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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zu werden, entweder, indem man sie brutal zusammenschlug oder mit irgendwelchen Drogen betäubte, um sie dann auf ein Schiff zu verbringen, wo sie ihren Dienst abzuleisten hatten. Ein Schicksal, gewöhnlich nicht viel besser als die Kettenstrafe in den Bagnos. Eine eigene Koje, weißes Brot, Fleisch und Wein gehörten üblicherweise aber nicht dazu. Er machte die Probe und rüttelte an der Tür.
    Sie öffnete sich ohne jeglichen Widerstand.
    Andererseits – warum abschließen? Ein Schiff auf hoher See bot nicht viele Möglichkeiten des Entkommens. Außer man sprang über Bord.
    Er erklomm den Niedergang und befand sich an Deck eines zweimastigen Schoners. Eisige, salzgetränkte Böen pfiffen ihm um die Ohren. Über den Himmel zogen dicke, graue Wolken, und die Sonne schien niedrig zu stehen. Doch er hatte keine Ahnung, ob es Morgen oder Abend war. Auf dem Deck lagen sauber aufgerollt Taue, zwei Matrosen machten sich an der Takelage zu schaffen, beachteten ihn aber nicht. Er trat an die Reling und schaute in das bleifarbene, schäumende Wasser. Reiner Selbstmord, dort hineinzuspringen, denn Land war nicht mehr in Sicht. Dennoch blieb er stehen und ließ den Wind seine Haare zerzausen. Es wurde ihm kalt, seine Finger nahmen eine bläuliche Farbe an, seine Kleider tränkte die Gischt, und sein Gesicht fühlte sich feucht und starr an. Er ignorierte es und grollte mit sich selbst. Hätte er sich dieser Hafendirne gegenüber nicht so vertrauensselig verhalten, hätte er die Kraft gehabt, sich zur Heimreise aufzuraffen, wäre ihm das hier nicht passiert. Aber es half nichts. Er war auf einem Schiff, das einem unbekannten Ziel entgegensegelte. Mit verbitterter Miene verbot er sich, über seine Zukunft nachzudenken, während das Licht allmählich schwand.
    Eine schwere Hand legte sich auf seine Schulter. Er zuckte zurück, und sie löste sich. In der Luft lag ein leichter Hauch von Tabak.
    »Geh unter Deck, Zimmermann. Es wird Nacht. Morgen bekommen wir besseres Wetter.« Die Stimme und das Gebaren des Mannes waren nicht befehlend, dennoch folgte Cornelius ohne zu fragen der Aufforderung und zog sich in seine Kajüte zurück. Ein Junge brachte ihm eine warme Suppe und heißen Tee, der mit einem kräftigen Schuss Rum versetzt war.
    Nach der Mahlzeit legte Cornelius sich wieder in die Koje, ganz froh darüber, dass die Seitenteile hoch genug waren, damit er bei dem heftigen Seegang nicht hinausfiel.
    Man wollte ihm wohl Zeit geben, sich einzugewöhnen. Sollte er wahrhaftig das Glück haben, als freier Mann an Bord genommen worden zu sein? Zwei Mal hatte man ihn schon Zimmermann tituliert, Charpentier. Das war insoweit die korrekte Bezeichnung – wenn er etwas in den vergangenen Jahren im Bagno gelernt hatte, dann waren es alle Fertigkeiten, die ein Schiffszimmermann benötigte. Und ein Schiff benötigte zwingend einen Zimmermann. Zumal, wenn es eine lange Fahrt antrat.
    Dennoch – er traute der rücksichtsvollen Behandlung nicht. Aber er hatte keine Lust, sie durch irgendeine Art von Rebellion auf die Probe zu stellen. Er schlief, immer noch ein willkommener Luxus und eine Art Flucht vor dem Ungewissen.
    Der nächste Tag war tatsächlich heller, einige Sonnenstrahlen fielen durch das Bullauge, und wieder brachte der Moses ihm Kaffee und Essen. Cornelius stieg erneut an Deck und setzte sich auf eine Taurolle, um den Wolken nachzuschauen. Er hätte gerne gewusst, wohin die Reise ging, wie lange sie dauern sollte und was man von ihm erwartete.
    »Nun, Charpentier, fühlst du dich in der Lage, eine kleine Arbeit für mich zu verrichten?« Ein Mann von etwa fünfunddreißig gesellte sich zu ihm und stellte sich als Jean-Luc vor. Cornelius nickte, schwieg aber, wie es seine Art war. Den Besucher störte das anscheinend nicht. Er begleitete ihn in die Werkstatt und erzählte ihm dabei, er sei Botaniker. Zusammen mit zwei Kollegen anderer Fakultäten hätten sie eine wissenschaftliche Forschungsreise angetreten, die sie auf die Kanarischen Inseln führen würde. Er bat Cornelius, ihm eine kleine, handliche Pflanzenpresse herzustellen, für die er ihm genaue Angaben machte. Während Cornelius sägte und hobelte, berichtete Jean-Luc über die Reiseroute, das Klima auf den Inseln, die dort anzutreffende Vegetation und sein besonderes Interesse an den Pflanzen, die auf dem Salzboden und in den wüstenähnlichen Trockengebieten gediehen. Eine Antwort schien er nicht zu erwarten.
    Er kam am nächsten Tag wieder und lobte die sauber

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