KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
passenden Antikörper oder B-Zell-Rezeptor erkannt wird. Wenn die Bindung an den Rezeptor auch eine entsprechende Aktvierung des Immunsystems auslöst, wird ein Antigen als Immunogen bezeichnet.
Chemisch betrachtet kommen prinzipiell alle Arten
größerer organischer Moleküle, große Fette, Kohlenhydrate, Nukleinsäuren und natürlich Eiweiße als Antigene infrage. Aufgrund ihrer Individualität und Vielfältigkeit sind es aber meistens die Proteine eines Erregers, die zum Ziel des Immunsystems werden.
Im Gegensatz zu den T-Zell-Rezeptoren sind B-Zell-Rezeptoren und Antikörper nicht darauf angewiesen, dass ihnen die Antigene mundgerecht zerkleinert und eingebettet in einen MHC-Komplex präsentiert werden. Antikörper binden an lösliche Toxine oder auch an Bakterien, die sich im Blut oder in Geweben aufhalten, und markieren sie. Auch die B-Zellen, können fremde Moleküle im Prinzip unabhängig von der Präsentation durch MHC-Moleküle erkennen. Die B-Zell-Antigene sind – um es in der Sprache der Immunologen zu formulieren – nicht unbedingt MHC-restringiert . Manche Antigene, vor allem große Kohlenhydrate mit relativ monotonem Aufbau, provozieren eine Immunreaktion der B-Zellen und die Produktion von Antikörpern, ohne dass weitere Zellen beteiligt sein müssten. Oft sind die B-Zellen aber doch auf Unterstützung durch eine besondere Klasse von T-Lymphozyten, die Helfer-T-Zellen, angewiesen. Das Prinzip gegenseitiger Hilfeleistung gilt also nicht nur zwischen dem angeborenen und dem adaptiven Immunsystem, sondern auch innerhalb des adaptiven Systems zwischen B- und T-Zellen. Wenn ein Antigen stabil an einen Rezeptor auf der Oberfläche einer B-Zelle bindet, kann es von der Zelle verschluckt werden. In der Zelle wird es dann zerschnitten. Wie die Bruchstücke von Virusproteinen infizierter Zellen tauchen die Bruchstücke wieder an der Zelloberfläche auf. Auch die Bruchstücke vertilgter Mikroorganismen werden in ähnlicher Weise auf der Zelloberfläche eingebettet in einen MHC-Komplex präsentiert. Die B-Zellen und auch die Fresszellen (Makrophagen) des angeborenen Immunsystems besitzen allerdings einen speziellen Typ von MHC-Molekülen, der als MHC-Komplex der Klasse II bezeichnet wird. Diese spezielle Kombinationvon Antigen-Bruchstücken und MHC-Molekülen des Klasse II lockt die Helfer-T-Zellen an. Sie binden an den Komplex auf der B-Zelle. Durch die Bindung werden die Helfer-Zellen zur Produktion von Botenstoffen angeregt, die eine Aktivierung der B-Zellen auslösen.
Diese Formen der Kooperation
zwischen angeborenem und adaptivem Immunsystem besiegeln das Schicksal der meisten Bakterien, die in unseren Körper eindringen. Sie werden zunächst durch die unspezifischen Erkennungsvorgänge des angeborenen Immunsystems von Fresszellen entdeckt und buchstäblich aufgefressen. Der Verdauungsprozess bleibt nicht unbemerkt. Diese professionellen Fresszellen (Makrophagen) und die dendritischen Zellen präsentieren die Bruchstücke verdauter Bakterienproteine eingebettet in ihre MHC-Klasse II-Moleküle der Umgebung. Diese Kombination lockt dann sowohl Helfer-T-Zellen als auch B-Zellen an.
Die Aktivierung von B-Zellen bildet eine zweite Welle der Abwehr von Bakterien. Wie erwähnt, vermehren und verändern sich die aktivierten B-Zellen. Ein großer Teil ihrer Nachkömmlinge verwandelt sich in Plasmazellen. Diese ausgereiften B-Zell-Abkömmlinge sind hochspezialisierte Fabriken, die dem B-Zell-Rezeptor analoge, passgenaue Antikörper in großer Zahl produzieren und sie ins Blut oder in andere Gewebeflüssigkeiten abgeben.
Ein anderer Teil des aktivierten B-Zell-Klons verwandelt sich in Gedächtnis-B-Zellen, die dann als stille Reserve für den Fall einer erneuten Konfrontation mit demselben Erreger bereitgestellt werden. Der Prozess der B-Zell-Aktivierung ist hoch effizient. Aus eine einzigen B-Zelle kann im Laufe von weniger als eine Woche eine Armada von über einer Million Tochterzellen entstehen, die in dieser Zeit über 100 Billionen passgenaue, monoklonale Antikörper produzieren.
Stehen passgenaue Antikörper in ausreichender Konzentration zur Verfügung, ist der Fremdling fast immer verloren. Schon die feste Bindung des Antikörpers an den Eindringling kann dessen Handlungsspielraum und seine Wirkungsmacht deutlich einschränken. Die Markierung durch den Antikörper eröffnet dem Körper aber noch eine ganze Palette weiterer Abwehrmöglichkeiten. Die Gifte der Erreger von Tetanus oder Diphtherie werden
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