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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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und stieß endlich an eine Feder, die nachgab. Mit beiden Händen am Hebel sah er nach oben. Sie standen wie aufgefädelt auf der Treppe: die rotbemantelten Männer vorn, Pranj als Schlußlicht. Doch von all dem prägte sich »Leftys« verändertes Gesicht am meisten in Blakes Bewußtsein ein.
    Der Rotmantel hob eine Röhre und zielte damit wie mit einem Gewehr. Blake drückte einfach den Hebel nach vorn, doch in dieser Sekunde traf ein lähmender Schlag seine Schulter und der linke Arm hing wie leblos an seiner Seite herunter.
    Wieder das Brummen, das Aufsteigen der grünen Lichtkugel, die die Plattform einhüllte. Pranj und die drei anderen standen mit vor Staunen offenen Mündern da. Da war das Labor verschwunden, und die magen- und nervenzermürbende Fahrt durch Licht und Dunkel begann. Blake legte sich flach hin und stützte den Kopf auf den gesunden Arm. Den verwundeten Arm drückte er eng an den Körper. Er begnügte sich damit, sich auszuruhen, und überließ die Fahrt der Maschine, deren Funktionsweise er nicht verstand.
    Lichter, Dunkelheit, Lichter. Blauer Nebel. Lichter, Finsternis. Das Beben der Plattform unter ihm hatte jetzt aufgehört. Seine Fahrt war beendet, und er befand sich in der Dunkelheit. Erschöpfung übermannte ihn, und Blake schlief ein.
    Er erwachte kalt und steif. Er öffnete die Augen und begriff nichts. Es herrschte ein blasses Licht. Ein schwacher Lichtstrahl fiel auf eine Hand. Sonne!
    Steif richtete sich Blake auf den rechten Ellbogen gestützt, auf. Die kleinste Bewegung seiner linken Schulter jagte brennenden Schmerz über Rücken und Brust. Sein Kopf wurde klarer, und er starrte um sich. Und da hatte er geglaubt, endlich frei zu sein!
    Doch dies hier war nicht der unterirdische Raum, den er irgendwann am vorigen Abend verlassen hatte. Er krümmte sich zusammen, stützte die Linke auf die Knie und besah sich seine Umgebung.
    Steinmauern, grobbehauene unförmige Blöcke, jedoch mit technischer Präzision aneinandergefügt, die keine Fugen freiließ, stiegen rings um ihn spiralenförmig und schwindelerregend hoch. Die Trägerplattform ruhte am Grunde eines ausgetrockneten Brunnens – das war sein erster verwirrter Gedanke.
    Doch etwa zwei Meter über ihm war ein Riß in der Mauer, durch den die Sonne schien. Dort bot sich ein Weg ins Freie. Blake, schon besser gestimmt, stand auf. Die Plattform unter seinen Füßen war nicht unbeweglich, sie schwankte ein wenig, wenn Blake sich rührte. Sie ruhte auf einer geschwärzten Unterlage, aus der das Ende eines Pfahles ragte. Jetzt bemerkte er, daß die Wände um ihn herum Spuren eines Brandes trugen, eines Feuers, das das Innere dieses Bauwerkes verzehrt hatte – vielleicht in ferner Vergangenheit, denn als er dem Pfahl einen Tritt versetzte, zerfiel er zu Staub.
    Das war mit Sicherheit nicht Scappas Keller. Auch war es nicht die Welt, aus der Pranj geflohen war.
    Blakes Füße versanken fast knöcheltief im verkohlten Schutt. Soweit er sehen konnte, gab es in Höhe des Bodenniveaus, auf dem er sich befand, keine erreichbare Öffnung in der Steinfläche. Ein Eindringen war offenbar nur von oben möglich. Er besah sich den Spalt. Sicher war er breit genug, um ein Durchschlüpfen zu gestatten. Ob er es mit nur einer gebrauchsfähigen Hand schaffen würde, stand auf einem anderen Blatt.
    Irgendwie schaffte er den Aufstieg und bahnte sich den Weg nach oben und ins Freie. Vor Schwäche zitternd blieb er stehen und sah sich benommen um.
    Unten war ein Pflaster, blank an jenen Stellen, wo der Wind den Schnee weggefegt hatte. An anderen Stellen wieder häuften sich die Schneemassen um die Fundamente von Türmen und um die Stämme windzerzauster, kahler Bäume. Das Pflaster war eine kreisartige Anordnung von flachen Steinen, mit vertrockneten Grasbüscheln und Unkraut in den Fugen. Man sah, daß der Weg schon lange nicht mehr begangen worden war.
    Blake ließ sich auf ein Knie nieder, nahm Schnee in die hohle Hand und aß ihn. Sein Blick schweifte von einem Turm zum nächsten, von Bäumen zu einer Wand aus Buschwerk. Keine Spuren, weder menschliche, noch tierische Abdrücke im Schnee. Bis auf das hohle Pfeifen des Windes zwischen den zerfallenen Mauern war kein Geräusch zu hören.
    Unter Schmerzen zog er verwelkte Grasbüschel aus der gefrorenen Erde, suchte heruntergefallene Äste und halbverrottete Holzstücke zusammen. Er brauchte Feuer und Wärme. In seiner Tasche hatte er ein Heft Streichhölzer. Er hielt eine Flamme an das trockene

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