Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)
den Sessel vor dem Frisiertisch und sah in ihr erstarrtes Gesicht. Maddy trat hinter sie und schlang ihre Arme um ihre Schultern. Tränen schimmerten in ihren Augen, als sie ihren Kopf beugte.
»Ich weiß, was du fühlst.«
»Ja, Maddy. Ich war damals viel zu hart mit dir. Verzeih.«
»Xavier lebt. Es gab Hoffnung. Du hast keine. O Liebes, es tut mir so leid.«
»Lass mich alleine, Maddy.«
Still verließ die kleine Zofe das Zimmer, aber sie eilte sofort zu Elena, um ihr von den schrecklichen Nachrichten zu berichten.
Antonia hatte sich rücklings auf ihr Bett gelegt und die Augen geschlossen. Sie kämpfte gegen jeden Gedanken, gegen jedes Gefühl an, aber es war aussichtslos. Bleischwer senkte sich der Verlust über ihre Seele. Sie blieb auch am nächsten Tag, nach einer schlaflosen und qualvollen Nacht, einfach liegen, sprach kein Wort und regte sich nicht, als die Tür geöffnet wurde und jemand eintrat, um sich an ihr Bett zu setzen.
»Toni!«
Langsam öffnete sie die Augen. »Cornelius?«
»Ich habe es gehört. Es ist entsetzlich, Toni, aber du darfst es nicht in dir verschließen. Steh auf, Toni. Er hat nicht gewollt, dass du dich selbst aufgibst.«
»Ich kann nicht mehr, Cornelius. Ich kann einfach nicht mehr. Jeder, den ich liebe, verlässt mich. Jeder, den ich liebe, stirbt.« Wie ein Aufschrei hallte es durch das Zimmer. »Es liegt ein Fluch auf mir!«
»Es liegt allenfalls ein Fluch auf unserer Zeit, in der so viele junge und gesunde Menschen geopfert werden.«
»Warum konnte er nicht bleiben? Ich wäre bei ihm gewesen.«
»Er hat dir einen Brief geschrieben, in dem er dir bestimmt erklärt, warum er so handeln musste. Lies ihn wenigstens.«
Er reichte ihr das Päckchen, das sie achtlos auf den Nachttisch geworfen hatte.
»Es tut zu weh.«
»Es war sein Wunsch.«
Sie setzte sich auf und löste mit unbeholfenen Fingern Siegelwachs und Kordel. In dem Päckchen lagen eine Schatulle und mehrere dicke Briefumschläge. Auf dem ersten stand ihr Name. Langsam entfaltete sie das darin liegende Schreiben.
»Geliebte Toni,
ich weiß, Du ahnst es seit geraumer Zeit. Auch wenn wir uns bemüht haben, es zu vergessen. Meine Zeit ist abgelaufen, und darum wollte ich eigentlich nicht, dass wir beide ein Paar würden. Doch die Liebe scheint eine größere Macht als alle Vernunft zu sein. Ich bereue es nicht, denn Du hast mich unbeschreiblich glücklich gemacht. Du hast das Wunder vollbracht, meine geschundene Seele zu heilen. Ohne Dich hätten mir die Albträume Russlands den Verstand geraubt.
Ich wäre gerne geblieben, bis zu meinem letzten Tag, doch mein Verantwortungsgefühl zwingt mich, zu meiner Familie zurückzukehren, um auch dieses Haus noch zu bestellen, bevor ich nicht mehr dazu in der Lage bin. Ich habe meinen Sohn gebeten, mich heimzubegleiten. Er missbilligt, wie nicht anders zu erwarten, meine Handlungsweise. Gerade deshalb ist es wichtig für mich, meine Angelegenheiten sehr sorgfältig zu regeln. Anbei findest Du die beglaubigte Abschrift meines Testaments, bei dem mir Doktor Joubertin geholfen hat, es unanfechtbar zu formulieren. Darin habe ich unser ungeborenes Kind als das meine anerkannt und ihm sein Erbe gesichert. Ich hätte es gerne im Arm gehalten, ein Kind von Deinem Geiste. Ich weiß, du wirst es zu einem wundervollen Menschen erziehen.
Ich habe ein Weiteres getan, falls es trotz aller juristischer Winkelzüge zu Problemen kommt. Auf Dein Konto, von dem mir Dein Bruder Cornelius berichtete, habe ich eine passende Summe überwiesen, die es dir möglich macht, in angenehmen Verhältnissen zu leben und Dir, falls es einmal opportun erscheint, als eine angemessene Mitgift dient.
Ich verdanke Deiner Familie und Deinen Freunden mehr, als ich zurückzahlen kann. Richte ihnen meine Grüße aus und meinen tief empfundenen Dank.
Geliebte, auch wenn ich meinen letzten Atemzug nicht in Deinen Armen tun kann, so wird doch Dein Bild das letzte sein, das ich vor meinen Augen haben werde, und Dein Name wird das letzte Wort sein, das über meine Lippen kommt. Du bist die größte Liebe meines Lebens, und so wir denn eine unsterbliche Seele haben, meine geliebte Toni, wird die meine über Dich und unser Kind wachen.
Ich liebe Dich
Sebastien
Geschrieben im Juli des Jahres 1813 ,
gezeichnet, Sebastien Marie Renardet, Comte de Bessèges
Langsam ließ Antonia das Blatt sinken und strich es mit einer zärtlichen Geste glatt.
»Er hat mit dir darüber gesprochen, Cornelius?«
»Er bat
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