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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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richtig?«
    »Ja. Warum
fragen Sie?«
    »Sie ist
umgebracht worden. Gleich hier um die Ecke. Viktoriapark.«
    »Aber das
ist furchtbar!« Anke Cardtsberg oder Padma Aruna, wie sie sich jetzt offenbar
nennt, ist sichtlich erschüttert. Mit ihren großen Augen starrt sie mich
fragend an. »Wieder dieser …?«
    »Nein«,
wiegelte ich ab, »es war nicht der Golgatha-Täter. Es war keine Vergewaltigung
und auch kein Raub. Wir kennen das Motiv noch nicht.«
    »Sie war am
Donnerstag noch hier«, erzählt Anke Cardtsberg, »ich habe sie ins Supta
Vajrasana eingeführt.«
    »Eierstock-Yoga«,
nicke ich fachmännisch und muss ein spöttisches Grinsen unterdrücken.
    »Hormon
Yoga«, verbessert sie mich ernst, »kann die Beschwerden bei Frauen in der
Menopause lindern. Es ist eine Weiterentwicklung des Kundalini- und des
Hatha-Yoga. Viele Patientinnen von uns haben damit gute Erfahrungen gemacht.
Das Supta Vajrasana ist nur eine Übung unter vielen. Genau wie das Surya
Bhedana kann es durchaus die Eierstöcke aktivieren. Natürlich werden die Frauen
dadurch nicht wieder fruchtbar, aber wir können so die Hormonbildung besser
regulieren, verstehen Sie?«
    »Mhm«,
mache ich nachdenklich. »Und bei diesen Yoga-Übungen sind Sie doch sicher mal
ins Gespräch gekommen, oder?«
    »Nein, gar
nicht.« Anke Cardtsberg schüttelt den Kopf. »Wir sind ja hier nicht beim
Friseur, wo man über alles Mögliche quatscht. Yoga ist Einkehr, Besinnung auf
sich selbst.«
    »Schade«,
finde ich das. »Denn ich hatte gehofft, Sie könnten mir was über Swantje
Steffens erzählen. Sehen Sie, wir tappen völlig im Dunkeln, was ihr Privatleben
betrifft, wissen nichts über Freunde oder Bekannte …«
    »Falls es
Ihnen hilft: Ihr Mann macht ebenfalls Yoga bei uns.«
    »Ach!« Das
erstaunt mich. »Gibt es auch so was wie Hoden-Yoga? Für Männer in der
Midlife-Crisis?«
    »Nein.«
Anke Cardtsbergs Stimme bekommt einen scharfen Unterton. »Wer sich die Eier
kraulen lassen will, muss ins ThaiFun ein paar Straßen weiter gehen.«
    Ups! Ich
bin ein bisschen verdattert über ihre plötzlich so drastische Ausdrucksweise.
Es klingt, als würden sich hierher öfter mal Männer mit zwielichtigen Absichten
verirren.
    »Ich wusste
gar nicht, dass Swantje Steffens verheiratet war.«
    »Sie war
geschieden.« Anke Cardtsberg streicht sich eine ihrer langen Haarsträhnen aus
der Stirn. »Sie hatte sich kurz nach der Wende von ihrem Mann getrennt.«
    »Wissen Sie
seinen Namen?«
    »Natürlich.
Lothar Reinicke, wieso?«
    »Nicht
Steffens?«
    »Nein. Sie
hatte nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen. – Trinken
Sie keinen Tee?«
    »Oh doch,
gerne.« Vorsichtig nippe ich an meiner Tasse. Der Tee schmeckt großartig. Nicht
unbedingt wie Tee, aber toll. »Haben Sie die Adresse von diesem Lothar?«
    »Moment!«
Sie ruft: »Sheela?«
    Die junge
Inderin kommt lächelnd heran.
    »Suchst du
bitte die Adresse vom Lothar Reinicke raus?«
    Die Inderin
nickt und verschwindet hinter farbigen Seidentüchern in einen der hinteren
Räume.
    »Glauben
Sie etwa, dass er«, Anke Cardtsberg fröstelt, »die Swantje ermordet hat?«
    »Wäre ihm
das zuzutrauen?«
    »Na ja, ich
weiß nicht. Lothar ist ein komischer Typ. Total blockiert und völlig neben
seinem Zentrum. Ich denke, dass er unter der Scheidung gelitten hat und nur
seiner Frau hinterherschnüffeln wollte. Erst hab ich ihn weggeschickt, doch
dann dachte ich, vielleicht kann ich ihm helfen.«
    »Und?
Konnten Sie?«
    »Keine
Ahnung.« Anke Cardtsberg zuckt mit den Schultern. »Ich bringe ihm die
Grundlagen des Bhagavat-Gita nahe, damit er was für sein Karma tun kann.
Bislang ist er zu jedem Termin gekommen.«
    »Wann ist
denn der nächste?«
    »Am
Mittwoch. Achtzehn Uhr.«
    Sheela
kommt mit einem kleinen Notizzettel heran, auf den sie mit sauberer Handschrift
eine Adresse geschrieben hat: »Reinicke, Lothar, Chamissoplatz drei«.
    »Danke.«
Ich stecke den Zettel ein und stehe auf. »Sie haben mir sehr geholfen.«
    Anke
Cardtsberg erhebt sich ebenfalls von ihrem Kissen.
    »Sie mir
auch«, sagt sie leise, »damals.«
    Ich will
ihr die Hand geben, doch sie legt die Hände vor der Brust zusammen und verbeugt
sich leicht. »Namaste!«
    »Namaste«, wiederhole ich.
    Anke
Cardtsberg scheint noch etwas auf dem Herzen zu haben, denn sie sieht mich,
plötzlich verunsichert, an.
    »Sie
ermitteln nicht auch wegen der Vergewaltigungen im Park, oder?«
    »Nein. Das
macht jemand anderes. Wieso?«
    »Ach,
nichts.«
    »Ich

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