Kreuzzüge
gegen den Himmel ab.
In den vier Stunden bis zum Sonnenaufgang sprach keiner von beiden ein Wort – vielleicht war das auch gut so, schließlich wusste niemand, wie gut der Gehörsinn der Greife ausgebildet war. Später würde noch genug Zeit sein, um sich zu unterhalten, und vielleicht würde er ihr dann von seinen beiden Erstkontakten erzählen.
Vermutlich wusste sie bereits einiges über seine Arbeit, da sie immerhin wegen ihm nach Randall gereist war. Bei ihrer Ankunft hatte sie betont, dass es genug andere Planeten gab, auf denen sie eine Anstellung finden würde. Aber sie hatte Randall ausgesucht, weil hier der berühmteste aller Xenisten arbeitete. Es war keineswegs verwunderlich, dass sich seine Erfolge herumgesprochen hatten, da die Expeditionen Jahrhunderte im Voraus geplant worden waren.
Der Morgen dämmerte bereits, als sie den Cañon erreichten. Der Buntsandstein war hier weich und krümelig, wurde nur von feinen Kalziumpartikeln zusammengehalten.
»Wussten Sie schon, dass der Regen hier sehr sauer ist? Das kommt von dem hohen Anteil an Kohlendioxid in der Atmosphäre. In Zusammenwirkung mit der niedrigen Gravitation entstehen diese breiten, tiefen Cañons mit den sanft ansteigenden Seitenwänden«, erklärte Hauskyld. »Die Erosion beruht hier vorwiegend auf chemischen Prozessen und nicht auf meteorologischen, wie es meist der Fall ist.«
»Unterrichten Sie eigentlich?«, fragte sie und wischte sich den Schweiß aus dem Nacken.
»Nein, ich habe immer nur in der Feldforschung gearbeitet. Warum fragen Sie?«
»Ich war nur neugierig. Sehen Sie mal, dort können wir runtergehen. Wie sieht es aus – müssen wir mit der Flut rechnen?«
»Die ist erst in fünfeinhalb Stunden fällig.«
Sie sah ihn erstaunt an.
Er grinste und zeigte auf die beiden Monde, die sich einander jetzt schnell näherten. »Drei große Monde und eine Sonne in geringer Entfernung, dazu noch eine dichte Atmosphäre und eine geringe Gravitation … Das Wetter ist hier sehr vorhersehbar, und deshalb weiß ich auch ziemlich genau, wann die nächste Flut kommen wird.«
Sie nickte und begann den Abstieg in den Cañon durch einen schmalen Grat, den ein Erdrutsch hinterlassen hatte. Als sie den Grund des Cañons erreichten, stand die Sonne direkt über ihnen.
»Sehr gemütlich hier«, meinte Clio. »Die Sonne geht aber verdammt schnell auf!«
Hauskyld nickte. »In den Wüstengebieten ist das immer so. Aber wenn man von hier aus nordwärts geht, in die Koniferenwälder des Barbara-Allen-Distrikts, kann man dort die gewohnt langsamen Sonnenaufgänge genießen.«
Sie sah sich um und kratzte sich am Kopf. »Es ist kaum zu glauben, dass dieser Planet eine richtige Biosphäre hat. Diese Wüste sieht verdammt noch mal so aus wie der Mars – unentwegt will ich nach meinem Atemgerät greifen.«
»Ich dachte, der Mars wäre längst terrageformt?«
»Sie sind noch dabei. Salopp gesagt, es wird mindestens bis zum Jahr 3000 dauern, bis es dort Luft zum Atmen und Wasser gibt. Als ich von dort weggegangen bin, gab es jede Menge Algen, einige gentechnisch veränderte Regenwürmer und einige tiefwurzelnde Kakteen. Der Sauerstoff reichte noch nicht einmal für einen Salamander.«
Sie schob die Haare im Nacken hoch um sich ein wenig abzukühlen. »Ich hätte sie abschneiden lassen sollen, es ist verdammt heiß hier.«
»Es wird noch wärmer, die Temperatur steigt bald auf 25 Grad.«
»Verglichen mit der Temperatur auf dem Mars ist das wirklich ziemlich heiß«, sagte sie und zog ihren Mantel aus. »Ich habe gehört, es gäbe bewohnte Gebiete, wo die Temperatur jeden Tag auf 35 oder 40 Grad steigt …«
»Die gibt es, aber dort ist der Kohlendioxidgehalt in der Luft niedriger als hier. Hier ist es für menschliche Wesen schwerer, die Körpertemperatur zu regulieren.«
Er erwartete eigentlich, dass sie noch etwas dazu sagen würde, doch sie schwieg wieder. Nachdem sie eine ganze Weile durch das steinige Flussbett gelaufen waren, entschloss er sich, sie doch auf das Thema anzusprechen, das ihn schon die ganze Zeit beschäftigte.
»Clio?«
»Ja, was ist?«
»Warum sind Sie nach Randall gekommen?«
Sie blickte eine Weile auf ihre Füße, und er dachte schon, sie wollte seine Frage einfach ignorieren, doch schließlich sagte sie: »Den Hauptgrund habe ich Ihnen schon genannt. Außerdem musste ich schnellstens vom Mars verschwinden, weil ich nun wirklich keine Lust hatte, dort festzusitzen und mich als Gebärmaschine zu
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