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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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nach?«
    »Rainier war ein sehr häuslicher Mensch. Jeden Abend hat er mir meine Einkäufe gebracht und wir tranken noch ein Glas Sherry. Dann ging er auf sein Zimmer und las ein gutes Buch. Seit jetzt schon über zehn Jahren. Ich hätte nie gedacht, dass er einmal vor mir gehen würde.« Sie schüttelte den Kopf. »Am Wochenende hat er ehrenamtlich Jugendliche in irgendeiner Ballsportart trainiert. Ich kenne mich da nicht aus. Es war aber etwas, das es in meiner Jugend nicht gab.«
    Was es in ihrer Jugend nicht gegeben hatte, war keinerlei Beachtung wert.
    »Hat Herr Müllerschön Besuch bekommen? Arbeitskollegen? Freunde?«, bohrte Seifferheld weiter.
    Frau von Gesken spitzte die Lippen. »Nein.«
    Auch ohne Lügendetektor wusste Seifferheld, dass sie vom Weg der Wahrheit weiträumig abgekommen war.
    »Damenbesuch?«, hakte er nach.
    Die Lippen von Frau von Gesken wurden so spitz, wie es anatomisch gerade noch möglich war.
    »Immer dieselbe Dame?«
    »Ich habe nicht darüber Buch geführt.«
    Seifferheld nahm deutliche Schwingungen auf. Wenn er jetzt noch weiterbohrte, würde sie ihrem Pekinesen »Schnapp!« befehlen.
    »Danke, dass Sie mir so bereitwillig Auskunft gegeben haben.» Seifferheld wusste jetzt genug. »Darf ich Sie zum Ausgang begleiten?«, fragte er.
    »Danke, ich bleibe noch.«
    »Wie Sie wünschen. Auf Wiedersehen.» Seifferheld beugte sich nach vorn. »Leb wohl, süße Diana«, säuselte er dem Pekinesen zu und tätschelte das Stirnfell unter der rosa Seidenschleife.
    Und merkte erst in diesem Moment, dass das Tier ausgestopft war.
Im schwarzen Latexdress, die Peitsche schwingend – oder wahlweise ein feuchtes Frotteehandtuch
    Der Schlag traf ihn unerwartet. Wuchtig sauste die Männerpranke auf seinen Nacken nieder.
    »Aaaaah!« Seifferheld hatte nicht schreien wollen, aber der Schmerz kam einfach zu unvermittelt. Und zu heftig.
    Onis setzte sich auf und überlegte, ob er seinem Herrchen zu Hilfe eilen sollte.
    Physiotherapeut Olaf fragte lapidar: »Hat weh getan, oder?«
    Seifferheld lag auf einer Massageliege, deren blaue Farbe beruhigend wirken sollte. Was sie auch tat. Wenn man nicht gerade windelweich geprügelt wurde.
    »Sorry«, fuhr Olaf unbekümmert fort, »aber das hier ist keine erotische Thai-Massage. Hier geht’s um Heilung. Wenn es helfen soll, muss es weh tun.« Er bohrte seinen Ellbogen in Seifferhelds Rücken.
    »Aaaah!«, brüllte Seifferheld erneut. Das einzig Schöne an der Massage war der Moment, in dem der Schmerz nachließ.
    »Stellen Sie sich doch einfach vor, ich sei eine sexy Asiatin im Lederdress«, schlug Olaf vor, während er nochetwas Massageöl auf Seifferhelds Rücken träufelte. »Das lenkt Sie von dem leichten Unbehagen ab.«
    Seifferheld stöhnte. Von wegen leichtes Unbehagen. Im Jahresbericht von Amnesty International würde das unter akute Menschenrechtsverletzungen aufgeführt. Wenn nicht gar unter Folter.
    Onis kam zu dem Schluss, dass keine akute Gefahrensituation für seinen Oberhund vorlag. Er gähnte und ließ sich unter beträchtlicher Geräuschentwicklung wieder auf das Parkett fallen.
    Olaf war ein Gemütsmensch. Ein zartgliedriger Mittzwanziger mit langen blonden Haaren, dem man derart grobe Übergriffe gar nicht zugetraut hätte. Aber Allmächtiger, was konnte der Mann zulangen!
    »Herr Schmüller ist äußerst kompetent und kommt ins Haus«, hatte die Dame von der Krankenkasse seinerzeit Seifferhelds Versuch abgeschmettert, einen Physiotherapeuten mit mehr Östrogen im Blut zu bekommen.
    »Herr Schmüller hat immer erstklassige Resultate vorzuweisen«, hatte dieselbe Krankenkassendame ihn abgeschmettert, als er nach den ersten schmerzvollen Sitzungen beantragt hatte, ihm doch einen anderen Physiotherapeuten zuzuweisen. »Und er kommt ins Haus«, hatte sie wiederholt.
    Es war in der Tat ein unglaublicher Vorteil, dass Olaf drei Mal die Woche nachmittags mit seiner blauen Clap-Tzu-Liege auf der Matte stand.
    »Sie müssen sich mehr bewegen, Herr Seifferheld«, sagte Olaf jetzt in Seifferhelds Schreipausen hinein. »Bewegung ist das A und O.«
    Seifferheld hätte am liebsten geantwortet, dass es ihmreiche, wenn seine Stickfinger beweglich blieben, aber das war jetzt weder Ort noch Zeit für eine Lebensbeichte.
    Olaf knetete die rückwärtigen Rettungsringe seines Patienten. Nach ausgiebigen Streck- und Dehnübungen wurden die Sitzungen immer mit einer Massage beendet. Früher hätte man das schwedische Massage genannt, und wenn flotte Schwedinnen das

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