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Kreuzberg

Kreuzberg

Titel: Kreuzberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G. Wachlin
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Polenmarkt davon.

36    ZURÜCK IM BÜRO versuche ich, Monika anzurufen,
aber ich erreiche sie nicht. Weder zu Hause noch in der Redaktion. Überall geht
nur der Anrufbeantworter ran. Wahrscheinlich rettet sie die Stadt vor der
Sowjetinvasion.
    Auf meinem
Schreibtisch liegen die angeforderten Akten vom Raubdezernat zum Banküberfall
am Mehringdamm. Danach hatte ein Einzeltäter die Filiale kurz vor
Geschäftsschluss maskiert mit einem Aktenkoffer betreten. Der Kassiererin habe
er jenen Zettel vorgehalten, der der Akte beiliegt. Großbuchstaben aus
Zeitungsschlagzeilen, unbeholfen nebeneinandergeklebt:
    » IM KOFFER IST EINE BOMBE! SIE WIRD BEI NICHTKOOPERATION
FERNGEZÜNDET. PACKEN SIE ALLES GELD IN DIESE TÜTE! «
    Der Täter
habe eine Penny-Markt-Tüte über den Tresen geschoben, doch das Zeitschloss der
Geldbestände machte wohl einige Probleme. Schließlich seien andere
Bankmitarbeiter auf den seltsamen Kunden aufmerksam geworden. Die Situation
drohte zu eskalieren. Der Bankräuber habe mit einer Funkfernbedienung
herumgefuchtelt und gedroht, die Bombe zu zünden. Alle mussten sich auf den
Boden legen, der Filialleiter den Tresor öffnen. Am Ende sei der Räuber mit gut
fünfhunderttausend Mark geflohen. Den Aktenkoffer habe er zurückgelassen. Statt
einer Bombe sei er mit alten Zeitungen gefüllt gewesen, darunter jene, aus
denen die Großbuchstaben für den Drohbrief geschnitten worden waren. In einem
Abfallkorb in der Nähe der Bank wurde später das rote Halstuch gefunden, mit
dem sich der Täter maskiert hatte. Auffällig daran war der Aufdruck XIXLXXII .
Die Polizei hat davon Bilder veröffentlicht, leider bislang ohne Erfolg. Sonst
gab es keine nennenswerten Spuren. Bis auf einen verwaschenen feuchten
Fußabdruck, den der Bankräuber im Eingangsbereich hinterlassen habe.
    Ich greife
zum Telefon, rufe Damaschke in der Kriminaltechnik an.
    »Sag mal,
Jürgen, ich habe hier die Akten zu einem Banküberfall am Mehringdamm am
vorvergangenen Donnerstag, warte mal …« Ich schaue im Kalender nach.
»… das war der …«
    »… 8.
August.« Damaschke ist wirklich ein Schnelldenker. »Du meinst sicher den Raub
in der Commerzbank. – Was ist damit?«
    »Der Täter
soll da einen ›feuchten Fußabdruck‹ hinterlassen haben. Weißt du, was damit
gemeint ist?«
    »Schweißfüße,
was sonst.« Damaschke lacht keckernd. »Nee, im Ernst, das war kein feuchter
Fußabdruck, sondern ein feuchter Sohlenabdruck. Der Bankräuber hatte natürlich
Schuhe an.«
    »Und wieso
feucht?«
    »Der wird
vorher durch ’ne Pfütze gelaufen sein. Moment!«
    Ich höre,
wie Damaschke in seinen Akten wühlt. Kurz darauf ist er wieder dran.
    »Es hatte
kurz zuvor einen gewittrigen Regenschauer gegeben«, erklärt er mir. »Die
Straßen waren nass. Und als der Täter in die Bank gelaufen kam, hinterließ er
eben entsprechend feuchte Spuren. Die waren aber nicht wirklich brauchbar. Als
wir ankamen, waren längst andere drüber gelatscht und das meiste bereits wieder
weggetrocknet.«
    »Habt ihr
dazu irgendwelche Unterlagen?«
    »Sicher«,
antwortet Damaschke. »Soll ich sie dir rüberfaxen.«
    »Das wäre
nett. Danke.«
    Ich lege
wieder auf.
    Keine zwei
Minuten später surrt unser Faxgerät los und spuckt den Sohlenabdruck aus. Dazu
ein Messprotokoll mit einer knappen Analyse. Schuhgröße zwischen zweiundvierzig
und vierundvierzig, linker Fuß, grobes Profil, zum Teil beschädigt …
    Beschädigt?
Ich sehe mir das Sohlenprofil genauer an und greife erneut zum Telefonhörer.
    »Jürgen?«
    »Hast du’s
bekommen?«
    »Ja«,
antworte ich. »Ihr schreibt, das Sohlenprofil sei ›zum Teil beschädigt‹. Kann
es sein, dass er sich da auch was eingetreten hat?«
    »Durchaus
möglich«, antwortet Damaschke, »oder ’n Kaugummi, der an der Sohle
klebt …«
    »Hatten wir
das nicht auch beim Steffens-Fall?«
    »Moment,
ich sehe mal nach.«
    Das muss er
nicht, denn ich bin mir sicher. Im Viktoriapark und der Wohnung von Swantje
Steffens waren ähnliche Sohlenabdrücke gefunden worden. Ich kann es nur nicht
überprüfen, die Akten hat ja der Verfassungsschutz.
    Wenigstens
macht sich Damaschke von allen seinen Spuren Kopien. Die Originale gibt er
ohnehin nicht raus.
    »Dieter?«,
meldet er sich.
    »Bin dran.«
    »Hast
recht. Da klemmt ein hart gewordener Kaugummi oder ein Stein in der linken
Sohle«, meldet Damaschke. »Sowohl auf dem Abdruck in der Wohnung als auch auf
dem vom Viktoriapark.«
    »Sind die
mit der Spur vom Banküberfall

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