Kreuzfeuer
gelblichem Stein gefertigt, der früher einmal weiß gewesen sein musste.
Der Raum war riesengroß, mit vergoldeten Standbildern, kostbaren Wandteppichen und einzelnen, in Stein gehauenen Gesichtern verziert.
Überall roch es intensiv nach Räucherwerk.
Und wie alles andere auf Sanctus war auch alles in diesem Raum zerschlissen und fadenscheinig. Die Wandteppiche wiesen unzählige Flicken auf, die vergoldeten Figuren waren schmutzig und abgestoßen.
Sogar die Wache mit ihrer zeremoniellen Hellebarde und der unzeremoniellen Projektilwaffe wirkte zerschlissen; die Uniform war alles andere als sauber und an vielen Stellen ausgebessert.
Sten trug die braune Alltagsuniform der Gardedivision, auf deren Brust eine Sammlung von Orden prangte, die er und Mahoney als besonders geeignet ausgesucht hatten.
Auffällig abwesend war ein Rangabzeichen auf dem Ärmel; an seiner Stelle konnte man einen dunklen Fleck erkennen.
Es sah ganz so aus, als wäre es nach einem Kriegsgerichtsverfahren dort abgerissen worden. Trotzdem stach der ehemalige Gardist aus der ärmlichen Umgebung von Sanctus positiv hervor.
Geld war das größte Problem auf dem Planeten des Talamein, weit wichtiger als der Zustand der Seele eines Lebewesens. Sten hatte schnell gelernt, dass Bestechung rascher zur Erlösung führte als viele Gebete.
Glücklicherweise hatte Mahoney Sten mit ausreichend Credits ausgestattet. Er hielt sich bereits seit einer Woche auf Sanctus auf und versuchte seither, in aller Bescheidenheit eine Audienz bei Theodomir dem Propheten zu erhalten, doch es hatte eine Weile gedauert, bis er sich die lange Befehlskette hinaufgeschmiert hatte.
›Auch eine Methode, Religion zu betreiben‹, dachte Sten.
Erst am Vortag hatte er einen Bischof mit einer ansehnlichen Summe bestochen. Bislang hatte der Bischof seine Versprechen gehalten.
Man hatte Sten durch die Straßen der »ehrfurchtgebietenden«
Stadt der Gräber mit ihren riesenhaften Monumenten und hochaufragenden, schornsteinartigen Fackeln geführt. Einige dieser Fackeln spien gigantische Flammensäulen in den Himmel. Sie wurden immer dann angeschaltet, wenn eine der ganz reichen Familien ihre Gaben für die kürzlich Verstorbenen darbrachte.
In Stens Augen sah die Stadt wie ein großes Tal voller trauernder Fabriken aus.
Sten schob sich einen halben Meter auf der Bank weiter, um der Kälte zu entfliehen. Nach dem schäbigen Allgemeinzustand waren diese unangenehm kalten und zugigen Orte das zweite, was Sten hier aufgefallen war. Sie schienen in diesen langen Korridoren und Wartesälen regelrecht verteilt worden zu sein und eigenartigerweise aus dem anscheinend so massiven Stein selbst zu wachsen.
›Immer langsam‹, rief sich Sten warnend ins Gedächtnis, ›sonst fängst du auch noch an und siehst die Gespenster von Talamein.‹ Er hörte ein Klick, Klick, Klick aus der Ferne und sah auf; im gleichen Moment ging die Wache in Habachtstellung.
Die klickenden Schritte verstummten kurzzeitig, dann öffnete sich die hohe Flügeltür mit lautem Knarren. Sten erhob sich, um den Mann zu begrüßen, der auf sein Schmiergeld hin erschienen war.
»Willkommen. Willkommen auf Sanctus.«
Mathias, der Sohn des Propheten, kam auf Sten zu, um ihn zu empfangen. Obwohl Sten seine Akte gelesen hatte, überraschte ihn Mathias’ Erscheinung. In einer Welt voller bleicher Asketen sah dieser Mann eher wie ein kräftiger Naturbursche aus. Er trug eine tadellose rote Uniform, die eher an Militär als an Klerus erinnerte.
Interessanter noch erschien ihm die Tatsache, dass er mit der ausgestreckten Handfläche auf Sten zukam, der Geste, mit der sich zwei Gleichgestellte begrüßten.
Sten zögerte, murmelte dann jedoch den entsprechenden Gegengruß und versuchte, sich ein genaueres Bild von dem jungen Mann zu machen, als er auch schon am Arm genommen und in einen langen, dunklen Flur geführt wurde.
»Mein Vater brennt darauf, Sie kennen zu lernen«, sagte Mathias. »Wir haben schon viel von Ihnen gehört.«
›Von mir und von meinem Geld‹, dachte Sten verächtlich.
»Warum sind Sie nicht direkt auf uns zugekommen? Der Glaube des Talamein ist jederzeit bereit, einen Mann mit Ihren … Fähigkeiten aufzunehmen.«
Sten murmelte eine Entschuldigung, er habe sich zuerst ein wenig in Mathias’ herrlicher Stadt umsehen wollen.
»Trotzdem. Sie hätten direkt in den Palast kommen sollen.
Zu mir. Ich habe schon lange darauf gewartet, einen Mann wie Sie kennen zu lernen.«
Der Gedanke, dass
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