KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
die Wächter-Lymphknoten erst einmal identifiziert, können sie im Rahmen eines operativen Eingriffs gezielt entfernt werden. Ist dieser Lymphknoten tumorfrei, kann unter Umständen Entwarnung gegeben und dem Patienten eine größere Operation, um alle Lymphknoten zu entfernen, erspart werden.
Was die Antimaterie mit der Krebsforschung zu tun hat – die Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Eine noch neuere Variante des Tracer-Prinzips beruht auf einem Teilchen, dessen Porträt wirkt, als entstamme es einem Science-Fiction-Roman. Die Rede ist vom Positron. Die positiv geladenen Positronen (β + -Teilchen) sind die physikalischen Zwillinge der Elektronen und stammen aus einer Welt, die eigentlich schon vor Milliarden von Jahren aufhörte zu existieren. 31 Seither gehört die Antimaterie nicht mehr zu unserer Welt. Es gibt aber Isotope, bei deren Zerfall sehr kurzlebige Positronen entstehen. Binnen winziger Bruchteile einer Sekunde trifft das entstandene Positron auf seine negativ geladene Schwester, das Elektron. Beim Rendezvous vernichten sich beide Teilchen gegenseitig, und ihre Energie wird in Form von paarigen Photonen oder Gammaquanten freigesetzt. Isotope wie das Fluor-18 sind Beispiele für Positronen-Strahler.
Bei der Positronen-Emissions-Tomographie
(PET) werden solche speziellen radioaktiven Isotope genutzt, um Bilder aus dem Körperinnern zu gewinnen. In der Krebsmedizin wird gerne schlichter Traubenzucker, der mit dem Isotop Fluor-18 (F18-Glucose) markiert wird, als PET-Tracer verwendet. Krebszellen saugen Traubenzucker begierig in sich auf. Ihre Zellmembran ist geradezu gespickt mit einer Vielzahl von Transport-Proteinen: Sie schaffen die begehrte Glucose ins Zellinnere. Wie die großen amerikanischen Straßenkreuzer der sechziger Jahre verschwenden Krebszellen hemmungslos Energie. Sie verbrennen Zucker in großen Mengen. Ihre Gier entlarvt die Krebszellen.
Die mit Fluor-18 markierte Glucose reichert sich also in bösartigen Geweben stark an. Regionen, die viel Fluor-18-Glucose aufnehmen, leuchten im Bild hell auf und sind daher zunächst einmal krebsverdächtig. Leider besteht auch hier die Realität nicht nur aus den Farben Schwarz und Weiß. Die Zwischentöne sind es, die den Diagnostikern das Leben schwer machen können. Auch andere Zellen werden zu Zuckerfressern, wenn sie arbeiten oder unter Stress stehen. 32
Diese Probleme motivieren die Radio-Pharmazeuten, mit Hochdruck nach neuen Kombinationen von Trägermolekülen und Isotopen zu suchen, die bösartige Tumoren ihrer spezifischeren Stoffwechsel-Eigenarten noch präziser identifizieren können.
Das räumliche Auflösungsvermögen eines Positronen-Emissions-Tomogrammsund seine Möglichkeiten, anatomische Details dazustellen, sind allerdings begrenzt und der Computertomographie hoffnungslos unterlegen. Daher werden seit einigen Jahren fast nur noch Apparate gebaut, die beide Verfahren in einem Gerät und einem Bild vereinen. Diese sogenannten PET-CT-Geräte verbinden die Stoffwechselinformationen aus der Positronen-Emissions-Tomographie mit dem hohen anatomischen Auflösungsvermögen der Computertomographie. Auf diese Weise können auffällige Befunde leichter einem bestimmten Organ oder einer bestimmten Region zugeordnet werden.
Ein PET-CT liefert erstaunlich suggestive Bilder von Tumoren und Metastasen. Nicht immer entsteht aber aus einem schönen Bild auch ein Mehrwert für den Patienten. Es wird zur Zeit eifrig erforscht, wann und wie diese relativ teure und aufwendige Technik eingesetzt werden sollte, damit krebskranke Menschen auch tatsächlich von ihr profitieren.
Obwohl kaum mehr als 100 Jahre vergangen sind,
war es ein langer Weg von Röntgens erster Aufnahme bis zum PET-CT. Die Diagnostik mit Hilfe von Röntgen- oder Gammastrahlen hat sicher unzähligen Menschen das Leben gerettet. Trotzdem haftet all diesen Methoden ein gemeinsamer und sehr grundsätzlicher Makel an: Alle nutzen eine eventuell gefährliche Art von Strahlung. Röntgenstrahlen und Gammastrahlen verfügen über genügend Energie, um Elektronen aus einer Atomhülle herauszuschlagen, und können daher chemische Bindungen im Gerüst der Erbsubstanz aufbrechen. 33 Sie verursachen Mutationen und sind vielleicht sogar krebsauslösend. Die technische Optimierung der Röntgengeräte, der Röntgenfilme und der Detektoren sorgt nicht nur für bessere Bilder, sie hat auch die anfallende Strahlenbelastung immer weiter reduziert. Wenn eine Röntgenuntersuchung mit Sinn und
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