Kreuzdame - Köln Krimi
diese neue Rolle zu gewöhnen. Sollten wir diese Geschichte unseren Männern erzählen? Ich war dafür, aber Karin und Charlotte stimmten dagegen, und so schwieg ich dann auch.
Beim nächsten Mal planten wir eine gemeinsame Aktion, ein Treffen zu viert, bei dem wir die Magari richtig in die Mangel nehmen wollten. Wir wollten die Journalistengeschichte ausdehnen, Charlotte würde als Fotografin auftreten und Karin als … Nach langem Hin und Her entschieden wir uns, dass sie als Volontärin durchgehen konnte, die erste journalistische Erfahrungen sammelte. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, Frau Magari ein zweites Mal zu hintergehen und ihr mir gegenüber gezeigtes Vertrauen zu missbrauchen, aber Jennifer Magari war überraschenderweise sogleich und ohne Weiteres zu dem Treffen bereit. Schon beim ersten Mal hatte sie sich nicht bei mir erkundigt, für welche Zeitung ich arbeitete, und auch jetzt schien ihr das völlig gleichgültig zu sein. Offenbar ging es ihr nur darum, ihre Geschichte irgendwo gedruckt zu sehen. Vielleicht aber waren ihr Hass, die aufgestaute Wut und dazu die Schmerzen eine unüberwindbare Mauer, die jede vernünftige Überlegung aushebelte.
So fuhren wir drei Tage später erneut über die A4 nach Gummersbach, und wieder öffnete Frau Magari lächelnd die Tür.
»Treten Sie ein«, sagte sie. »Kaffee und Kuchen stehen bereit, wenn Sie sich zuerst stärken wollen? Oder fangen wir gleich an?«
Charlotte ergriff die Initiative. »Zuerst die Arbeit«, sagte sie und holte ihre Kamera heraus.
»Ich freue mich«, sagte Jennifer Magari mit einem noch breiteren Lächeln auf ihren aufgepolsterten Lippen, »wenn Sie ihn von seinem hohen Sockel stürzen, wenn Sie der Öffentlichkeit zeigen, wie seine wahre Persönlichkeit aussah, wie machtbesessen er war. Das nimmt mir zwar nicht die Schmerzen, aber es wird mir guttun, und das ist es, was ich wollte und will.«
»Bei unserem ersten Gespräch wollten Sie nichts zum Unfallhergang sagen, deshalb heute noch einmal die Frage: Halten Sie es für möglich, dass Herr Bender ermordet wurde?« Ich zückte meinen Notizblock.
Frau Magari nickte mit dem Kopf, als ob sie ein Spielzeugvogel wäre, einer von denen, die immer wieder ins Glas picken. Dann sagte sie laut und deutlich: »Ja, das wäre möglich, denn ich bin sicher nicht die Einzige, die ihn hasst.«
In diesem Moment machte Charlotte die ersten Fotos, und als wir sie später auf ihrem PC ansahen, zeigten sie ein vor Schadenfreude strahlendes Mädchengesicht.
Während Charlotte weitere Bilder machte, wiederholte Jennifer Magari das, was ich schon bei meinem ersten Besuch gehört hatte, dass ihr Leben verpfuscht sei, dass sie nie mehr glücklich sein könnte, dass er schuld sei, dass sie alles verloren habe, alles, was ihr wichtig gewesen sei, ihren Mann, ihre Kinder, und dass sie zu diesen seelischen Schmerzen noch die körperlichen ertragen müsste, diese Qualen, die sie keinem sonst wünschte, nur ihm hätte sie sie gewünscht, ihm, Klaus Bender, diesem machtbesessenen Teufel. Dabei schlug sie mit der Faust auf den Tisch, dass die Tassen auf den Untertellern hüpften.
»Schade«, sagte sie nach einer kleinen Pause sehr ruhig und konzentriert, »wirklich schade, dass er gleich tot war und nicht noch eine Weile leiden musste. Das wäre mir tatsächlich noch lieber gewesen. Aber nicht immer kommt es so, wie man es sich wünscht.«
Sie war es! Das war unsere einstimmige Meinung, als wir wenige Minuten später im Auto saßen und zurückfuhren. Nach Karins Ansicht hatte sie entweder selbst an seinem Auto rumgewerkelt oder sie hatte jemanden beauftragt, der die Bremsen manipulierte. Jedenfalls hing sie mit drin.
Nach dieser letzten Aussage hatten wir uns einstimmig entschieden, zu Kommissar Weber zu gehen und ihm zu erzählen, wie wir die Mörderin von Klaus gefunden hatten.
In der folgenden Nacht schlief ich schlecht. Ich hatte Jennifer Magari belogen, hatte ihr vorgegaukelt, Journalistin zu sein, ein Interview mit ihr zu bringen, und sie hatte gedacht, damit ein Forum zu haben, sich Genugtuung verschaffen zu können und vielleicht sogar ihren Schmerz, wenigstens den seelischen, ein wenig zu lindern. Was würde sie von mir denken, wenn demnächst die Polizei bei ihr aufkreuzte, sie als Hauptverdächtige ins Deutzer Präsidium zum Verhör mitnahm, womöglich in U-Haft steckte, womit ihre Träume endgültig ausgeträumt wären? Immer wieder rief ich mir ihr Gesicht vor Augen, ihre Wut, ihren Hass, um mich
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