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Kreuzdame - Köln Krimi

Kreuzdame - Köln Krimi

Titel: Kreuzdame - Köln Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ich breiter in Erinnerung gehabt, die Lippen schmaler. Hatte sie etwa nachgeholfen? Doch das passte so gar nicht zu Anna.
    Ich sah auf ihre Stirn und versuchte zu ergründen, welche Gedanken dahinter gedacht wurden.
    Da schlug sie die Augen auf. »Hallo«, murmelte sie.
    Ich setzte mich auf ihr Bett, beugte meinen Kopf so weit, dass mein Mund nah an ihr Ohr kam, und flüsterte: »Anna, ich muss dich das fragen: Wer hat deinen Mann umgebracht?«
    Sie schloss die Augen und lächelte. »Er war so müde«, murmelte sie schläfrig. »Er hatte eine Frau verdorben. Es war seine Schuld.«
    Was hieß das, eine Frau verdorben? Meinte sie Frau Magari, wusste sie davon?
    »Zu viel geschnippelt, viel zu viel«, sagte Anna, lächelte und schlief wieder ein.
    Was sollte das heißen? Ratlos verließ ich das Zimmer.
    Sie sah blass aus und um Jahre älter, als ich sie wenig später aus dem Hospital abholte. Sie hatte mich angerufen und gebeten, ihr zu helfen, »und sonst darf keiner davon wissen, hörst du, keiner, schwör es«, hatte sie verlangt. Das hatten wir früher immer gesagt, wenn die eine der anderen ein Geheimnis anvertraut hatte, das kein anderer kennen sollte: »Schwör es.« Und ich schwor, auch dieses Mal. Würde ich mich daran halten?
    Ich brachte sie in ihr feines Heim auf der Marienburg in Kölns Nobelviertel. Gepflegte Einsamkeit.
    »Bleib noch ein bisschen«, flüsterte sie, als sie im Bett lag.
    Sie würde nichts über Klaus erzählen und nichts von früher, hatte sie im Auto gesagt, sie hätte alles in sich vergraben, wollte neu anfangen, wieder Anna sein, die Freundin.
    Und wir? Waren wir nicht alle verändert, verängstigt, verstreut wie Schafe einer ehemals gut geschützten Herde, deren Schäfer verschwunden war? Die eine auf der Bühne, die sie neuerdings wie süchtig bestieg, die andere am Meer, das ihr Stärke gab, vielleicht den Mut für ein neues Leben. Und ich?
    »Anna«, sagte ich, nun, als ich an ihrem Bett saß, »was ist es, was du in dir vergraben willst? Was verschweigst du mir? Wo bist du gewesen, und warum bist du damals gegangen? Du kannst nicht einfach kommen und tun, als ginge mich das nichts an. Wir waren Freundinnen, wir hatten niemals Geheimnisse voreinander. Wir vertrauten uns. Warum bist du gegangen? Sag es mir, Anna.«
    »Ach du«, sagte sie. »Ich weiß nicht, ob du das überhaupt verstehen würdest. Du bist doch immer ein gutes Mädchen gewesen. So brav und hast nie über die Stränge geschlagen, und auch später hast du immer viel auf Anstand gehalten und auf Abstand, ja, das auch. Was weiß ich denn über dich? Hast du nicht auch Ecken und Kanten? Hast du jemals mit mir darüber gesprochen, wenn du gezweifelt hast, an was auch immer? Hast du einmal offen mit mir geredet über dich, über deine Ehe, über deine Kinder und die Sorgen, die sie machen? Nein, niemals hast du etwas Persönliches erzählt, etwas, das dich und die deinen betraf. Und jetzt willst du wissen, was mit mir war? Du hast tatsächlich den Mut, mir vorzuhalten, ich hätte mich ausgeklammert, hätte nicht von meinen Sorgen gesprochen, von meinen Plänen, hätte kein Vertrauen gehabt?«
    Sie schloss die Augen. »Ich bin müde«, flüsterte sie, »ich bin so müde.«
    Ich ging auf Zehenspitzen hinaus und schloss die Tür. Im Auto weinte ich. Anna, du warst einmal meine beste Freundin. Dann wolltest du mir den Freund ausspannen, hast sein Kind auf die Welt gebracht, und nun vergräbst du dein halbes Leben und greifst mich an. Ich war so traurig, dass es wehtat, so erschüttert über das, was mit uns geschah, dass ich hätte schreien können. Doch ich blieb stumm und fuhr ordentlich und vorsichtig nach Hause in die Garage, zog den Schlüssel ab und ging ins Haus.
    Als ich am nächsten Morgen aufstand, schlich ich betrübt durch das leere Haus. Martin war inzwischen so eingespannt, dass er mir leidtat. Ich wünschte, wir hätten seine Beförderung gemeinsam besprochen. Vielleicht wäre es mir gelungen, ihn davon abzuhalten. Jetzt war die Angelegenheit spruchreif, er würde Chefarzt werden. Ich würde wie immer neben ihm stehen, freundlich lächelnd, und man würde mir nichts von dem, was in meinem Inneren brodelte, anmerken.
    Am Vormittag rief Charlotte an. Sie war seit ein paar Tagen wieder in der Stadt und wollte mich sehen, wollte mit mir reden.
    Sie wirkte so sanft, dass es mir schien, als stünde sie unter Drogen oder Tranquilizern, aber sie lächelte, als ich sie das fragte, und versicherte mir, es gehe ihr gut, sie

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