Kreuzstein
Bruchstück und geben es in unser Röntgenanalysegerät.«
Der Mann von der Spurensicherung hatte erst Bedenken, brach aber schließlich ein Stück ab und gab es Allensteins Laborleiter zur Analyse. Gemeinsam standen sie um das moderne Gerät und warteten auf das Röntgendiagramm. Allenstein musterte die Vorschläge, die das Auswertungsprogramm für das Mineral anbot. Die Sache war eindeutig.
»Es ist Stannit oder auch Zinnkies. Ein Verbindung aus Kupfer, Eisen und Zinn.«
In der Gruppe herrschte einen Augenblick lang fragendes Schweigen.
»Was hat es damit auf sich?«, fragte Kronberg sichtlich irritiert.
»Das ist ein Stück Erz. Diese Rohstoffe bauen wir in Deutschland schon lange nicht mehr ab. Zu unrentabel. Aber es gibt jede Menge Standorte, im Harz, Schiefergebirge, Schwarzwald, Erzgebirge oder auch im Bayerischen Wald, wo noch alte Stollen und Bergwerke existieren. Da kann man viel sprengen.«
»Und wie finden wir das jetzt raus?« Kronberg sah ein wenig übernächtigt aus.
Allenstein ging durch die Büros und rief seine Arbeitsgruppe zusammen
»Leute, ihr müsst mit recherchieren. Wir müssen alles über die Abbaustellen von Kupfer- und Zinnerzen herausfinden, jede historische Mine, jede Möglichkeit, ob alte Gruben oder Stollen gesprengt werden könnten, alles, was auch nur irgendwie mit Buntmetallerzen zusammenhängt. Und holt euch Verstärkung aus den anderen Abteilungen.«
»Moment mal. Immer mit der Ruhe. Lass uns noch einmal richtig nachdenken«, stoppte die Kommissarin den Aktionismus ihres Partners. »Wir haben für die Sprengung in Oberkirchen und den Drachenfels jeweils einen Stein in dem bereits gesprengten Bruch gefunden, als Vorwarnung für das nächste Ereignis. Gleichzeitig gab es die Pakete mit den zerstörten Wegekreuzen an den Professor, die mehr oder weniger eine Verbindung zu den Steinbrüchen hatten. Jetzt ist es umgekehrt. Der Professor hat einen Stein erhalten und am Drachenfels wurde ein Kreuzstein gefunden. Was in aller Welt kann das bedeuten?«
»In der Nähe des Drachenfels gibt es Gangerze, die so aussehen können wie der Zinnstein. Vielleicht hat der Täter gedacht, dass das Stück Erz nicht als Besonderheit erkannt wird. Der Chiastolith hingegen war natürlich sehr auffällig«, überlegte Henno laut.
»Oder es ändert sich in seinem Ablauf insgesamt etwas. Wir müssen zusehen, dass wir noch vor Weihnachten ein Ergebnis haben. Sonst wird es unruhig.«
Gabriele kramte in ihrer Tasche und zog einen Zettel hervor. »Ich habe im Internet etwas gefunden, das ich mir notiert habe. Das wollte ich dir gerade noch vorlesen, Henno.« Sie begann mit ihrer warmen Stimme zu lesen: »Bei der Meditation ist der Chiastholith oder Kreuzstein besonders gut für Milzchakra und den Solarplexus zu verwenden. Seine zarten Schwingungen dringen tief ein und aktivieren das geistige Streben nach Selbstverwirklichung. Der Chiastholith ist ein Stein, der aufdeckt und uns nicht nur Probleme und Blockaden erkennen lässt, sondern uns zugleich auch zu Lösungen inspiriert.«
Henno verdrehte die Augen. »Ach, du lieber Himmel, was ist das denn für ein esoterischer Quatsch?«, sagte er ungeduldig. »Entschuldige, aber das ist doch Blödsinn hoch drei.«
»Das mag ja sein«, entgegnete Gabriele Kronberg. »Ich glaube ja auch nicht an so etwas. Aber es könnte immerhin sein, dass der Täter damit etwas verbindet, und dann wäre es zumindest ein Hinweis auf seine Persönlichkeitsstruktur.« Nachdenklich betrachtete sie den Zettel, den sie in der Hand hielt. »Ja, genau«, murmelte sie. »Ein unsicherer Mensch, der danach strebt, sich selbst zu verwirklichen. Nur die Wahl der Ausdrucksmittel ist ein bisschen fragwürdig.«
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Apolda war wie die meisten Städte im Schneematsch des Dezember unwirtlich und wenig einladend. Nur die Innenstadt war ansprechend weihnachtlich dekoriert und bot mit einem hübschen Weihnachtsmarkt ein besonderes Flair. Süßere Düfte vermischten sich mit dem allgegenwärtigen Thüringer Bratwurstdunst, der in jedem Winkel der kleinen mittelthüringischen Stadt hing.
Er hatte in Jena übernachtet, bei einem Freund, den er schon seit langer Zeit aus dem Ausland kannte. Es war das dritte Mal, dass er durch das Zentrum von Apolda schlenderte. Apolda, die Glockenstadt mit einer 250-jährigen Glockengießer-Tradition, zugleich aber auch die Geburtsstadt des Dobermanns, einer Rasse, die er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Seine Geschichtskenntnisse über den Ort
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