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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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deutschsprachigen Raum Fuß gefasst hatte.
    »Bruder Waldegg, ich muss doch sehr bitten! Wer hat Ihnen eine solch abwegige Idee eingegeben?«, wollte einer der Zuhörer wissen.
    »Mein Bruder David. Er ist Architekt und Baumeister – diesen Weg hat er aus Liebe zu unserer Kathedrale gewählt. Aber gerade deshalb hat er sich sehr eingehend mit der Gotik beschäftigt. Was ist denn so schlimm daran, dass dieser Baustil von Frankreich zu uns gekommen ist? Immerhin hat man ihn in unserem Dom zur höchsten Vollkommenheit entwickelt.«
    »Wollen Sie damit behaupten, der Dom könne nicht als Symbol der Deutschen dienen?«
    »Der Dom, liebe Brüder, ist zu allererst eine Kirche, und damit das Symbol des christlichen Abendlandes. Nicht eines völkischen Bewusstseins, sondern einer übergreifenden Idee. Vergessen Sie nicht, geschätzte Brüder, es haben in den Bauhütten Menschen aus aller Herren Länder gearbeitet. Die kunstfertigen Handwerker durchwanderten weite Strecken, sammelten ihr Wissen und vervollkommneten ihre Kenntnisse überall dort, wo große Bauwerke entstanden. Die besten Glasmacher und Bildhauer hatte Italien, die ersten Gewölbe wurden in Spanien und Südfrankreich hergestellt, und es sollte einen nachdenklich stimmen, dass die Spitzbogen und die ornamentalen Maßwerke in einer Zeit entstanden, als die Kreuzfahrer die maurische Architektur kennenlernten. Kurzum, ich will damit klarstellen, der Dom, das letzte und vollendetste der gotischen Bauwerke, das noch begonnen wurde, hat viele Wurzeln. Er ist kein vaterländisches Symbol der Deutschen, sondern eines des gesamten Kontinents. Aus diesem Grund wäre es wünschenswert, ihn aus seinem jahrhundertelangen Schlaf zu wecken und endlich fertigzubauen. Er könnte das Verbindungsglied von einer großen Vergangenheit zu einer Zukunft der friedlichen Zusammenarbeit werden, ein Gebäude, an dem die besten Kräfte des ganzen Europas zusammenarbeiten.«
    »Bruder Waldegg, Ihre Ansichten sind höchst unpassend!«, fauchte einer der älteren Herren. »Bedeutet Ihnen das deutsche Vaterland denn gar nichts mehr?«
    »Was ist das deutsche Vaterland, Bruder Wisskirchen? Ein Flickenteppich ohne Führung, von dem jeder Flicken seine eigenen Wichtigkeit betont.«
    »Es ist die Einheit der Menschen von deutschem Blut, von deutscher Sprache, von deutscher Tradition.«
    »Deutsches Blut – einige unsere Vorfahren mögen germanische Heiden gewesen sein, aber genauso wie sie haben die Römer jahrhundertelang unsere Kultur geprägt, wie auch die Eindringlinge aus dem Norden und dem Osten. Dünkelhafter Nationalstolz der Deutschen will mir überheblich erscheinen.«
    Das Lager war gespalten, eine lautstarke Diskussion entspann sich, und bedauerlicherweise verlor Cornelius in ihrem Verlauf die Geduld mit jenen, die nationales Blut über rationales Denken setzten, und lief beinahe Gefahr, dass man ihm seinen neu erworbenen Gesellenstatus absprechen wollte. Erst das energische Eingreifen des Meisters vom Stuhl, der auf die Tugenden der Loge – Toleranz und Redefreiheit – pochte, beendete die Auseinandersetzung, und als Cornelius seinen Rednerplatz verließ, um sich zu Doktor Joubertin zu setzen, schob der ihm schmunzelnd seinen Tabaksbeutel zu.
    »Das haben Sie mit Absicht getan.«
    »Natürlich. Ich bin dieser Deutschtümelei ein bisschen überdrüssig geworden. Mit wem man auch spricht, jeder weiß plötzlich, welch große Verdienste die Deutschen in der Vergangenheit erworben haben. Aber ein einig Volk von Brüdern sind wir daher noch lange nicht.«
    Cornelius stopfte seine Pfeife und nickte den drei anderen zu, die sich zu ihm gesellten – Faucon, dem Meister vom Stuhl, dem Arzt Doktor Schmitz und Jonathan Geißler, der, wann immer er in Köln zu tun hatte, an den Logentreffen teilnahm.
    »Sie tragen Rebellenblut in sich, Bruder Waldegg. Aber das ist, mit Maß und Ziel eingesetzt, nicht immer von Übel«, bemerkte Doktor Schmitz.
    »Ich versuche, es zu disziplinieren. Nicht immer gelingt es mir.«
    »Die typische Arbeit am rauen Stein«, folgerte Faucon und lächelte ihm zu.
    »Der Gedankengang war nicht schlecht gewählt: der Dom wie das Deutsche Reich eine herrenlose Ruine – guter Vergleich, den Sie da gefunden haben. Aber die europäische Idee – ist sie nicht etwas zu hoch gegriffen?«, wollte Geißler wissen.
    »Selbst wenn man Napoleon sehr kritisch sieht, er hat sie ebenfalls. Aber ich bin auch Realist, meine Herren, und daher vermute ich, diese Idee wird erst in einer

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