Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
den Gang, als sich auf der Scheibe allmählich ein Muster formte.
    Blake hielt die Stellung. Das waren Schriftlinien – jedoch gänzlich unbekannt. Und doch hatte er das Gefühl, daß er irgendwo schon ähnliche Schnörkel gesehen hatte. Er riß sich von der Betrachtung los und sah gerade noch, wie die Tür zuglitt. Er sprang zur Tür. Es ertönte ein scharfes Klicken, und trotz seiner verzweifelten Bemühungen blieb sie verschlossen.
    Wie wild hämmerte er gegen die Türfläche und rief Lefty zu, er solle sie durch einfaches Davortreten öffnen. Falls der kleine Mann noch im Gang stand, machte er keine Bewegung, und die Tür widersetzte sich Blakes Bemühungen.

7

    Es muß früh am Morgen sein, dachte Blake. Vielleicht blieb ihm nur mehr kurze Zeit, bevor jemand auftauchte und den Laden unten aufsperrte – und bevor sich Arbeiter im Labor einfanden. Er mußte die Freiheit wiedererlangen.
    Er entdeckte eine zweite, vom Schlafzimmer auf den Gang führende Tür, doch widerstand auch diese seinen Bemühungen. Der dritte Raum erwies sich als Küche. Der Anblick der Vorrichtungen, mochten sie noch so fremdartig sein, löste Hungergefühle bei ihm aus. Einen Augenblick lang wollte er sich auf die Suche nach Essen machen, sein gesunder Menschenverstand hielt ihn jedoch davon ab.
    Es gab nur einen möglichen Weg hinaus – ein Fenster. Zwei Fingernägel brach er bei dem Versuch ab, den Rahmen zu lockern. Zwischen ihm und der Freiheit stand nun diese glatte Fläche. Glas? Nein. Unter seiner Berührung wölbte es sich. Er bemühte sich, einen weiteren Fensterladen zu öffnen – und atmete jetzt ganz plötzlich Luft ein.
    Blake hatte weiter Glück. Etwa zwei Meter unter ihm verlief ein Sims und bildete eine Stufe für das hervorspringende Dach eines Vorbaus im ersten Stock. Wenn es ihm glückte, sich durch das Fenster hinauszuzwängen ...
    Der Spalt war sehr schmal, und er mußte sich seiner Jacke entledigen, ehe er es schaffte. Dann stand er zitternd auf dem Sims, bevor er auf den Vorbau hinuntersprang. Die Straßenlampen waren weit entfernt, aber er konnte doch ein wenig sehen. Da gab es keine der aufragenden Wolkenkratzer, die er aus seiner eigenen Stadt kannte. Nur wenige Bauten waren höher als vier oder fünf Stockwerke.
    Er sah hinunter auf einen dunklen Platz, der entweder ein Hof oder ein Parkplatz war.
    Während er noch zögerte und überlegte, sah Blake, wie zwei orangerote Kugeln sich über den Nachthimmel bewegten und einen Kreis über der Stadt beschrieben. Ein Flugkörper?
    Er drehte sich um, weil er den Flug verfolgen wollte, und sah dabei, wie in dem Gebäude, das er eben verlassen hatte, ein Licht aufflammte.
    Ein Fenster am entferntesten Ende des Hauses bildete ein helles Viereck in der Dunkelheit. Es war so hell, daß Blake den Eindruck gewann, es müsse offen sein. Wenn er da hineinkäme ...
    Er stemmte sich wieder auf den Sims hinauf und ging auf den Schein zu. War es Lefty geglückt, in einen anderen Raum zu gelangen? Dann konnte er Blake vielleicht hineinhelfen.
    Angeborene Vorsicht ließ ihn nur vorsichtig sich dem Licht nähern. Und nachdem er einen Blick hinein riskiert hatte, erstarrte Blake.
    Richtig, Lefty war zwar drinnen. Aber es war ein veränderter Lefty, ein Lefty, der nur mehr eine sehr entfernte Ähnlichkeit mit jenem erschrockenen kleinen Gauner hatte, mit dem Blake aus dem unterirdischen Raum geflohen war.
    Nervosität, starrer Blick, verzerrte Lippen verunstalteten das schmale Gesicht nicht mehr, dessen Züge nun Ruhe und Stärke ausstrahlten. Das wirre Haar war aus der hohen Stirn gestrichen, ein seltsames Lächeln verlieh den früher schlaffen Lippen Festigkeit. Er lümmelte in einem der Tonnensessel und drehte eine bräunliche Zigarette zwischen den Fingern. Lefty wartete – worauf?
    Die richtige Antwort erschütterte Blake. Das hier war nicht Lefty, nicht die erschrockene Kreatur, der er sich in den vergangenen Stunden so überlegen gefühlt hatte. Man hatte ihm versichert, daß nur Pranj über die Stufenwelten Bescheid wußte. Das bedeutete also, daß dies hier Pranj war, obwohl der kleine Mann da drinnen wenig Ähnlichkeit mit dem Bild hatte, das man Blake gezeigt hatte. Pranj! Jener Pranj, der die Fähigkeit besaß, sich so vollendet ein fremdes Charakterbild zuzulegen, daß Blake nicht den geringsten Verdacht geschöpft hatte.
    Dann – dann waren sie also nicht zufällig in dieser Welt hier gelandet! Das hier war eine Pranj bereits bekannte Stufe, eine Welt, in der er

Weitere Kostenlose Bücher