Kreuzstein
Supermarkt. Allenstein, der Einkaufen hasste, bat darum, im Wagen sitzen bleiben zu dürfen.
»Ja, kein Problem«, erwiderte die Kommissarin. »Ich finde sowieso, dass Männer dabei nur stören. Frauen gehen in dieser Hinsicht viel zielgerichteter und effizienter vor.«
Meint sie das jetzt ernst?, dachte Allenstein, wurde jedoch sofort von einer Hand voll CDs abgelenkt, die er in einem Seitenfach entdeckte. Die dritte Scheibe, die er herauszog, war von der irischen Gruppe Them.
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis die Kommissarin zurückkam. Sie schien für eine längere Winterpause eingekauft zu haben. Voll bepackt bedeutete sie Allenstein, den Kofferraum zu öffnen.
Ihm lag schon eine spöttische Bemerkung über die Effizienz der Frauen beim Einkaufen auf den Lippen, als sie sagte: »Ich hoffe, Ihnen ist nicht zu kalt geworden. Aber Mannheimer hat mich gerade angerufen.«
»Nein, es war auszuhalten. Gibt es etwas Konkretes?«
Kronberg startete den Motor und drehte die Heizung auf Maximum.
»Sie hatten mit Ihrer Überlegung recht. In den letzten Monaten gab es drei Mineraliensammler, die den Bruch aufgesucht haben. Einer davon soll einem Arbeiter einen Sechserpack Bier geschenkt haben.«
»Haben Sie eine Personenbeschreibung?«
»Nicht wirklich. Der betreffende Arbeiter ist schon im Winterurlaub in der Türkei. Das kann dauern, bis wir eine Aussage haben.«
»Gibt es nicht die Möglichkeit, ihn dort zu befragen?«
Kronberg sah ihn etwas ungläubig an.
»Das können Sie vergessen. Die Kollegen werden lieber warten, bis er zurück ist.« Vorsichtig bog sie in eine verschneite Seitenstraße ein.
»Aber so einfach liegt der Fall von Oberkirchen wohl sowieso nicht. Es gab Streit zwischen zwei Gruppen, ein Arbeiter wurde daraufhin entlassen. Er kannte sich auch mit Sprengstoff aus, kommt also als Täter in Frage. Der Getötete war von einer externen Firma, war aber der Bruder eines Arbeiters, der mit dem Entlassenen gestritten hatte.«
»Das heißt, es gibt mehrere Verdächtige für die Sprengung und gleichzeitig die Möglichkeit eines Unfalls, der vorher stattfand.«
»Genau das ist Mannheimers Problem. Sollte allerdings doch der Mineraliensammler …« Kronberg stockte, während sie sich auf die Einfahrt konzentrierte, die zum Haus ihres Vaters führte, »als Täter in Frage kommen, muss ich das Landeskriminalamt einschalten.«
Das Haus des Vaters hatte einen Renovierungsstau von mindestens vierzig Jahren. Trotzdem wirkte es angenehm sympathisch. Möbel aus dem vorletzten Jahrhundert schufen eine gemütliche Atmosphäre. Ihr Vater hatte sie kommen sehen und stand in der offenen Tür. Zufrieden registrierte er die Einkaufstaschen, die seine Tochter in den Händen hielt. Nach einer kurzen Begrüßung jedoch entschuldigte er sich und verschwand wieder in seinem Zimmer. Seit Tagen schon quälte ihn die Grippe, und er war zu schwach, um das Haus zu verlassen oder lange aufzubleiben.
Das Herzstück der Küche war ein alter Herd, der mit Holz geheizt wurde.
»So einen hatten wir auch in der Küche. Das ist schon ewig her.« Allenstein öffnete die Klappe und legte zwei Scheite auf die Glut.
»Das ist der Treffpunkt des Hauses. Im Winter ist es hier einfach am gemütlichsten.«
Gabriele Kronberg türmte die eingekauften Sachen neben dem Herd auf.
»Ich habe mir überlegt, dass ich Pillekauken mache, oder mögen Sie lieber Leineweber?«
»Geben Sie mir zwei Sekunden für die richtige Antwort?«
Die Kommissarin lachte. »Ich sehe schon, Sie kennen diese Gerichte nicht. Es handelt sich um zwei verschiedene Arten von Pfannkuchen mit Kartoffeln, Zwiebeln und Speck.«
»Und was ist der Unterschied zwischen den beiden?«
»Einmal werden die Kartoffeln, es sind übrigens Pellkartoffeln, in Streifen und das andere Mal in Scheiben geschnitten. Dazu gibt es Rübenkraut oder, wenn man hat, Birne-Dattel-Kraut.«
»Dann sollten wir Pillekauken machen, aber bitte ohne Kraut.«
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Der Schnee kam ihm dieses Mal ungelegen. Es war sehr rutschig auf der Treppe bei Rhöndorf. Fast 300 Stufen am Rand des Weinbergs, hinauf zum Fuß des Drachenfels. Zum Glück lag Schnee, sodass er in der Dunkelheit besser sehen konnte. Jetzt schleppte er bereits zum dritten Mal die 14 Kilo nach oben. Keuchend stellte er den Rucksack zu Boden direkt an der Steilkante des Felsens. Die anderen beiden Chargen hatte er bereits weiter oben postiert. Dort wo die anderen Bohrlöcher im Fels lagen, mit Beton versiegelte Bohrlöcher, die zur
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