Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)
von ungebundenen Autoren
Damit solche Pre-Order-Plattformen sich neben klassischen Verlagen auf dem Buchmarkt dauerhaft etablieren können, braucht man neben einer großen Community allerdings noch eine ganz besondere Zutat: prominente Autoren mit Experimentierfreude. In Großbritannien hat es beispielsweise das Crowdfunding-Label Unbound geschafft, gleich zum Start Edelfedern wie Ex-Monty-Python Terry Jones oder das Ausnahme-Talent Tibor Fischer präsentieren zu können. Das Versprechen lautete: alle Einnahmen werden Fifty-Fifty geteilt, Druck- und Vertriebskosten werden mit dem Anteil der Plattform abgedeckt. Im Fall von Terry Jones, der seinen Erzählband „Evil Machines“ via Unbound vorfinanzieren ließ, kamen durch 3.000 Leser mehr als 30.000 Pfund zusammen. Die Unterstützer saßen über Monate mit Terry Jones zusammen im virtuellen Author’s Shed. Neben normalen Projekt-Updates wurden die Crowdfunder dort auch mit Probekapiteln, Hörproben und Videos versorgt.
Wer wie Terry alleine mehr als 50.000 Twitter-Follower sein eigen nennt, hat mit der Mobilisierung der Crowd natürlich kein Problem. Doch am grundsätzlichen Prinzip von Unbound ändert das nichts: „Books are now in your hands“ heißt das Motto der Plattform. Tatsächlich entscheiden ja die potentiellen Leser anstelle von Verlags-Lektoren, welche Bücher am Ende publiziert werden. Schneller als im konventionellen Business geht es ohnehin. Die „Evil Machines“-Kampagne lief im Sommer 2011, im Dezember war die Sammlung von Kurzgeschichten bereits als Print- und E-Book-Version lieferbar.
Wer die hinteren Seiten aufschlägt, stößt auf eine lange Liste mit Namen – sämtliche Unterstützer sind dort verewigt. Wirklich eine schöne Art, sich bei der eigenen Community zu bedanken. Spätestens an dieser Stelle fragt man sich aber auch: warum geht so etwas nicht auch in Deutschland? Wo sind sie, die experimentierfreudigen deutschen Autoren?
„Slow-Budget-Funding“ für Selbstvermarkter
Zum Beispiel hier: Auf Subskriptionsbasis und mit der schon von Euryclia bekannten Book2Look-Vorschau, aber komplett via Self-Marketing ist im Herbst 2011 ein Ratgeber für Kreative entstanden, der sich nicht ganz zufällig um die „erfolgreiche Eigenvermarktung in der Internetökonomie“ dreht. „Kann man denn davon leben?“ fragt das Autoren-Duo Peter Haas und Silvia Holzinger bereits im Titel, und gibt zwischen den Buchdeckeln dann die glaubwürdige Antwort: „Ja, aber es ist nicht ganz so einfach“. Die Berliner Filmemacher müssen es wissen, schließlich haben sie es geschafft, ihr wunderschönes Documentary „Weizenbaum. Rebel at Work“ völlig ohne öffentliche Förderung zu produzieren und ohne Verleih via DVD-Direktmarketing und im Rahmen von Live-Vorführungen unters Volk zu bringen.
Mehrere Jahre konnten sie dann von den Einnahmen zehren und ihr nächstes Filmprojekt vorbereiten. Dieses Prinzip nennen Haas und Holzinger „Slow Budget Funding“, und geben auch einen Einblick in ihre reale Kostenkalkulation. Mit Crowdfunding hat Slow Budget auch einiges zu tun, denn ohne eine quirlige Community, die über Internet genauso wie klassische Mund-zu-Mund-Propaganda wirkt und auch am Produkt selbst interessiert ist, wäre der Erfolg so wohl nicht möglich gewesen. Mit „Kann man denn davon leben“ scheinen die Dokumentarfilmer nun aber auch bereits nach wenigen Wochen einen Erfolg im Medium Buch gelandet zu haben. Im Oktober 2011 starteten parallel E-Book-Verkauf (zum Preis von 4 Euro) wie auch die Vorbestellungen für die Print-Version (zum Preis von 18 Euro).
Im November 2011 lagen dann schon 125 Bestellungen vor, so dass der Druck der ersten Auflage in Höhe von 500 Stück anlaufen konnte. Wie es sich für Direktvermarkter gehört, natürlich nicht über einen klassischen Verlag, sondern als Print-on-Demand. Neben der Bezahlung über PayPal bieten die Slow-Budget-Experten auch bei der DRM-freien E-Book-Version die Bestellung via E-Mail an. Der Kunde erhält dann als Antwort die Infos für eine klassische Banküberweisung. Das sieht auf den ersten Blick zwar etwas aufwändiger aus als eine Micropayment-Lösung, hat sich aber in der Praxis bewährt – mehr als die Hälfte der BestellerInnen wählte diesen Weg. Zwischen der Crowd und dem Content-Produzenten gab es somit keinen „Middleman“, der Provisionen kassieren konnte. Was natürlich nicht nur den Autoren nützt, sondern auch die Käufer motiviert.
Nackte Haut, gefundet von der
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