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Kreuzzüge

Titel: Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnes John
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spielend einen Arm ausreißen. Und als die Greife nach ihm traten, hatten sie die Krallen eingezogen, denn andernfalls hätte er die Attacke nicht überlebt.
    Er versuchte sich zu entspannen, sprach einige stille Gebete und übte sich anschließend daran, einfach an nichts mehr zu denken. Es dauerte nicht lange, da schnarchte er leise.

Kapitel 9
    Draußen am Zelleneingang bewegte sich etwas. Steine knirschten, und Hauskyld vermutete, Clio sei zurückgekommen. Aber dann stand plötzlich der Randallaner neben ihm.
    »Dein Jesus großer Na'harr.«
    »Das sagtest du schon. Warum hältst du ihn für einen Narren?«
    »Dein Jesus sagt, was nicht wahr ist.«
    Hauskyld versuchte in möglichst ruhigem und verständnisvollem Ton zu antworten.
    »Was hat er denn gesagt?«
    »›Gesegnet seien die Gnädigen, denn ihnen wird Gnade zuteil werden.‹ Stimmt nicht. Ist nicht so passiert. ›Gesegnet seien die Trauernden, denn ihnen wird Trost zuteil werden‹. Ich habe getrauert, ein ganzes Jahr und noch einen Mond mehr, aber kein Trost. Also Jesus großer Na'harr!«
    Wieder öffnete er die Speidrüse, und diesmal platschte das Sekret direkt in Hauskylds Badewasser.
    Hauskyld versuchte, nicht mit der glibberigen, eigroßen Masse in Berührung zu kommen und paddelte mit den Füßen, weil er hoffte, das Wasser würde überschwappen und das ekelige Zeug mit sich tragen.
    »Warum hast du getrauert?«, fragte er und fügte auf Randallanisch hinzu: »Willst du mir nicht sagen, welches Gift dein Herz verwundet hat?«
    Der Randallaner setzte sich auf einen der größeren Steine und umarmte sich selbst mit dem mittleren Armpaar. Schließlich antwortete er auf Randallanisch: »Ich bin ein Xhu'gha.«
    Das war ein Wort, für das Hauskyld bisher keine Übersetzung gefunden hatte. Er wusste indes, dass es Teil ihrer Kultur, aber auch tabu war. Xhu'gha hatte den gleichen Wortstamm wie ›Einsamkeit‹ und ›Kriminell‹. Für das Wort waren ihm schon die verschiedensten Übersetzungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Ausgestoßener, Fenster, Bastard oder Masturbation in den Sinn gekommen.
    Als er noch überlegte, was er darauf antworten konnte, sagte der Randallaner: »Dein Jesus war nicht ein Xhu'gha; woher hat er gewusst?«
    »Wir leben in dem Glauben, dass er alles wusste«, antwortete Hauskyld. »Er starb in Agonie und Schande.«
    »Scheiße!« Dank der Auquinianer war dies eines der wenigen terranischen Worte, das Einzug in die Umgangssprache der Randallaner gefunden hatte. »Sterben ist nichts. Nicht sterben, ist Schande. Was ist Agonie?«
    »Agonie, großer Schmerz.« Er versuchte es auf Randallanisch. »Sind meine Versuche in der Wahren Sprache zu sprechen so schlecht, dass mein Bruder mich nicht versteht?«
    »Dein Akzent ist merkwürdig, aber du sprichst sie gut genug, dass ich dich verstehen kann. Ich weiß, dass ich die Sprache meines Freundes nicht gut beherrsche, aber in der Wahren Sprache gibt es keine treffenden Worte für das, was ich sagen will. Vielleicht gibt es diese Worte in keiner Sprache.«
    »Das ist immer schwierig«, stimmte Hauskyld zu und hoffte, das Gespräch auf Randallanisch weiterführen zu können. »Wir haben zum Beispiel kein Wort für Xhu'gha.«
    »Gibt es denn bei euch keine Xhu'ghawi? Ihr seid gesegnet, wenn ihr keinen Kummer und keine Trauer kennt. Vielleicht war euer Jesus doch nicht so ein großer Narr.«
    »Das weiß ich nicht. Du müsstest mir dieses Wort erst mal erklären.« Hauskyld beugte sich gespannt vor. Während er auf die Erklärung wartete, versuchte er noch einmal das auf dem Wasser schwimmende Sekret aus der Wanne zu schwappen.
    »Wir sind uns selbst nicht ganz sicher, was dieses Wort in eurer Sprache bedeutet – wir dachten zuerst, es heißt ›Fußgänger‹. Dann, es hieße ›allein‹. Schließlich kamen wir auf ›geil‹.«
    Hauskyld versuchte noch immer diskret, sein Badewasser zu säubern. Innerlich hätte er am liebsten laut gejubelt. Das war der erste bedeutende Hinweis, den er in dieser Beziehung erhalten hatte. Er fragte in Randallanisch: »Könnte mir mein Freund sagen, wie seine Freunde darauf gekommen sind?«
    »Es begann mit dem, den ihr Pater Sherman nennt. Sein Pferd, das wir den ›blöden Bruder‹ nannten, hatte ihn abgeworfen und war davongelaufen. Er sagte, er wäre jetzt ein ›Fußgänger‹. Aber wir fanden heraus, dass er sich deshalb nicht schämte. Dieser blöde Bruder schien nicht wie die anderen Brüder zu sein.«
    Hauskyld machte sich im Geiste eine Notiz,

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