KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
für die Zelle haben – zwangsläufig zu quantitativen, möglicherweise sogar zu qualitativen Veränderungen der Eiweißzusammensetzung in der Zelle. Das mutierte Ras-Protein unterscheidet sich vom gesunden mindestens durch eine Aminosäure. 19 Bei anderen Produkten von Krebsgenen sind die Veränderungen durchaus weniger subtil.
In dem Moment aber, wo Viren oder Krebszellen sich vermehren, müssen sie ihre Eiweiße vervielfältigen. Ganz gleich ob atypische Eiweiße Produkte vonKrebsgenen sind oder aus dem Erbgut eines Virus stammen, sobald sie in einer Zelle produziert werden, dringen Spuren dieser Proteine in Form von Eiweißschrott nach außen. In beiden Fällen tauchen fremdartige Peptide, eingebettet in den MHC-Komplex der Zelle, an der Zelloberfläche auf. Diese Betrachtung legt nahe, dass also vor allem die Teile des adaptiven Immunsystems gegen eine Krebszelle in Stellung gebracht werden könnten, die normalerweise mit der Abwehr von Virusinfektionen befasst sind. Glauben wir dem gezeichneten Bild des Immunsystems, so würden wir unsere Hoffnungen zunächst vor allem auf die adaptive Immunität – genauer auf die zytotoxischen T-Zellen – setzen.
Die Wirklichkeit ist jedoch vielschichtiger als das Modell.
Alle empirisch tätigen Wissenschaftler müssen sich darauf einstellen. Die Immunologen scheinen in dieser Hinsicht besonders leidgeprüft. Die letzten 100 Jahre der Tumorimmunologie waren nachgerade eine Achterbahn der Gefühle, die zwischen den Extremen Euphorie und Resignation hin und her schwankte.
Fazit – Hilft das den Betroffenen?
Aus der Perspektive des Forschers mag es spannend sein, sich in die Details der Auseinandersetzung zwischen Krebs und Körper zu verlieren. Aber was hilft es den Betroffenen? Klingt das alles nicht sehr nach akademischen Spiegelfechtereien, solange daraus keine Therapie oder wenigstens eine paar handfeste Verhaltensregeln hervorgehen?
Krebsforscher spielen gern mit Seifenblasen.
Solche Blasen steigen schon heute aus den Reagenzgläsern der Labors auf und schillern verheißungsvoll über dem Horizont der Krebstherapie des 21. Jahrhunderts. Vermutlich werden viele davon platzen oder im Vergleich zu den heute etablierten konventionellen Methoden auf Normalmaß zusammenschrumpfen. Von einer Revolution der Krebsbehandlung mit den Mitteln der Immuntherapie sind wir heute noch himmelweit entfernt. Allerdings keimen erste zarte Pflänzchen der Hoffnung. Diese Pflänzchen sollen aber erst im 10. Kapitel dieses Buches vorgestellt werden. Mit geht es an dieser Stelle um etwas anderes.
In den Köpfen der Betroffenen könnte das Wissen um die Möglichkeiten des Immunsystems eine Art Brücke bilden, die sie beschreiten und nutzen könnten, um Zugang zur eigenen Krebserkrankung und vielleicht sogar Einfluss auf sie zu gewinnen.
Wir haben gesehen, dass Krebszellen vom Immunsystem enttarnt und zerstört werden können. Die Funktion des Immunsystems ist wiederum von vielen Dingen abhängig, die teilweise unserer Einflussnahme zugänglich sind Ernährung, die allgemeine körperliche Fitness und sogar die momentane geistige und emotionale Verfassung sind nur einige Beispiele. Alle diese Faktoren können Zustand und Wirkung des Immunsystems beeinflussen.
Krebs ist ein ungeheurer Vertrauensbruch unseres Körpers.
Nicht genug damit, dass uns Teile des Körpers im Stich lassen, sie wenden sich gegen uns.Imogen hat mir klargemacht, wie wichtig der subjektive Eindruck ist, die Initiative nicht völlig aus der Hand geben zu müssen. Allein das Gefühl, Einfluss nehmen zu können, ist ungeheuer wichtig und ein großer Wert an und für sich.
Für Menschen, die an Erklärungen interessiert sind, mag das Verständnis für die Grundprinzipien der Beziehung zwischen Immunsystem und Krebs dabei hilfreich sein. Dieses Verständnis liefert ein Konzept, an das man sich halten kann, ohne auf rein metaphorische oder gar metaphysische Deutungsmuster zurückgreifen zu müssen. Wer weiß, vielleicht steckt mehr dahinter, als wir heute wissen.
Möglicherweise können wir über mehr und weniger verschlungene Wege Einfluss auf unser Schicksal nehmen. Darum geht es im folgenden Kapitel: Was können wir jenseits aller Therapien selbst tun und was sollten wir lassen, um dem Krebs vorzubeugen oder um den Verlauf einer Krebserkrankung positiv zu beeinflussen? Die Fragen ziehen allerdings Kreise, die weit über den Radius des Immunsystems hinausgehen.
5. Kapitel
Unseres Glückes Schmied … – Können wir
Weitere Kostenlose Bücher