Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)
Zahlenverhältnisse ähnlich ungünstig wie in der Story. Unter 82 Millionen normalsterblichen Deutschen gab es kaum 120 eingefleischte Horror-Fans, die sich Teil 1 und 2 der „Zombie-Serie mit Niveau“ (O-Ton Pandoras Play) auf CD oder als MP3 via soforthoeren.de gönnen wollten. Wirklich schade, denn Terra Mortis ist professionell produziert und darf als echter akustischer Leichenschmaus gelten.
Doch zum Glück gibt es ja Crowdfunding und das Pre-Order-Modell. Für die dritte Folge durfte bei Startnext gespendet werden, damit das Bielefelder Indie-Label die Post-Production des bereits eingespielten Hörspiels finanzieren konnte. Für fünf Euro gab es einen Download-Gutschein für die neue Folge, ab 12 Euro für Teil 1 bis 3, ab 25 Euro erhielt man die komplette, handsignierte CD-Edition. Großspender ab 250 Euro erhielten die besondere Ehre, als Gast-Untoter noch ein paar Zombie-Geräusche beizusteuern. Die Chancen standen offenbar sehr gut für die Maden in Germany: nach einem fulminanten Start wurde das Spendenziel von 3.000 Euro zu zu 130 Prozent übererfüllt. Seit Dezember 2011 ist nun Folge 3 unter dem Titel „Nekropolis“ lieferbar. Sieht also ganz danach aus, als könnten sich dank Krautfunding auch im Hörspiel-Sektor neue Vertriebsmöglichkeiten jenseits des Mainstreams etablieren.
Liquid Publishing: „Eine neue Version ist verfügbar“
Wenn die Piraten „LiquidDemocracy“ zum Laufen bringen, warum nicht auch mal so etwas wie „LiquidPublishing“ probieren? Dirk von Gehlens neues Buch-Projekt „Eine neue Version ist verfügbar“ versteht Kultur als Software, die man man hacken kann – und zwar gemeinsam. Wie der Titel schon andeutet, will der Journalist & jetzt.de-Chefredakteur die Vorabversionen seines geplanten Sachbuchs zur Diskussion stellen. Das ständige Feedback fließt dann in die jeweils nächste Fassung ein. Doch schon bei der Finanzierung war die Crowd gefragt – von Gehlen startete im Herbst 2012 eine Spendenkampagne auf der Crowdfunding-Plattform Startnext. Ab einer Spende von 12 bzw. 20 Euro erhielten Unterstützer nicht nur das fertige E-Book/P-Book (erscheint voraussichtlich im Mai 2013), sondern auch direkten Zugang zum Versions-Archiv des Buches, d.h. man wird mit regelmäßigen Updates über den Schreibfortschritt versorgt. Mitbestimmt wurde zudem über die Cover-Gestaltung – wer via Startnext vorbestellte, konnte eine individuelle Verpackung wählen. Die erste Hürde nahm das Buch-Experiment schon nach fünf Tagen genommen, denn die Mindestschwelle von 5000 Euro war erreicht – am Ende kamen sogar 14.000 Euro zusammen.
Schon mit seinem letzten Sachbuch „Mashup. Lob der Kopie“ plädierte von Gehlen für das „Liquidieren“ bisheriger Vorstellungen von Kunst und Kultur, und vor allen Dingen auch für die Anerkennung der Nutzer als aktive Rezipienten. Das Buch selbst erschien jedoch ganz traditionell bei Suhrkamp, und ist zudem in einer DRM-geschützten E-Book-Version lieferbar. „Eine neue Version ist verfügbar“ dagegen startet nicht nur als Self-Publishing-Projekt, sondern rüttelt am klassischen „Geniekult“, den gerade deutsche Autoren gerne pflegen. Gegenüber buchreport beschrieb von Gehlen das alte System so: „Ein gottähnlicher Schöpfers sitzt in seinem Kämmerlein, denkt intensiv nach und am Ende entsteht etwas künstlerisch Wertvolles. Der eigentliche Entstehungsprozess ist abgeschlossen und geheim.“ Das sei jedoch längst nicht mehr zeitgemäß: „Wenn wir die Verflüssigung ernst nehmen, müssen wir den Prozess des Schreibens offenlegen.“
Ein gewisses Nervenflattern dürfte für viele Autoren natürlich auch der Aufwand verursachen, den das „LiquidPublishing“ bedeutet, vor allem, wenn es mit einer Vorfinanzierung via Crowdfunding verknüpft wird. Das Pitch-Video wurde von Grimme-Online-Award-Träger Tim Klimes gedreht, dort tauchen zahlreiche prominente Backer wie Mercedes Bunz, Richard Gutjahr oder Kathrin Passig auf. Für die Gesamtgestaltung, individualisierte Cover sowie das Artwork der Projekt-Poster (als Belohnung für besonders spendierfreudige Crowdfunder) wurde das Münchner Designbüro “SQUIECH Design” eingespannt. Eine Menge Zeit und Energie muss zudem in den öffentlichen Schreibprozeß investiert werden. Immerhin ist trotz aller Verflüssigung das Verschwinden des Autors als letzter Instanz nicht zu befürchten. Als Endprodukt wird sich schließlich ein Buch aus Papier herauskristallisieren – ein Großteil der
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