Kraut und Rübchen - Landkrimi
missbrauchten Artgenossen?
Ich musste grinsen, obwohl mein Magen sich immer noch mit den anstehenden Schadensersatzforderungen herumschlug und mir deutlich signalisierte, dass ihm das ganz und gar nicht gefiel.
»Noch ein Grund, hier schnellstens alle Zelte abzubrechen und wieder mit mir nach Hause zu kommen.« Björn schien sich erholt zu haben. Er strich einen nicht vorhandenen Fussel von seinem Jackett und reckte das Kinn nach vorne. Trotz der Hektik wirkte er im Gegensatz zu Alex und mir, die wir erhebliche Kampfspuren davongetragen hatten, deren Ursprung und genaue Zusammensetzung ich nicht näher erforschen wollte, wie aus dem Ei gepellt.
»Ich bin hier zu Hause, Björn«, sagte ich und merkte in diesem Moment, dass es der Wahrheit entsprach.
»Du bist hier was?«
»Zu Hause.« Beim zweiten Mal gefiel es mir sogar noch besser.
»Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dich in diesem Kaff wohlzufühlen? Hier bei diesen Bauern gibt es doch nichts. Keine Kultur, keine intellektuellen Herausforderungen. Verkauf doch den ganzen Klumpatsch an diesen Investor und komm wieder mit in die Stadt. Ich bekomme meinen Chefredakteursposten bei ›Polit-Heute‹, und du kannst dir mit dem Geld ein wirklich schönes Leben machen.«
»Diese Bauern, wie du sie nennst, sind Menschen, die ich sehr schätze. Es sind Freunde, die …« Ich stutzte. Was hatte er gerade gesagt? »Woher weißt du von dem Investor?«
»Das hattest du mir doch erzählt«, konterte er. »Am Telefon.«
»Nein, das hatte ich nicht.« Ich ging zu ihm, bis ich dicht vor ihm stand. »Woher?« In seinem Gesicht zuckte es. Björn war immer schon ein schlechter Lügner gewesen. Einer der Gründe, warum er nicht so gerne vor Ort heikle Interviews führte. Aus seiner Miene konnten die Gesprächspartner bereits die nächsten Fragen ablesen, bevor er sie überhaupt ausgesprochen hatte. Ich begriff.
»Froböss hat dich angerufen und dich mit einem Chefredakteursposten gelockt, richtig?« Ich sog heftig die Luft durch die Nase, um nicht zu explodieren.
»Du liebe Güte, was willst du denn mit dieser Ruine hier?« Er wich meinem Blick aus.
»Es würde zu meinem Vater passen.« Alex stand dicht hinter mir. »Es ist seine Art, andere nach seinem Willen zu manipulieren. Darin ist er wirklich gut. Er findet deine Schwachstelle und stochert so lange darin herum, bis er dich mürbegemacht hat.« Ich sah ihn über meine Schulter hinweg an. »Das ist einer der vielen Gründe, warum ich schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm habe«, ergänzte er leise, nur für mich bestimmt. »Das wollte ich dir sagen, bevor du zu ihm gefahren bist.«
»Ihr seid euch so ungeheuer ähnlich. Er sieht aus wie du in dreißig Jahren.«
»Bis auf das Äußere unterscheide ich mich gewaltig von ihm.«
»Dann bist du …«
»Der einzige Sohn und Alleinerbe des Imperiums, wenn ich mich denn irgendwann doch noch entschließen würde, in sein Unternehmen einzusteigen. Worauf ich aber ähnlich scharf bin wie Luke Skywalker, Darth Vaders Kompagnon zu werden.«
»Dein Nachname ist ein anderer.«
»Ich habe den Mädchennamen meiner Mutter angenommen, nachdem sie sich von meinem Vater getrennt hatte.«
»Die Männer deiner Familie scheinen ja nie besonders verträgliche Zeitgenossen gewesen zu sein.«
»Zeit, das zu ändern.« Er grinste, und ich hatte das dringende Bedürfnis, ihn zu küssen. Ich gab ihm nach.
»Dann kann ich mich wohl auf den Heimweg machen«, sagte Björn und ließ sich in sein Cabrio fallen. Ich fuhr herum. Sollte ich sauer auf ihn sein? Vermutlich. Er hatte sich von Froböss vorschicken lassen, um mich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zum Verkauf des Hauses zu überreden. Dabei konnte ich nicht umhin, Froböss’ Ausgefuchstheit zu bewundern. Auch wenn er so getan hatte, als ob er mich nicht kennen würde, hatte er bereits vor unserem Treffen Informationen über mich zusammengetragen und nach Schwachstellen im System Katharina Rübchen gesucht. Vermutlich hatte er sofort, nachdem ich ihn verlassen hatte, zum Telefonhörer gegriffen, Björn angerufen und ihn in die Sache mit hineingezogen. Oder hatten die beiden vorher schon Kontakt gehabt?
»Ist es auf Froböss’ Mist gewachsen, dass du mich aus der Redaktion geworfen hast?«, wollte ich von ihm wissen.
»Nein.«
»Aber er hat mit dir gesprochen. Und nicht erst heute.« Ich stützte mich auf das herabgelassene Fenster. Ein leichter Ruck, und es versackte ganz im Schlitz in der Tür. Björn zuckte zusammen
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