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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Stellung bei, als wolle er Blake in Schach halten.
    Die Hexe begnügte sich damit, vor dem Feuer niederzuknien. Bis sie plötzlich das zottige Haupt hob und über die Flammen hinweg Blake ansah. Ihre Augen waren nicht mehr ausdruckslos wie die ihres Jagdwurmes, sondern voll Bosheit – die Augen eines fleischfressenden Jägers. Die schlaffen Lippen enthüllten Zähne, die niemals in einem menschlichen Kiefer hätten wachsen können, Reißzähne wie die eines Wolfes oder Berglöwen.
    Muskelstränge spielten unter der schuppigen und warzigen Haut, als sie fast träge die Hände hob, deren Finger in spitzen Tierklauen endeten.
    »Nein!«
    Und als hätte sie nur auf diesen Schrei gewartet, öffnete die Hexe ihr geiferndes Maul und kreischte einen Befehl. Zum erstenmal richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf. Der sehnige Körper vermittelte den Eindruck von bedrohlicher Kraft und gierigem Hunger, so daß Blake gelähmt den Sprung erwartete, den sie nach seiner Kehle tun würde.
    Doch der Wurm war schneller. Geschmeidig bäumte er sich auf und bewegte sich vorwärts. Aus der Bauchunterseite kamen Fangarme hervor, die sich um Blake schlangen und ihn an die groben Steine der Mauer drückten. Und die Berührung dieser Glieder brannte! Das Ding war aus Metall, daran war nicht zu rütteln – und die roten Kreise, die sich nun in Augenhöhe befanden, waren keine natürlichen Sehorgane.
    Er war hilflos. Die Wurm-Maschine machte keine Bewegung, um ihn zu zerdrücken. Sie hielt ihn nur fest und wartete auf einen Befehl der alten Vettel.
    Wieder stieß dieses Wesen einen kreischenden Befehl aus.
    Dann ertönte ein anderes Geräusch – ein Zischen und ein dumpfes Klatschen. Aus dem Haarfilz auf der Brust der Hexe ragte plötzlich ein hellblauer Schaft. Heftig gestikulierend stieß sie eine Serie unheimlicher Schreie aus, bis blutiger Schaum auf die Lippen trat. Sie brach zusammen und krallte sich in den letzten Zuckungen mit Händen und Füßen in den Boden.
    Aus dem Gebüsch trat jetzt jemand. Er kam mit dem sicheren Schritt dessen, der seine Umwelt beherrscht und wenig oder nichts von ihr zu befürchten hat.
    Ein Eskimo? Das war Blakes erster wirrer Gedanke, als er das parkaähnliche Kleidungsstück sah. Jetzt wurde die Kapuze des Parka zurückgeschoben. Dunkelblaue Tätowierungen zierten das Gesicht.
    Der pelzvermummte Polynesier hielt immer ein oder zwei Schritte Abstand von der Hexe. Er musterte Blake mit unverhüllter Neugier und beachtete den Wurm nicht weiter. Dann blieb er stehen, suchte einen Stein und ging um das Feuer herum. Der Wurm machte keine Bewegung, noch zeigte er Interesse für den Neuangekommenen.
    Furchtlos holte der fellgekleidete Jäger mit dem Stein aus und zerschmetterte eine der roten Scheiben im Schädel des Wurmes. Und dann schlug er mit einer Geschwindigkeit, die Blake ein wenig verwirrte, auf das zweite dieser Organe ein. Das Klirren zerbrechenden Kristalls war zu hören, doch der Wurm rührte sich nicht und wehrte sich nicht gegen den Angriff.
    Der Jäger streckte die Hand aus und zerrte an einem der Fangarme, die Blake gefangen hielten. Zunächst blieb er fest, gab aber dann nach, und das Monstrum fiel krachend zur Seite, offenbar nicht mehr funktionsfähig. Der Jäger lachte und stieß mit dem Fellschuh gegen den Wurm, ehe er seine Waffe holte, eine Armbrust. Diese stellte er zwischen seinen Füßen auf den Boden, während er sich Blake zuwandte. Die bloßen Hände hatte er in der weltweiten Geste des Friedens nach oben gerichtet – leer und mit den Handflächen nach außen.
    Zitternd beeilte sich Blake, diese Geste zu erwidern. Der Fremde stellte in einer flüssigen Sprechweise mit rollenden Konsonanten eine Frage. Bedauernd schüttelte Blake den Kopf.
    »Ich verstehe kein Wort«, sagte er langsam.
    Der andere lauschte aufmerksam. Seine Züge drückten Erstaunen aus, als wäre eine andere Sprache das Letzte, was er zu hören erwartet hatte. Er zeigte sich aber nicht beunruhigt. Statt dessen wies er mit fragender Gebärde auf das Feuer und markierte ein übertriebenes Frösteln. Blake trat von der Mauer weg und legte alles Wohlwollen, dessen er fähig war, in die Geste der Einladung an den anderen, die Wärme des Feuers mit ihm zu teilen.
    Seine Einladung wurde angenommen. Der Fremdling hockte sich nieder und hielt die Hände ans Feuer. Blake setzte sich auf einen Steinblock. Dieser Eskimo oder Hawaiianer – oder was immer er sein mochte – schien freundlicher Gesinnung. Aber würde diese

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