten bleiben würde, verlöre es doch seinen Charakter. Kleinhaulmbach wäre nur noch eine Kulisse für Käuferscharen, die jeden Tag und womöglich noch am Wochenende mit Reisebussen herangekarrt würden. Ich trat einen Schritt zur Seite.
»Und wenn ich Ihnen das Haus nicht überlasse?« So langsam bekam ich das unwiderstehliche Bedürfnis, ihn von seinem Begeisterungssturm wieder runterzuholen.
»Dann machen Sie einen großen Fehler, Frau Rübchen.« Er griff nach einer neuen Zigarette.
»Inwiefern?«
»Nun. Zum einen verzichten Sie auf eine erkleckliche Menge Geld. Eine Million.« Er presste die Kiefer aufeinander. Ich reagierte nicht auf sein Angebot, sondern beugte mich wieder über das Modell, als ob ich ein Detail genau betrachten wollte.
»Und zum anderen?«
»Zum anderen machen Sie sich das Leben nicht unbedingt leichter dadurch.« Er richtete sich auf und straffte die Schultern. »Frau Rübchen, ich will ehrlich sein. Als Elisa Sie eben ankündigte, habe ich mich sehr gefreut, weil ich hoffte, Sie würden Ihnen und mir eine Menge Ärger ersparen.«
»Den Eindruck machte die erste Reaktion Ihrer Vorzimmerdame auf mein Erscheinen aber ganz und gar nicht.«
Froböss wischte meinen Einwand mit einer schnellen Handbewegung zur Seite.
»Elisa hat einen Fehler gemacht, den sie sehr bedauert. Als ich vom Tod Ihrer Tante erfuhr, habe ich Erkundigungen eingezogen. Über Sie und über Ihre Situation. Auch in beruflicher und finanzieller Hinsicht.« Er spitzte die Lippen.
»Erkundigungen? Bei wem?«
»Bei den entsprechenden Kontakten. Die im Übrigen sehr auskunftsfreudig waren. Ihre Finanzen als gut aufgestellt zu bezeichnen, käme der Ironie gleich. Oder irre ich mich?« Er neigte den Kopf. »Da muss doch der Erlös aus dem Hausverkauf eine willkommene Sache sein. Zumal das sicher einträglicher wäre, als das alte Haus mühsam zu renovieren. Kaputte Dächer und löchrige Wände sind nicht billig.«
»Es ist immer eine Frage der Prioritäten, Herr Froböss.« Bluffte er, oder hatte er wirklich Quellen, die ihm Rede und Antwort auf seine Fragen über mich standen? Woher wusste er von dem Loch in der Wand? Oder meinte er das nur ganz allgemein? Ruhig bleiben, Katharina. Ganz ruhig bleiben.
»Die Sie allem Anschein nach falsch zu setzen beabsichtigen!«
»Das zu beurteilen liegt immer noch bei mir.« Meine Stimme klang fester, als es mein innerliches Zittern vermuten ließ.
»Ganz wie Sie meinen, Frau Rübchen.« Er schlenderte zu seinem Stuhl, ließ sich hineingleiten und lehnte sich zurück. »Sagen wir einmal so. Ich kenne eine Menge Menschen in wichtigen Positionen, die wiederum ebenso einflussreiche Freunde haben. Ich kann Ihnen helfen, eine feste Anstellung zu bekommen. Oder um es auf eine noch einfachere Formel zu bringen: Sind Sie nett zu mir, bin
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