KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
Computertomographie wurde inzwischen zum wichtigsten Arbeitsmittel der Radiologen in der Krebsdiagnostik. Mit ihr gelingt es, die Größe, die Ausdehnung und die Lagebeziehungen eines Tumors zu bestimmen, sie erlaubt oft auch eine Einschätzung, inwieweit benachbarte Lymphknoten von der Erkrankung befallen sind. Außerdem ist die Computertomographie das gängigste Instrument zur Fahndung nach Metastasen. Insbesondere bei der mühsamen Suche nach Lungen- und Knochenmetastasen ist ein Computertomogramm deutlich empfindlicher als konventionelle Röntgenbilder. Unter Verwendung zusätzlicher Kontrastmittel können außerdem auch Dichteunterschiede innerhalb von Geweben herausgearbeitet und dargestellt werden. Daher wird der Computertomograph meist eingesetzt, wenn es um die Suche nach Tumoren oder Metastasen in Leber, Gehirn oder anderen soliden Organen geht.
Die Blitzkarriere von Röntgens X-Strahlen machte das Röntgenbild
fast zum Synonym für alle Verfahren, die Bilder aus unserem Körper liefern. Radioaktive Strahlung lässt sich aber auch auf ganz andere Art und Weise nutzen, um Information aus dem Körperinnern zu gewinnen. Nur ein Jahr nach Röntgens bahnbrechender Veröffentlichung 26 entdeckte Henri Becquerel natürliche Quellen radioaktiver Strahlung. 27 Eine diagnostische Nutzung von Becquerels Entdeckung ließ aber noch auf sich warten.
George de Hevesy (1885–1996) wollte chemische Verbindungen mit verschwindend kleinen Mengen radioaktiver Isotope markieren und auf diese Weise »Tracer« generieren, die auf ihrem Weg durch den menschlichen Körper leicht nachzuverfolgen sind. Die emittierte Gammastrahlung verrät, wo überall sich das markierte Molekül im Körper im betreffenden Moment gerade anreichert. Im Gegensatz zum Röntgenverfahren liefert die Information über die räumliche Verteilung eines Tracers nicht nur Bilder, sie kann auch Auskunft über Stoffwechselfunktionen im Körper liefern.
Die Medizin suchte rasch nach Nutzanwendungen des Tracer-Prinzips. Jod war eines der ersten Elemente, das dabei eine praktische Bedeutung erlangte. Radioaktive Jod-Isotope können einfach in eine Vene injiziert werden. Die Schilddrüse saugt dieses Jod ein, wie ein gieriger Staubsauger, weil Jod ein zentraler Baustein aller Schilddrüsenhormone ist. Der Jod-Tracer zerfällt undsetzt dabei Gammastrahlen frei. Diese Strahlung tritt aus dem Patienten aus und trifft auf die Messköpfe einer Kamera. Dort erzeugt sie in einem Kristall Lichtblitze – Szintillationen. 28 Die Lichtblitze lösen ihrerseits elektrische Impulse aus, die zur Berechnung von Bildern genutzt werden. Die aufgezeichnete Aktivität ergibt ein verlässliches Bild der Stoffwechselaktivität der Drüse. Die Szintigraphie war geboren, deren Prinzip sich seit den Tagen der ersten Anwendungen in den späten dreißiger Jahren nicht verändert hat. Eine winzige gesundheitlich unbedenkliche Menge eines radioaktiven Isotops wird in eine Vene injiziert, der Stoff verteilt sich im Körper und dringt mittels definierter biochemischer Prozesse in die Organe ein, die untersucht werden sollen.
Das Spektrum der Möglichkeiten hat sich seit den Tagen der ersten Schilddrüsen-Szintigraphien stark erweitert. Jod war anfangs gleichzeitig Tracer und chemisches Objekt des Interesses, vereint in einer einzigen Substanz. Inzwischen wurden Dutzende neuer Radiopharmaka entwickelt, die aus zwei Komponenten bestehen: der Trägersubstanz, deren Funktion untersucht werden soll, und einem radioaktiven Isotop, dem Tracer, der die interessierende Substanz markiert und identifizierbar macht.
Die Krebsmediziner nutzen die Szintigraphie vor allem, um nach Metastasen im Knochen zu fahnden. Der Stoffwechsel in Tumorzellen läuft im Vergleich zu den ziemlich trägen Zellen des Knochens mit höherer Drehzahl. Deshalb reichern sich Radiopharmaka wie Technetium-99 in Metastasen viel stärker an als in gesundem Knochengewebe.
Eine aktuelle Variante der Szintigraphie
macht Jagd auf sogenannte Wächter-Lymphknoten. 29 Wie bereits erwähnt, sind die unmittelbar benachbarten Lymphknoten des Tumors oft die ersten Stationen, in die Tumorzellen auswandern. 30 Diese Lymphknoten sind eine Art letzte Verteidigungslinie, bevor sich die Erkrankung endgültig im Körper ausbreitet und nicht mehr als lokales Problem betrachtet werden kann. Mit der Szintigraphie lässt sich der Lymphabfluss aus Tumoren darstellen und feststellen, welcher Lymphknoten der erste Filter ist, der den Tumor drainiert. Sind
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