Kreativ fotografieren
Resultat
Korrektur durch Verzerrung
Eine andere Möglichkeit ist die Korrektur komplett am Computer vorzunehmen – in der so genannten Postproduktion. Abbildung 2.34 zeigt ein Foto eines Hotels, das aus dem typisch menschlichen Blickwinkel auf Architektur aufgenommen worden ist – aus der Froschperspektive.
Abbildung 2.35 zeigt ein Bildschirmfoto, wie ich das Bild in Photoshop so bearbeitet (verzerrt) habe, dass sich die Fassade vertikal aufrichtet. Abbildung 2.36 zeigt das Resultat. Hier, wo man das Foto vorher, mit Verzerrung und stürzenden Linien, und nachher, mit schön senkrecht stehender Fassade und sauber aufgerichteten Linien, vergleichen kann, zeigt sich der Unterschied in der Bildwirkung besonders deutlich.
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Digitale Dunkelkammer
Postproduktion
Ein guter Trick beim Fotografieren von Architektur ist es auch, einen erhöhten Standpunkt zu suchen. Je eher es einem gelingt etwa auf mittlere Höhe eines Gebäudes zu kommen, desto besser lässt sich das Gebäude ablichten, ohne die Kamera kippen zu müssen. Abbildung 2.38 zeigt die Kirche meines Wohnorts aus der Nähe fotografiert. Straßen, Mauern, Bäume und Gebäude erlauben keinen Blickwinkel, aus dem man ein Bild ohne stürzende Linien und penetrant störende Elemente erhält. Es war mir noch nicht einmal möglich die Kirche in den Bildausschnitt zu bekommen, ohne die Fassade unschön anschneiden zu müssen.
Bewegt man sich aber nur ein paar Dutzend Meter gegenüber der Kirche einen Hügel hinauf, eröffnet sich ein gänzlich anderer Blick auf die Szene (Abb. 2.37). Die Beine gehören eben zu den wichtigsten Werkzeugen des Fotografen. Man sollte sie nutzen, wann immer man kann und es erforderlich ist.
Natürlich kann man sich nicht immer auf einen Hügel oder in ein Gebäude gegenüber begeben, um einen erhöhten Blickwinkel auf eine Szene zu gewinnen. Oft macht aber schon ein Mäuerchen, auf das man sich stellen, oder eine Treppe, die man hochsteigen kann, einen großen Unterschied. Auch die Kamera so weit als möglich über den Kopf zu halten, stellt oft einen Gewinn dar. Mit einer Kamera mit Klappdisplay (Abb. 2.40) ist man natürlich immens im Vorteil.
1 Ein Gitternetz im Sucher oder am Display einer Kompaktkamera ist ein hervorragendes Hilfsmittel. Bei vielen Kameras lässt er sich über einen Menüpunkt einblenden. Bei manchen DSLRS kann er nachgerüstet werden, indem die so genannte Mattscheibe ausgetauscht wird.
Alles aus Augenhöhe fotografieren
Wir haben uns weiter vorne Gedanken darüber gemacht, wann wir einen frontalen oder einen diagonalen Blickwinkel auf ein Objekt einnehmen. Nun beschäftigen wir uns mit der Frage, aus welcher Höhe wir ein Motiv fotografieren. Stellen wir vorab einmal die Frage »Was interessiert einen potenziellen Betrachter unserer Bilder am meisten?«.
Grundsätzlich lässt sich das folgendermaßen auf den Punkt bringen: Was uns Menschen am meisten interessiert, ist der Mensch. Was uns am Menschen am meisten interessiert, ist das Gesicht. Was uns am Gesicht am meisten interessiert, sind die Augen. Und welche Lehre können wir als Fotografen daraus ziehen? Wenn Augen im Bild sind, müssen sie am schärfsten abgebildet sein! Deutliche Unschärfe wird bei den Augen des Hauptdarstellers einer Szene so gut wie immer als Fehler empfunden. Diese Regel darf keinesfalls nur auf menschliche Gesichter angewendet werden. Ganz egal, ob man Kinder, Frauen, Männer, Pferde, Hunde, Katzen, Hamster oder Bienen fotografiert – wenn Augen auf dem Bild sind, müssen sie scharf sein. Das gilt auch für unbelebte Objekte wie Skulpturen (Abb. 2.39).
Abb. 2.37 | Architektur von einem erhöhten Standpunkt
Abb. 2.38 | Aus direktem Umfeld
Abb. 2.39 | Fehler: Die Augen sind unscharf
Abb. 2.40 | © Nikon GmbH
Abb. 2.41 | Ein Haus, ein Gesicht
Abb. 2.42 | Die Band ist der Hauptdarsteller, beziehungsweise das Konzert
Abb. 2.43 | Der Hund ist der Hauptdarsteller; in zentralen Nebenrollen: Weite, Leere und Kargheit
Abb. 2.44 | Treppe als Hauptdarsteller
Abb. 2.45 | Licht als Hauptdarsteller
Abb. 2.46 | ›Zank‹ als Hauptdarsteller
Es gibt sogar viele Dinge, die eigentlich kein Gesicht haben, in denen wir aber trotzdem eines sehen. Bei Häusern ist das zum Beispiel relativ häufig der Fall (Abb. 2.41). Zwar darf die Regel, dass Augen immer scharf sein müssen, bei Objekten, die nur scheinbar ein Gesicht, aber kein echtes haben, lockerer gesehen werden; doch es schadet nie diese Überlegung mit einzubeziehen:
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