Kreuzdame - Köln Krimi
Intimbereich war so schlecht gemacht worden, dass Frau Magari nie mehr ohne Schmerzen sitzen und nur unter unerträglichen Qualen Geschlechtsverkehr würde haben können. Sie hatte sich einem Kölner Anwalt für Medizinrecht anvertraut, der die Anklageschrift gegen Klaus kurz, aber äußerst deutlich formuliert hatte. Das Schreiben endete mit den Worten: »Wenn ein alter, kranker Mann weiterhin operiert, dann ist dies grob fahrlässig und muss geahndet werden.«
Dass Klaus alt und krank gewesen sein sollte, erschütterte mich über alle Maßen, mehr als die Beschwerden von Jennifer Magari. Ratlos sah ich Karin an, doch sie blickte wortlos auf das Anwaltsschreiben.
Nur Charlotte nickte und flüsterte: »Ja, das sagte ich ja schon, so kam er mir vor, bei seinem letzten Besuch, zittrig und alt. Fahl hat er ausgesehen, kein Feuer in den Augen, jedenfalls völlig anders, als wir ihn kannten. Und wenn ich an den letzten Kartenabend denke, war er da nicht auch sehr schweigsam, hat nicht viel gegessen und ist früh heimgefahren? Vielleicht war er wirklich schwer krank und hat sich umgebracht?«
Wir saßen noch eine ganze Weile zusammen. Charlotte hatte die Idee, dass wir Kontakt zu Jennifer Magari aufnehmen sollten. Vielleicht konnte sie uns mehr über Klaus sagen? Ihre Telefonnummer stand in ihrer Akte, und so rief ich mit klopfendem Herzen an. Schon nach dem zweiten Klingeln sprang der Anrufbeantworter an. Ich nannte meinen Mädchennamen und Charlottes Ateliernummer, sagte, ich wäre Journalistin und würde mich für den anstehenden Prozess interessieren, der, wie ich versicherte, zu Recht geführt werde.
Nur zwanzig Minuten später rief Jennifer Magari zurück, und als Charlotte abhob, tat sie, als befände sie sich in einer betriebsamen Redaktion und müsste mich erst suchen. Frau Magari war von meiner Idee, ihren Fall in die Presse zu bringen, so begeistert, dass sie sich gleich für den nächsten Tag mit mir verabredete, um elf bei ihr in Gummersbach, und diesmal war ich nicht zu früh.
VIER
»Verzeihen Sie mir bitte, auf der Autobahn war ein Unfall, und Sie wissen ja sicher, wie schnell sich der Verkehr danach staut. Kein Durchkommen!«
»Nicht so schlimm«, sagte Jennifer Magari mit ihrer hohen Kleinmädchenstimme, die mir schon gestern Abend am Telefon aufgefallen war, und bat mich ins Haus. Auf dem Esstisch standen zwei Kaffeetassen, eine Alfi-Thermoskanne, eine Glasetagere mit feinstem Gebäck sowie Milch- und Zuckerdose auf einem Silbertablett. Im Radio lief WDR 4. Ihre Stimme passte perfekt zu ihrem Aussehen, das eher dem einer Studentin im ersten Semester als einer Frau mittleren Alters entsprach. Klaus hatte gute Arbeit geleistet, nirgendwo war eine Narbe auszumachen. Als wir die ersten Worte wechselten, merkte ich, wie viel Wut in ihr saß, wie viel Hass sich aufgestaut hatte gegen Klaus, den Mann, dem sie nach den ersten Wundern, wie sie es nannte, so begeisterte Dankesschreiben geschickt hatte. Ich versuchte, die Professionalität einer Journalistin vorzutäuschen, die keine Regung zeigt, keine eigene Meinung abgibt, sondern Fragen stellt, sich auf die Antworten konzentriert und sie notiert. Doch einfach war das nicht.
»Dieser Schuft«, sagte Jennifer Magari, »dieser … Ich weiß nicht, wie ich ihn nennen soll. Er wusste, wie viel von meinem Aussehen abhing. Ich hatte ihm vertraut, hatte ihm erzählt, wie es in meiner Ehe aussah, dass mein Mann jedem knackigen Hintern nachglotzte und dass er mich ansah, als ob ich ihm zu alt wäre. Und nun –«
»Aber, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, Sie sehen tadellos aus, also, wenn man Sie sieht, könnte man Sie glatt für eine junge Studentin halten, und Sie sind doch –«
»Ja«, sagte sie sehr leise, und plötzlich war alles Mädchenhafte aus ihrer Stimme verschwunden, »ja, ich werde bald neunundvierzig und sehe mehr als zwanzig Jahre jünger aus. Es ist richtig, er hat es geschafft, mich so zu gestalten, dass selbst mein Mann zu staunen begann und sich wieder mit mir beschäftigte. Nur … Da war noch diese eine Kleinigkeit, die ich gemacht haben wollte, diese Intimgeschichte, die Veränderung der inneren Schamlippen, und ein kleines bisschen enger sollte alles sein. Ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben, aber nach zwei Geburten ist das da unten nicht mehr so wie bei einem jungen Mädchen. Nur noch das, hatte ich gedacht, und dann hätte ich mich nie wieder auf den OP -Tisch gelegt.«
Fast wäre ich entgegen meines Vorsatzes auf ihre
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