KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
Doppler-Effekts, und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger studiert. Er selbst lehrte allerdings nie an einer Universität, fiel durch die Lehramtsprüfung und war nur als Hilfslehrer für Naturwissenschaften tätig.
Sie haben sich vielleicht schon einmal gefragt, warum Ihre Schwestern die blauen Augen des Vaters und Sie die graugrünen der Großmutter geerbt haben? Genau diese Fragen trieben auch Johann Gregor Mendel um. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren die meisten Wissenschaftler der Meinung, dass die Merkmale der Kindergenerationen das Resultat einer Mischung der Merkmale beider Eltern sind, ähnlich wie sich Wein und Mineralwasser zu Schorle vermischen. Dieses Modell der »Vermischung« hatte aber gewaltige Haken. Es ließ viele Fragen ungeklärt und wurde allzu oft von der Realität widerlegt. Vor allem war es nur schwer mit vielen Aspekten von Darwins neuer Theorie von der Evolution in Einklang zu bringen.
Gregor Mendel entwickelte ein vollkommen anderes Modell,
das erklären sollte, wie Merkmale von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wir kennen es heute als die sogenannten Mendelschen Erbgänge. Im Jahr 1856 begann Mendel im Garten des Klosters seine systematischen Kreuzungsexperimente mit klug ausgewählten Sorten der Erbse. Diese Erbsen unterschieden sich in insgesamt sieben gut beobachtbaren Merkmalen. Mendel kreuzte sie, indem er die Pollen der einen Sorte auf die Narben der anderen Sorte brachte. Unerwünschte Selbst- und Fremdbestäubungen verhinderte er dadurch, dass er die Staubblätter entfernte und die Blüten verhüllte. Das war der Beginn einer jahrelangen Versuchsreihe mit vielen tausend Pflanzen. Die Verteilung der Merkmale in den Tochter- und Enkelgenerationen dokumentierte Mendel akribisch in Form von großen Stammbäumen. Nach und nach stellte er fest, dass die Häufigkeitsverteilung der Merkmale in den Stammbäumen bestimmte reproduzierbare Muster aufwies.
Mit Hilfe einfacher Statistik versuchte er, die Regeln hinter den Mustern der Verteilung der relativen Häufigkeiten der einzelnen Merkmale zu finden. Aus diesen Experimenten gingen schließlich zwei allgemeine Vererbungsgesetze hervor, die bis heute als Mendelsche Regeln bekannt sind. 55
Mendel hatte einen sicheren Instinkt und sich ein denkbar geeignetes Modellsystem ausgesucht. Seine Wahl fiel auf die Erbse, weil deren Vertreter »constant differirende Merkmale besitzen (…), die Hybriden derselben (…) während der Blüthezeit vor der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt [sind, und weil] die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander folgenden Generationen keine merkliche Störung in der Fruchtbarkeit erleiden.« 56 Aus der Häufigkeitsverteilung der Merkmale in Stammbäumen schloss er, dass jedes phänotypische Merkmal das Resultat der Kombination zweier Elemente sein musste, die unabhängig voneinander existieren: ein Element stammt vom Vater, das andere von der Mutter. Wir nennen die Mendelschen Elemente heute Gene und die Variationen, in denen ein einzelnes Gen auftreten kann, Allele.
Zu Mendels Lebzeiten
war der Begriff Gen in seiner heutigen Bedeutung völlig unbekannt. Erst nach Jahrzehnten wurde den Biologen klar, was Gene sind, wie sie aussehen, wo sie im Körper zu finden sind und auf welche Weise sie wirken. Im nächsten Kapitel komme ich wieder darauf zu sprechen.
In ihrer einfachsten Form funktionieren die Mendelschen Regeln wie folgt: Von jedem vererbbaren Element, das eine bestimmtes Merkmal – zum Beispiel die Farbe der Erbsen – determiniert, existieren mehrere Varianten (grün, gelb, etc.). Jede Tochter erbt von jedem Elternteil genau ein Element. Die Ausprägung des Merkmals bei der Tochtererbse ist immer die Folge der speziellen Kombination der beiden von den Eltern ererbten Elemente. Wenn beide Mendelschen Elemente identisch sind – zum Beispiel, wenn beide die Erbsenfarbe Grün bedingen 57 –, dann ist das Ergebnis ebenso eindeutig wie langweilig: Die Tochtererbse ist tatsächlich und offensichtlich phänotypisch grün.
In diesem Fall spricht man von Homozygotie. Interessanter sind die Fälle, bei denen zwei unterschiedliche Varianten eines Elements (in heutiger Diktion zwei verschiedene Allele eines Gens) an ein und dasselbe Individuum vererbt werden, zum Beispiel die Varianten grün und gelb. In diesem Fall spricht man von Heterozygotie. In diesem Fall entsteht nämlich nicht, was vielleicht nahe läge, eine neue Generation gelbgrüner
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