KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)
kommt.
Protonenkreisel, Kernspin und Magnetresonanztomograph – eine weitere subatomare Welt
Eine ganz andere Technik, die ebenfalls ohne die Hilfe von Röntgenstrahlen Bilder aus unserem Körper liefern kann, hat ihre Wurzeln in der Atomphysik. Die Geschichte dieser Technik beginnt im Jahr 1933. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts war Deutschland weltweit die bedeutendste Talentschmiede für Physiker. Otto Stern, ein Schüler von Albert Einstein und Max Born, war einer der unzähligen vielversprechenden Köpfe aus diesem erstaunlichen »Brainpool«. 1933 gelang ihm der experimentelle Nachweis des Protonenspins. Stern wies nach, dass sich subatomare Teilchen wie Protonen oder wie kleine Kreisel verhalten. Er bemerkte, dass ein Strahl von Protonen durch einMagnetfeld in zwei Hälften geteilt wird, die wiederum zwei verschiedenen Drehrichtungen 35 aufweisen. Stern erhielt für diese Arbeiten im Jahr 1943 den Nobelpreis für Physik.
In weniger als 40 Jahren entstand aus dieser scheinbar hochtheoretischen Erkenntnis ein sehr handfestes, neues Instrument der medizinischen Diagnostik. Der Amerikaner Paul Lauterbur hatte zwei grundlegende Ideen, um die Kernspinresonanz für die Gewinnung von Bildinformationen überhaupt erst zu nutzen. Sir Peter Mansfield entwickelte die erforderlichen mathematischen Verfahren, um die Signale der Kernspinresonanz in Bilder zu verwandeln. Daraus entstand Ende der siebziger Jahre ein Gerät, das heute in jeder größeren Radiologie-Praxis der westlichen Welt zu finden ist.
Der Magnetresonanztomograph (
MRT
)
erlaubt es, Bilder aus praktisch jeder Region des menschlichen Körpers zu gewinnen. Diese Bilder bestechen durch ein bisher nie erreichtes Auflösungsvermögen. Die komplexe Technik der Magnetresonanztomographie beruht auf einer raffinierten Kombination von sehr starken Magnetfeldern und Radiowellen. Sie macht sich eine physikalische Eigenschaft der Wasserstoffatome zunutze. Der Wasserstoff (H) ist sowohl der kleinste als auch der häufigste atomare Baustein unseres Körpers. Wasserstoffatome haben die besondere Eigenschaft, sich um sich selbst wie kleine Kreisel drehen zu können. Diese Eigenschaft nennt man Kernspin. 36 Wasserstoffatome sind geladene Teilchen. Ihre Drehung erzeugt daher ein eigenes schwaches Magnetfeld.
Sie wirken im Allgemeinen wie winzige Stabmagnete, die ihrerseits durch ein starkes äußeres Magnetfeld manipuliert werden können. Der Magnetresonanztomograph erzeugt ein Magnetfeld, das sehr viel stärker ist als das Magnetfeld der Erde. Wirkt dieses starke künstliche Magnetfeld auf die Wasserstoffatome des Körpers, orientieren sich ihre Magnetfelder alle für einen kurzen Moment parallel in derselben räumlichen Richtung aus. Sie stehen stramm, statt wie üblich kreuz und quer in allen Richtungen des Raumes hin und her zu pendeln. Die Atome richten sich parallel (mit) oder antiparallel (entgegen) der Flussrichtung des Magnetfelds des Tomographen aus.
Während der Patient untersucht wird, sendet das Gerät zusätzlich Radiowellen einer ganz bestimmten Frequenz aus. Besitzt der Radioimpuls dieselbe Frequenz wie die Drehung der Atome um die Hauptachse des Magnetfelds, so kann er sie anregen. Ähnlich wie wenn Schallwellen die Resonanzfrequenz einer Membran oder eines Musikinstruments treffen, verleiten Radiowellengeeigneter Frequenz die Wasserstoffatome zum Mitschwingen. Sie nehmen die Energie der Radiowellen auf und werden dadurch abgelenkt, bis einige von ihnen fast entgegen der Flussrichtung des Magnetfelds ausgerichtet sind. Nach dem Abschalten des Radiosignals pendeln die abgelenkten Teilchen zurück und richten sich wieder am Magnetfeld aus. Beim Zurückfallen aus dem gerichteten Zustand geben sie Energie ab, die man messen kann. Ein Detektor misst dabei die Zeit, die vorübergeht, bis sich die Teilchen wieder geordnet haben.
Je nach Umgebung lassen sich die Teilchen länger oder weniger lang ablenken. Anhand der gemessenen Energie und der Zeit bis zur Wiederausrichtung berechnet der Computer dann Bilder des Körperinneren, die typischerweise die Konzentration an Wasserstoffatomen in einem bestimmten Volumen reflektieren. Je mehr Wasserstoff in einem Gewebe vorhanden ist, desto deutlicher erscheint es in einem Magnetresonanztomogramm. Da Entzündungen oder auch Tumorgewebe sich im Vergleich zum umgebenden, gesunden Gewebe oft im Wasserstoffgehalt unterscheiden, lassen sich solche Bereiche meist recht gut abgrenzen. Ein Computer kann aus diesen
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