Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
war? Sie waren erst vier Jahre alt, als diese Transaktion vorgenommen wurde.
Antonia strebte zur Küche.
»Na, Mamsell Antonia?« Jakoba, beide Hände tief im Hefeteig versunken, den sie mit Hingabe knetete, strahlte sie an. »Besser gelaunt? Der Schinken ist übrigens ganz hervorragend, den Sie da erwischt haben.«
»Freut mich. Jakoba, ich habe ein Problem.«
»Das dachte ich mir. Ist etwas auf dem Markt passiert?«
»So ungefähr. Mir ist übles Geschwätz zu Ohren gekommen. Wegen meiner Anwesenheit im Haus der Waldeggs.«
»So, so.«
»Sie wissen davon?«
»Ich habe das übliche Geklatsche gehört. Man würde zu gerne wissen, in welchem Verhältnis Sie zu den Herrschaften stehen. Manche munkeln, Sie seien eins von Cornelius’ frühen Fehltrittchen.«
»Heilige Muttergottes! Na, das ist mal besonders charmant. Er kann zum Zeitpunkt meiner Geburt doch gerade erst dreizehn gewesen sein.«
»Vierzehn. Na und? Er hatte den Ruf, ein verwegener Bursche zu sein. Wundern Sie sich deswegen nur nicht.«
Antonia gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Können sie gerne glauben. Ich werde dem ein Ende setzen, Jakoba. Ich werde meine Mutter anerkennen.«
»So kann man das auch ausdrücken.«
Jakoba grinste, aber Antonia erklärte ihr ernst: »Sie kann mich nicht anerkennen, da in der Geburtsurkunde Elisabeth als meine Mutter verzeichnet ist.«
»Oh – nun, das stimmt.«
»Also kann nur ich das Recht in Anspruch nehmen, sie meine Mutter zu nennen. Aber dazu brauche ich einen Zeugen. Jakoba?«
Die Köchin schwieg und knetete verbissen den Teig weiter.
»Jakoba, Sie haben die Sache damals vermittelt.« Antonia erhielt nur ein Brummen als Antwort. »Möchten Sie nicht, dass Elena als meine Mutter gilt?«
»Wird Staub aufwirbeln. Unnötig!«
»Ja, das wird es. Aber das wird auch die liebe Charlotte, wenn sie wieder hier ist. Sie hat herumgeschnüffelt.« Der Teig klatschte auf den Tisch, dass das Mehl nur so staubte. »Und einige traurige Gestalten verbreiten schon das Gerücht, ich sei Herrn Waldeggs neue Gespielin.«
»So einen Unfug habe ich ja noch nie gehört.«
»Schlimmeres werden Sie bald zu hören bekommen.«
»Das war’s, was Sie so geärgert hat, Fräulein Antonia?«
»Ja, das war es. Verstehen Sie mich jetzt? Ich will nicht, dass man ihn mit Dreck bewirft.«
»Ich mache die Aussage.«
»Danke, Jakoba. Erinnern Sie sich, wer die Hebamme war? Möglicherweise brauchen wir sie.«
»Ich kümmere mich darum.«
Es ging, nachdem Antonia mit Waldeggs gesprochen hatte, alles verhältnismäßig schnell. Sie suchten zu viert den Friedensrichter auf und schilderten ihm die Geschehnisse der Vergangenheit. Jakoba bezeugte Antonias Geburt durch Elena in Elisabeth Dahmens Haus. Elena selbst erklärte unter Eid, während ihrer Zugehörigkeit zum Orden der Benediktinerinnen ein Kind zur Welt gebracht und es einer Ziehmutter übergeben zu haben. Es sei auf den Namen Antonia Helena getauft worden.
Da Waldegg dafür gesorgt hatte, dass alle erforderlichen Papiere, Heiratsurkunden, Elisabeths und Wilhelm Dahmens Sterbeurkunden, Taufbuchauszüge und so weiter vollständig und notariell beglaubigt vorlagen, dauerte es nur eine Woche, bis sie den Bescheid erhielten, dass dem Antrag stattgegeben wurde.
Elena überstand die gesamte Prozedur äußert gefasst, und selbst ihre Hände waren ruhig, als sie die Urkunde unterschrieb, die Antonia zu ihrer legitimen Tochter machte.
An diesem Tag unterschrieb Antonia erstmals mit ihrem vollen Namen: Antonia Helena Lindenborn-Waldegg.
Frühlingswind im Winter
Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen,
dass er, kräftig genährt,
danken für alles lern’
und verstehe die Freiheit,
aufzubrechen wohin er will.
Hölderlin
Die Berge lagen kahl und trocken vor ihm, goldgelb, rotgold, ocker und rostrot leuchtete das Gestein in der Sonne, und verstreute Felsbrocken warfen violette Schatten. Ein trockener, kühlender Wind trieb einige hohe Wolken über den blauen Himmel. Türkisblau aber lag das Meer zu ihren Füßen. Obwohl der Kalender bereits Dezember schrieb, war es noch immer frühlingshaft mild. Doch einige Regenschauer der letzten Tage hatten auf der Westflanke der Berge das Grün sprießen lassen. Nicht hingegen hier oben auf der steinigen Anhöhe.
»So muss es auf dem Mond aussehen, wenn man den Astronomen Glauben schenken darf«, bemerkte Cornelius zu seinem Begleiter. »Keinerlei Vegetation, kein Getier, nur staubiges Geröll.«
»Kein Wind,
Weitere Kostenlose Bücher