Kreuzstein
nachzerkleinert werden. Der Block hier ist bei weitem das Größte, was herumliegt.«
»Ja und?« Kronberg wurde schon wieder ungeduldig.
»Das kann möglicherweise, ich sage es bewusst vorsichtig, möglicherweise dadurch gekommen sein, dass dieser Block vorher aufgrund einer normalen Instabilität abgerutscht ist und den Mann erschlagen hat. Wenn es so wäre, hätte die nachfolgende Sprengung das kleinere Material lediglich darübergeworfen und wäre nicht die eigentliche Todesursache.«
Mannheimer und Kronberg sahen sich an.
»Das heißt, der Mann hätte schon vor der Sprengung wieder oben in der Werkstatt sein können, wenn ihn nicht der Block erschlagen hätte«, überlegte Kronberg.
»Wenn ihn nicht der Block erschlagen hätte«, wiederholte Mannheimer, als wollte er sich diesen Gedanken fest in sein Gedächtnis einbrennen.
»Demnach müssen alle Arbeiter befragt werden, ob sie vielleicht vorher schon einen Schlag gehört haben«, überlegte Allenstein laut.
»Wenn es tatsächlich so war, ist die Rechtslage ziemlich kompliziert. Aber das fällt nicht in meine Kompetenz.« Kronberg gab Mannheimer die Hand.
»Wir müssen fahren, die Schneefront, Sie sehen es. Außerdem habe ich noch einen Termin in einem anderen Steinbruch. Bitte informieren Sie mich, sobald Sie einen Hinweis auf den Täter haben.«
Notdürftig kratzten die Kölner den Matsch von den Schuhen und stiegen in den Wagen ein. Die ersten Schneeflocken erreichten in breiter Front den Rand des Wiehengebirges. Nach wenigen Kilometern Landstraße bogen sie auf die Autobahn nach Südwesten ein.
»Ich glaube, das wird ein interessanter Fall für Mannheimer«, sagte Kronberg zu Weller, der wieder den Wagen fuhr. »Der Eigentümer oder die Belegschaft haben irgendetwas zu verbergen. Wenn Sie recht haben, Herr Allenstein, dann liegt die Verantwortung für den Todesfall ganz woanders. Aus dieser Sache sind wir wohl raus. Vermutlich ist es bloßer Zufall, dass zwei ähnliche Fälle aus völlig unterschiedlichen Gründen passieren.«
»Das gibt es auch häufig in der Forschung. Fragen Sie mal einen Statistiker. Der zeigt ihnen, dass das alles nur eine Frage von Wahrscheinlichkeiten ist.«
Die Kommissarin wollte etwas erwidern, schwieg aber erschrocken, weil Weller plötzlich heftig auf die Bremse trat und der Wagen anfing zu schlingern. Vor ihnen war ein LKW auf dem Schneematsch leicht ausgebrochen.
»Verdammt, das hätte uns gerade noch gefehlt«, fluchte Weller laut. Der Schock reichte, um sein Tempo für die Weiterfahrt deutlich zu reduzieren.
»Haben Sie oben im Bruch eigentlich noch etwas gefunden?«, fragte Allenstein, dem einfiel, wie sich die Kronberg im Steinbruch gebückt hatte.
»Nein, ich fange bloß langsam an, mich für Steine zu interessieren. Ich habe mir einen schönen mitgenommen.«
»Darf ich ihn sehen?«
»Ach, das ist sicher nur so ein Sandstein, dort aus dem Bruch.«
In diesem Moment kam eine Verkehrswarnung über das Radio. Wegen der Schneefront hatte es erste Unfälle im Norden gegeben. Kronberg forderte Weller auf, mit Blaulicht zu fahren und doch wieder mehr Tempo zu machen. Sie hoffte, wieder vor die Hauptschneefront zu kommen, etwas, was in diesem Moment sicher nicht ganz aussichtslos war.
»Vielleicht habe ich ja die Chance, doch noch rechtzeitig zu dem Steinbruch im Sauerland zu kommen, der den Diebstahl gemeldet hatte. Wenn Sie Zeit und Lust haben«, Gabriele Kronberg drehte sich halb zu Allenstein um, »könnten Sie mir dabei zur Seite stehen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Umgang mit dieser Materie bereits beherrsche. Es ist eigentlich immer besser, einen Fachmann dabeizuhaben.«
Weller hielt den Blick starr geradeaus gerichtet. Stoisch scheuchte er die Linksfahrer auf der Autobahn vor sich auf die andere Spur.
Allenstein überlegte kurz. Einen wirklichen Grund für eine Absage konnte er nicht so schnell finden. Sicher, Zeit war immer ein Argument. Aber mit der Kommissarin zwei weitere Stunden zusammen zu fahren war eigentlich auch reizvoll.
»Wenn Sie mir hinterher noch einen warmen Kaffee anbieten, komme ich mit.«
Das Präsidium hatte inzwischen die Adresse des Steinbruchs geschickt. Bevor sie den Wagen am Autohof wechselten, instruierte die Kommissarin ihren Kollegen für die nächsten Schritte. Sobald die Sprengstoffanalysen vorlagen, sollte eine Besprechung mit Vertretern des Bundeskriminalamtes, den Hannoveranern und den Landeskriminalämtern aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen
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