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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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Eizellen mit zwei verschiedenen Spermien (zweieiige Zwillinge) oder durch sehr frühe Teilung einer einzigen Frucht (eineiige Zwillinge). Eineiige Zwillinge haben also ein vollständig identisches Erbgut, während zweieiige Zwillinge sich genetisch nicht stärker ähneln als normale Geschwister. Im Gegensatz zu normalen Geschwistern sollten aber zwischen ein- und zweieiigen Zwillingen kaum systematische Unterschiede bezüglich der Einflüsse ihrer Umwelt innerhalb wie auch nach Verlassen der Gebärmutter bestehen.
    Damit ist dieses Experiment der Natur ein ziemlich gutes Modell, um die relative Bedeutung vererbbarer Faktoren bei der Entstehung von Krebserkrankungen zu untersuchen. 68 Wenn die Hälfte der Geschwister erkranktereineiiger Zwillinge ebenfalls erkrankt, aber nur ein Zehntel der zweieiigen Geschwister, wäre das ein deutlicher Hinweis darauf, dass vererbbare Faktoren einen bedeutenden Einfluss haben. Je mehr sich die Raten der Erkrankungen von ein- und zweieiigen Zwillingsgeschwistern aber angleichen, desto geringer muss der genetische Einfluss auf das Erkrankungsrisiko sein.
    Eine der wenigen verlässlichen Untersuchungen dieser Art hat Paul Lichtenstein in Skandinavien durchgeführt. Seine Arbeitsgruppe erfasste die Häufigkeit der 28 gängigsten Tumorerkrankungen bei 44

788 Zwillingspaaren in Dänemark, Finnland und Schweden. 69 Seine Ergebnisse sind ausgesprochen interessant.
    Über alle Krebskrankheiten gemittelt, ist das Risiko der Geschwister von Erkrankten nicht sonderlich hoch, das Schicksal ihres Bruders oder ihrer Schwester zu teilen, ganz gleich, ob es sich dabei um ein- oder zweieiige Zwillinge handelt. Bei vielen Krebsarten wie dem Lymphdrüsenkrebs, den Karzinomen im Mund- und Rachenbereich, den Schilddrüsenkarzinomen, den Tumoren der Gebärmutter, dem Nierenzellkrebs, den Tumoren des Bindegewebes oder des Knochens scheinen erbliche Faktoren kaum eine Rolle zu spielen.
    Bei bestimmten Krebsformen wie dem Darmkrebs, dem Prostatakrebs oder auch dem Brustkrebs waren allerdings zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen dem Erkrankungsrisiko ein- oder zweieiiger Zwillinge zu beobachten. Lichtenstein und seine Kollegen errechneten aus ihren Daten, dass beim Brust-, Darm und Prostatakrebs bei der Entstehung von 27–41 Prozent aller Erkrankungen ererbte Faktoren ihre Hand mit im Spiel haben.
    Fassen wir zusammen: In seltenen Fällen verhält sich Krebs wie eine typische Erbkrankheit. Darüber hinaus scheint es Krebsformen zu geben, die häufiger bei Personen auftreten, die von ihren Vorfahren eine entsprechende Bürde ererbt haben. Trotzdem ist Krebs genauso wenig eine Erbkrankheit wie eine Vergiftung oder eine Infektionskrankheit.

Fazit – Vier Hauptverdächtige: Gift, Strahlung, Infektion, Vererbung
    Ich fürchte, am Ende dieses weit ausgreifenden Kapitels werden Sie etwas ratlos sein. Alles andere wäre ein Wunder. Verdächtig sind irgendwie alle, und nichts passt zusammen.
    Ohne Zweifel leben wir in einer gefahrvollen Welt. Energiereiche Strahlung, einige chemische Substanzen und manche Viren erhöhen unser Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Für jeden dieser Faktoren haben Krebsforscher mittlerweile unwiderlegbar Beweise geliefert, dass sie Krebs auslösen können – so weit die schlechte Nachricht.
    Die gute Nachricht lautet: Allen Gefahren zum Trotz triff Krebs tritt nie zwangsläufig auf. Auch das in dieser Hinsicht denkbar liederlichste und riskanteste Leben muss nicht mit Krebs enden. Auch wenn Viren, Chemikalien und Strahlung Krebs auslösen können, ist Krebs weder eine Infektionskrankheit noch eine Vergiftung im klassischen Sinn. Krebs ist auch keine Erbkrankheit, auch wenn seltene Ausnahmen diese Regel bestätigen. Alle Faktoren – Viren, Chemikalien, Strahlung und Vererbung – sind Teilstücke eines Puzzles, die sich noch nicht zu einem stimmigen Bild fügen. Entscheidende Teile scheinen zu fehlen. Das Gefühl trügt nicht, dass es auch Krebserkrankungen gibt, die keinem der genannten Verdächtigen angekreidet werden können.
    In dieser vertrackten Situation können wir zwei vollkommen konträre Schlussfolgerungen ziehen. Eine resignative Lösung des Dilemmas könnte lauten, das es den Krebs gar nicht gibt! Der Begriff würde uns ein Trugbild vorgaukeln. In Wahrheit gäbe es dann Tumorerkrankungen, die durch Karzinogene ausgelöst werden, es gäbe strahleninduzierte Tumoren und Infektionen, die bösartige Geschwüre hervorrufen. Letztendlich aber würde es sich

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