Kreuz des Südens
war immer ein guter Mensch gewesen, doch immer im Widerstreit mit seinen Schwächen und seiner privilegierten Vergangenheit. Er hatte eine vermögende, erleichterte, verzweifelte, ärgerliche Hammer zurückgelassen, die unter der Last ihrer Angst litt wie Seth seinerzeit an seinem Übergewicht. »Popeye, komm her« rief Hammer.
Popeye lag faul auf dem Küchenboden in einem Kegel aus Sonnenschein und hatte nicht die Absicht, ihren Platz zu wechseln.
»Wir gehen jetzt schön ins Körbchen, Popeye.« Popeye betrachtete ihre Besitzerin durch zusammengekniffene Augen. Sie gähnte und fand es albern, dass ihre Besitzerin immer das Wort wir benutzte, als ob sie, Popeye, nicht schlau genug wäre, das zu durchblicken. Popeye wusste, dass ihre Besitzerin nicht die Absicht hatte, mit ihr in diesen kleinen Plastikkorb zu kriechen, genauso wenig wie sie eine Entwurmungspille schlucken, oder sich vom Tierarzt eine Spritze geben lassen würde, obwohl sie auch zu diesen Gelegenheiten das Wort wir benutzte.
»Popeye!« Die Stimme ihrer Besitzerin wurde strenger. »Ich bin in Eile. Komm schon. Ab ins Körbchen. Hier ist dein Eichhörnchen.«
Sie warf Popeyes Lieblingsstofftier in den Korb. Popeye war das völlig egal. »Also gut, dann dein Fuzzi.«
Mit ihrem Fuß stieß sie das schmutzige Hühnchen aus Schafwolle, dem Popeye die Augen abgekaut hatte und das sie regelmäßig in der Toilette versenkte, in den Korb. Popeye war das egal. Dann ging ihre Besitzerin festen Schritts durch die Küche und nahm Popeye auf. Popeye verfiel in eine Salvador-Dali-artige Bette-dich-matt-über-alles-und-spiel-krank-Pose. Ihre Besitzerin stopfte Popeye in den Korb und schloss das Türchen aus Drahtgeflecht.
»Wir müssen in Zukunft artiger sein«, sagte ihre Besitzerin und gab Popeye mehrere kleine Stücke Hundekuchen. »Ich bin ganz bald wieder da.«
Hammer schaltete die Alarmanlage an und ging hinaus zu ihrer nachtblauen Crown-Victoria-Dienstlimousine. Dann fuhr sie die East Grace hinunter, an der Rückseite der St. JohnsKirche vorbei, bog in die 25. Straße ein, fuhr vorbei an Tobacco Row, wo jetzt Luxusapartments standen und Pohlig Bros. immer noch Kartonagen aller Art fertigte. Ein Graffiti-Künstler hatte Fleisch ist Mord, esst Getreide und Anita Hill hat schon damit angefangen an die Wand eines verlassenen Tabaklagers gesprüht, daneben rostige Feuerleitern; abgestorbener wilder Wein rankte an den alten Ziegeln empor, eine Reklametafel wies auf Gebrauchtreifen bei Cowboy Tires hin, und Strickland Foundry and Machine Company wollte immer noch nicht aufgeben.
Auf der anderen Seite der Broad Street, nach dem Colosseum, stand das hässliche, in Plattenbauweise gebaute Police Department mit blauem, bereits ausgeblichenem Mosaikdekor, wo Hammer nun ihre Tage verbrachte. Das Richmond Police Department war dunkel, zu klein und voller Asbest, hatte fensterlose Korridore und atmete den abgestandenen Geruch von verschwitzten Leuten und schmutzigen Taten. Sie wünschte den Polizisten, an denen sie vorbeikam, einen guten Morgen, und sie erwiderten den Gruß aus purer Angst. Hammer verstand das Trauma Veränderung. Sie verstand Misstrauen gegen alles, was von außen kam, besonders, wenn die Maßnahmen auf Bundesebene abgesegnet worden waren. Unmut und Feindseligkeit waren ihr nichts Neues, doch so schlimm wie hier hatte sie es noch nie erlebt. Um Punkt sieben Uhr ging sie in den Konferenzraum. Dort warteten bereits an die dreißig wenig enthusiastische Commander, Captains, Detectives und Officers und folgten ihr mit starren Blicken. Eine auf einen Großbildschirm projizierte Computeranalyse der Stadt zeigte die Statistiken für Mord, Vergewaltigung, Raub, schwere Körperverletzung, Einbruch, Diebstahl und Autodiebstahl - die großen Sieben - während der jüngsten 28tägigen COMSTAT-Periode und im Jahresvergleich an. Charts veranschaulichten Zeiträume, Wahrscheinlichkeiten, Wochentage, an denen Verbrechen gehäuft stattfanden, in welchen Bezirken und während welcher Schichten. Hammer nahm zwischen West und Brazil in ihrem Sessel an der Stirnseite des Tisches Platz.
»Schon wieder ein Überfall am Geldautomaten«, flüsterte West Hammer ins Ohr. Hammer sah sie scharf an.
»Wir haben es gerade erst erfahren. Die Kollegen sind noch am Tatort.«
»Mist«, sagte Hammer und Wut stieg in ihr hoch. »Ich will die Details, und zwar sofort!«
West stand auf und verließ den Raum. Hammer blickte in die Runde.
»Schön, Sie alle hier zu sehen«, begann
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