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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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macht sich auf den Weg.
    »Diese
Muster auf dem Tuch«, überlegt Beylich, »könnten römische Zahlen sein.«
    XIXLXXII  – aber was soll das für eine Zahl sein?
    »Wir müssen
das trennen.« Hünerbein schreibt die Zahlen auf unsere Pinnwand: X für
zehn, L für fünfzig. Ein Strich für eins, zwei Striche für zwei. Macht
also zehn, eins, zehn, fünfzig, zehn, zehn, zwei.« Er schreibt auch diese
Zahlen auf:
    10, 1, 10,
50, 10, 10, 2. Ist das ein geheimer Code?
    »Man kann
das auch als zehn, neun, fünfzig, zwanzig, zwo deuten«, erklärt Beylich, »die
letzten fünf römischen Zeichen können auch nur für eine Zahl stehen. Die
zweiundsiebzig.«
    »Zweiundsiebzig?«
    »Ja«, nickt
Beylich und malt es auf die Wand: » LXXII «. »Das wäre die römische
Zahl zweiundsiebzig.«
    Und das ist
eine der Zahlen, die an den Rand des Zeitungsartikels gekritzelt wurden. Ich
male sie auf unsere Pinnwand. Und dann noch die Zehn – ein  X  –
und die Neun – IX .
    Zehn, neun,
zweiundsiebzig sehen römisch dargestellt so aus: X IX
LXXII . Nehmen
wir jetzt noch die Abstände weg, haben wir das Muster auf dem roten Tuch.
    Wir stellen
also fest: Das Halstuch, das Reinicke auf seiner Flucht verlor beziehungsweise
weggeworfen hat, hat römisch dieselben Zahlen aufgedruckt, die Swantje auf die
Zeitungsmeldung vom Bankraub notiert hat.
    »Das ist
der Hochzeitstag.« Beylich hat sein Telefonat beendet. »Hab gerade mit
Damaschke gesprochen. Die untersuchen die Wohnung von dem Reinicke und haben
die Heiratsurkunde gefunden. 10. September ’72, Standesamt Mitte in Ostberlin.«
    »Dann ist
der Fall klar: Swantje Steffens hat den Bankräuber an dem Halstuch erkannt.«
    »Na also!
Fassen wir zusammen.« Palitzsch beginnt durchs Büro zu wandern. »Wir haben die
Sohlenprofile von Reinickes Schuhen. Wir haben die Zeitungsnotiz und ein Tuch
mit jeweils denselben Zahlen. Einmal handschriftlich, einmal römisch. Beide
bezeichnen den Tag der Eheschließung zwischen Swantje Steffens und Lothar
Reinicke, woraus zu schließen ist, dass unser Mordopfer ihren Exmann als
Bankräuber identifiziert hat. Sie will ihn erpressen. Er lockt sie in den
Viktoriapark und bringt sie um. Dann ruft er in der Notrufzentrale an und
meldet die Tote. Das klären wir mit einem Stimmenvergleich. Zudem haben wir
unseren Hauptbelastungszeugen Siegbert Meyer.« Er stoppt seinen Weg durch das
Büro und sieht uns an. »Reicht das? Kriegen wir ihn damit? – Egon?«
    »Kommt auf
einen Versuch an.«
    »Gut, dann
bringt den Reinicke jetzt mal in den Vernehmungsraum. Egon, machst du die erste
Runde?«
    Beylich
nickt. »Gern.«
    Doch bevor
er gehen kann, klopft es an der Tür, und Kampeter, der Mann von der Pforte,
schaut rein.
    »Entschuldigung,
ist Hauptkommissar Hans Dieter Knoop inzwischen zurück?«
    Ich hebe
meine Hand.
    »Ach, nicht
jesehen und doch erkannt.« Kampeter grinst. »Ich wollte nur ansagen, da hat
vorhin eine Frau für Sie angerufen. Hier oben war keiner, deshalb kam der Anruf
bei mir unten an.«
    »Monika?«
    »Das weiß
Gott allein, ihren Namen hat sie nicht gesagt.« Kampeter schaut auf einen
Zettel. »Das war ziemlich komisch, deshalb hab ich mir Notizen gemacht. Also:
Erst wollte sie Sie sprechen, wegen eines Notfalls, und dann sprach sie
plötzlich mit einer Frau Engel.« Er sieht mich an. »Kennen Sie die?«
    »Eine Frau
Engel? Nein.«
    »Vom einem
Padma-Aruba-Institut oder so.«
    »Padma
Aruna«, verbessere ich ihn und stutze. »Sagten Sie Engel?«
    »Ja«, nickt
Kampeter, »und das Institut hatte schon geschlossen. Also ehrlich, das
erschließt sich mir nicht, ich kann mir darauf absolut keinen Reim machen.«
    Aber ich:
verdammt noch mal, der Engel!
    »Wann war
der Anruf?«
    »So vor
ungefähr zwei Stunden.«
    Na,
hoffentlich ist es noch nicht zu spät. Ich springe auf. »Der Golgatha-Täter!
Rufen Sie die Lenz! Schnell!«
    Palitzsch
und die anderen sehen mich verständnislos an.
    »Kriegen
wir eine genaue Erläuterung?«
    »Später«,
sage ich und stürme aus dem Büro.

48    DUNKELHEIT hat sich über die
Methfesselstraße gesenkt, und das Padma-Aruna-Institut liegt wie verlassen da.
Bis auf das Rauschen der hohen Bäume im nahen Viktoriapark ist kein Laut zu
hören.
    Inga Lenz
hat darauf bestanden, ein SEK mitzunehmen. Das sei
sicherer, und sie möchte nicht riskieren, dass uns der Kerl noch mal durch die
Lappen geht.
    Ich dagegen
denke, dass es besser ist, wenn wir allein da raufgehen, schon um eine
Eskalation zu vermeiden. Wenn

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