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Kraut und Rübchen - Landkrimi

Kraut und Rübchen - Landkrimi

Titel: Kraut und Rübchen - Landkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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sich, ihre Bedürfnisse und ihre Wunsch- und Wertvorstellungen zurückgenommen hatte, wurde mir jetzt erst klar. Mit keinem Wort, mit keiner Zeile hatte sie jemals diese Sache erwähnt. Die Aufgabe. Das Familienerbe. Sie wollte mich entscheiden lassen. Frei und aufgrund meiner eigenen Pläne, Ideen und Ideale.
    »Glaubst du, sie hat auch …« Ich ließ das Buch sinken.
    »Was?«
    »Menschen«, ich zögerte, »vergiftet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich weiß nicht, ob ich es wissen will.«
    »Was macht es für einen Unterschied?«
    »Einen großen. In vielen Bereichen.« Ich stand auf und ging ans Fenster. »Angefangen damit, dass ich dann mit meinem Verdacht doch recht gehabt hätte und die anderen mich angelogen haben. Aber das ist noch nicht das Schlimmste.« Ich legte die Handfläche auf die Glasscheibe und lehnte die Stirn dagegen. Die Kühle half mir, meine Gedanken zu sortieren. »Die Vorstellung, dass meine Vorfahrin so eine Art guter Mörderin ist, kann ich ja noch irgendwie unterbringen. Vielleicht war das die einzige Chance der Frauen auf Gerechtigkeit in der damaligen Zeit. Aber heute? Selbstjustiz? Ein Mord, weil der Ehemann unbequem geworden ist?«
    Ich drehte mich zu Alex herum und stützte mich mit beiden Händen auf dem Fensterbrett ab. »Ich bitte dich! Das kann man doch nicht ernsthaft meinen.«
    »Natürlich nicht.«
    »Und deshalb weiß ich nicht, ob ich es wissen will. Weil mein Bild von Marion Gefahr läuft, in einer großen Blase zu zerplatzen. Weil ich dann nicht hierbleiben kann. In einem Dorf, wo so etwas nicht nur toleriert, sondern sogar erwartet wird. Das ist doch krank.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Weiß ich, ob du mir die Wahrheit sagst, wenn du behauptest, nicht in alles eingeweiht gewesen zu sein?«
    »Nein. Das weißt du nicht.« Alex sah mich ernst an. »Du kannst mir glauben oder mir misstrauen. Und ich könnte dir nach allem, was ich jetzt mitbekomme, weder das eine noch das andere übel nehmen.«
    »Kannst du mich allein lassen? Ich muss es lesen. Ob ich will oder nicht.«
    Alex nickte und stand auf.
    »Du weißt, wo ich bin.«

Roter Fingerhut , Digitalis purpurea  – findet sich in ganz Europa wild auf Waldlichtungen und in Gärten als Zierpflanze angebaut. Bei Einnahme verursacht sie Übelkeit, Speichelfluss sowie Sehstörungen, Herzarrhythmien und Koma. Konzentrierte Abkochungen können zum raschen Tod durch Herzversagen führen. Die Wirkstoffe des Fingerhuts werden in der Medizin als Herzmedikament eingesetzt.

Neunzehn
    Herr Hoppenstedt lag auf meinem Schoß und bohrte im langsamen Rhythmus die Krallen in meine Oberschenkel. Neben mir dampfte eine Kanne Kräutertee. Der Duft der Brote auf dem Teller ließ meinen Magen knurren. Ich spürte, wie hungrig ich war, obwohl Essen das Letzte war, an das ich gedacht hätte, wenn Mila nicht mein Einkaufsproblem gelöst und mir kurzerhand eine kleine Kiste mit Lebensmitteln vor die Tür gestellt hätte. Nachdem Alex gegangen war, war das Ausräumen und Zubereiten eine willkommene Ausrede gewesen, um mich nicht direkt dem zu stellen, was mich in Marions Aufzeichnungen vielleicht erwarten würde. Ich griff ein Brot, kaute und blätterte. Überflog Zeitungsausschnitte. Einige kannte ich bereits. Hatte sie selbst in der Presse entdeckt. Weitere Notizen. Zwischendurch einige Namen, die mir nichts sagten, und einige, die mich aufhorchen ließen.
    Ein Telefon klingelte. Irritiert sah ich auf. Mein Handy lag vor mir auf dem Tisch und rührte sich nicht. Wieder klingelte es. Es war das Festnetztelefon im Flur. Ich schob den Stuhl zurück, stand auf und ging an den Apparat.
    »Rübchen.«
    »Katharina?«
    Ich erkannte Ellen Wintherscheid und bemühte mich um einen neutralen Ton.
    »Ja.«
    »Froböss hat sich gemeldet. Er will es jetzt einfach so durchziehen und hat für heute Abend eine, wie er es nannte, Info-Veranstaltung im Gemeindesaal angekündigt«, ratterte sie atemlos herunter. »Wir müssen unbedingt etwas unternehmen. Kommst du?«
    »Langsam«, bremste ich ihren Redefluss. »Was hat er genau gesagt? Bei wem hat er sich gemeldet? Und was meinst du mit Info-Veranstaltung?«
    »Er hat bei mir und bei einigen anderen angerufen und uns eine Art Ultimatum gestellt. Seine Angebote für die Häuser gelten noch bis heute Abend. Wer es nicht annimmt, hat Pech gehabt und kann gucken, wo er bleibt. Das hat er zwar nicht so formuliert, aber gemeint. Der zieht das Projekt jetzt durch, ohne Rücksicht. Vermutlich spekuliert er

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