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Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Kreuzblume: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schluchzte auf. »Er ist mein Mann, und ich kann ihm nicht helfen.«
    Dem Soldaten hatte eine Kanonenkugel den rechten Fuß abgerissen, gehen konnte er nicht mehr, und tragen konnte sie ihn nicht alleine.
    »Ich werde dafür sorgen, dass er ins Lazarett kommt.«
    »O Gott, nein. Lieber soll er hier auf dem Feld sterben. Nicht ins Lazarett. Nur nicht ins Lazarett, Herr Offizier. Ich will für ihn sorgen. Ich kenn mich mit Wunden aus.«
    David verstand sie, und da im Augenblick keiner der Träger in der Nähe war, nickte er kurz entschlossen.
    »Hast du ein Zelt oder einen Wagen in der Nähe?«
    »Einen Wagen, ja, Herr Offizier.«
    »Wir tragen ihn gemeinsam. Nimm du seine Beine.«
    Mit sichtlichem Widerwillen begleitete der fackeltragende Soldat sie zu einem Marketenderwagen, der nahe an das Feld gefahren worden war. Dort schnitt er die Dankesbezeugungen der Frau wortlos ab und ging zurück.
    Es war gespenstisch, dieses Schlachtfeld bei Nacht. Wie durch Zauberhand war der Großteil der Pferde verschwunden, und die Leichen der Soldaten waren inzwischen überwiegend nackt.
    Es war still geworden über Leipzigs blutigem Boden.
    »Herr Capitain, wir können hier nicht mehr viel ausrichten«, wagte der Soldat sich zu melden.
    »Nein, das können wir wohl nicht mehr. Gehen wir ins Quartier zurück.«
    David schlief nur wenig diese Nacht, und am nächsten Morgen schrieb er einen langen Brief an Toni, weil er von ihr wusste, sie würde verstehen und handeln. Er versicherte ihr, dass er zu ihnen kommen wollte, sobald die Umstände es erlaubten, aber er schrieb nicht, er hoffe, Susanne wiederzusehen.
     
    Zwei Tage später brachen die Sieger auf, den napoleonischen Truppen nach Westen zu folgen, und tatsächlich führte David der Weg zurück nach Köln.

Spendenaufruf
     
    Leipzig, Leipzig! arger Boden,
Schmach für Unbill schafftest du.
Freiheit! Hieß es, vorwärts, vorwärts!
Trankst mein rotes Blut, wozu?
    Der Invalide im Irrenhaus, Chamisso
     
     
    Antonia trug einen schlichten grauen Rock und einen Kittel darüber, denn sie hatte sich wieder einmal mit frischen Druckfahnen beschäftigt, die nicht unerheblich abfärbten. Seit Renardet abgereist war, hatte sie sich in ihre Arbeit vertieft und versucht, ihre Trauer in sich einzuschließen. Es gelang ihr nicht oft, bei jeder Kleinigkeit kamen ihr die Tränen, und dann verschwand sie stumm in ihrem Zimmer. Anfangs ließen sie alle alleine, aber nach einer Woche war ihr Elena gefolgt und hatte sich zu ihr gesetzt. Zu ihrer größten Verwunderung stieß ihre Tochter sie nicht fort, sondern ließ es sich sogar gefallen, von ihr tröstend in die Arme genommen zu werden. Auch Maddy und Susanne fanden Zugang zu ihr, und im September wurden die Weinkrämpfe allmählich seltener.
    Dann kam der Brief.
    Er stammte aus der Feder von Renardets Schwester, die als Nonne in einem Kloster der Franziskanerinnen lebte, das die Wirren der Revolution weitgehend unbeschadet überstanden hatte, weil sich die Bewohnerinnen der Krankenbetreuung widmeten. Sie hatte von der Heimkehr ihres sterbenden Bruders erfahren und war zu ihm gekommen, um seine Pflege zu übernehmen.
    »Mademoiselle, ich erachte es als meine Christenpflicht, Ihnen zu schreiben, auch wenn die Familie jeglichen Kontakt mit Ihnen ablehnt. Meine Schwägerin ist kein versöhnlicher Mensch, also nehmen Sie bitte Abstand davon, eine Antwort zu senden.
    Mein Bruder traf schwach und fiebernd Anfang August hier ein, doch er fand noch so viel Kraft, mit den Verwaltern und Advokaten seine Regelungen zu treffen. Eine Woche danach aber konnte er das Bett nicht mehr verlassen. Wenn er bei Bewusstsein war, Mademoiselle, sprach er von Ihnen, was seine Gemahlin so sehr erbitterte, dass sie seinem Krankenzimmer fernblieb. Daher übernahm ich die Wache an seinem Lager. Ich bin Ordensschwester aus Berufung, doch ist mir das Weltliche nicht fremd. Ich glaube, eine solch tiefe Liebe, wie mein Bruder sie für Sie empfunden hat, darf nicht als Sünde gelten. Wenn Sie sein Gefühl teilen, dann haben sich zwei Seelen berührt, und mich dauert, dass das irdische Band zwischen ihnen zerrissen ist. Das Band der Liebe jedoch wird halten, bis in alle Ewigkeit.
    An seinem letzten Tag, Mademoiselle, bat er mich, den Ring, den unsere Mutter trug, an Sie zu senden. Traditionell erhält ihn die älteste Tochter der Familie, aber meine Hand schmückt nur der Ring des himmlischen Bräutigams. Der Ehe meines Bruders sind lediglich drei Söhne entsprungen, und so

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