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Kreuzzüge

Titel: Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnes John
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selbst vor lauter Verwirrung gar nicht bemerkt hatte, wie die Zeit verging.

Kapitel 5
    »Wenn wir ihre Aufmerksamkeit erregen wollen, warum sind wir dann mitten in der Nacht losgegangen?«, fragte Clio, nachdem sie bereits sieben oder acht Kilometer zurückgelegt hatten.
    Es war das erste Mal, dass sie etwas sagte, seit sie die Festung verlassen hatten. Hauskyld hatte inzwischen fast schon vergessen, dass er nicht allein unterwegs war, daher dauerte es einen Moment, bis er antwortete.
    »Weil das Gelände um die Festung Kampfgebiet ist. Wenn die Randallaner uns dort erwischen, drehen sie uns direkt den Hals um, ohne erst Fragen zu stellen. Das ändert sich, wenn wir das Kampfgebiet verlassen haben. Dann haben wir zumindest eine kleine Chance, dass wir das Zusammentreffen überleben und vielleicht sogar mit ihnen reden können.«
    »Und was ist, wenn sie uns für Spione halten?«
    »Dann sind wir tot.« Hauskyld überlegte einen Moment, ob es richtig gewesen war, ihr das so direkt zu sagen. Doch kam er bald zu dem Schluss, dass es sich hier letztlich um ein xenistisches Problem handelte und sie nun einmal auf diesem Gebiet ein Profi war, der die Risiken kennen muss.
    »Zumindest vermute ich das. Bisher haben sie keine Gefangenen gemacht.«
    Sie sah ihn an und wartete darauf, dass er weitersprach.
    »Das war anders, als sie damals zum ersten Mal die Nachschubbasen und die Festung angegriffen haben. Wir saßen in der Festung fest und mussten dabei zusehen, wie sie die Gefangenen … nun, wie sie sie gekreuzigt haben.«
    »Gekreuzigt?«
    »Die Randallaner fesselten sie an Kreuze und setzten sich dann einfach ab. Ein paar unserer Brüder haben sich zu den Gekreuzigten hinabgewagt, um sie zu befreien. Die Randallaner haben sich nicht blicken lassen, schossen nicht auf sie, rein gar nichts. Also haben meine Brüder die Gefangenen einfach losgebunden, und einige von uns haben ebenfalls die Festung verlassen, um ihnen zu helfen. Wir mussten sie nämlich reintragen, weil sie nicht mehr laufen konnten. So eine Kreuzigung schwächt den Körper bis zum Äußersten.«
    »Am nächsten Morgen fanden wir wieder einige unserer Brüder dort draußen vor der Festung. Wir gingen hinaus und holten sie ebenfalls in die Festung. Dann hatte Pater Sherman die Idee, dass wir das Verhalten des Feindes für unsere Pläne ausnutzen könnten. Als die nächsten Gefangenen da waren, haben wir drei Kavallerietrupps zu einem Überraschungsangriff auf die randallanische Basis entsandt. Ein ziemlich erfolgreicher Einsatz, wie man sich gut vorstellen kann.«
    Sie sah ihn ernst an, und er vermied es, ihren Blick zu erwidern.
    »Am nächsten Morgen waren wieder einige unserer Brüder dort draußen, doch diesmal hatten sich die Randallaner hinter dem Bergkamm verschanzt und vereitelten jeden Befreiungsversuch. Wir kamen nicht nahe genug an unsere Brüder heran, um sie befreien zu können. Viele von ihnen sind gestorben, direkt am selben Tag, weil wir nicht zu ihnen vordringen konnten.«
    »Am selben Tag? Woran denn?«
    »Sie sind erstickt. Man kann nicht mehr atmen, wenn man mit nach oben verdrehten Armen dort hängt. Früher oder später ist man zu müde, um sich am Kreuz festzuhalten, man fällt nach vorne …«
    »Oh.«
    »Auch der Bischof ist so gestorben. Sein Freund – Pater Sherman – musste hilflos dabei zusehen.«
    »Waren sie gute Freunde?«
    »Pater Sherman war vierzig Jahre lang der engste Mitarbeiter des Bischofs. Manche behaupteten damals hinter vorgehaltener Hand, sie seien ein Liebespaar gewesen.« Hauskyld zuckte die Achseln. »Seit diesem Tag hat er sich völlig verändert – Sie haben ja selber mitbekommen, wie schrullig er ist. Dabei war er früher der tapferste Mann, den ich je kennen gelernt habe.«
    Er reichte ihr die Hand, als sie über einen großen Felsblock klettern mussten. »Egal, vielleicht haben wir ja Glück, und sie halten uns nicht für Spione. Das hat schon oft funktioniert, auch bei meinem ersten Kontakt mit den Gabrieli.«
    Er hoffte ein wenig, dass sie mehr von dieser alten Geschichte hören wollte, doch sie fragte nicht nach. Schweigend liefen sie nebeneinander her. Isolde, der größte von Randalls drei Monden, ging im Osten auf. Tristan, ein sehr naher Mond mit einer Umlaufzeit von weniger als einem halben randallanischen Tag, schoss im Westen über den Himmel. Das Mondlicht war grünblau und wurde von den Felsen ringsum reflektiert. Die Hügel und weiter entfernten Berge hoben sich als dunkle Silhouette

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