Kreuzzüge
dass das Wort Bruder hier auf Randall nicht dasselbe bedeutete wie für ihn.
»Dann war da der Jesus-Lehrer, den alle Pater Thomas nannten, in der … wie heißt das bei euch? … Missionsstation, hinten in Gh'ra'ith – das ihr den ›Kontinent Davids‹ nennt. Er war immer so traurig und einsam. Wir fragten ihn danach, und er sagte uns, er sei ›allein‹. Er hatte auch keine Brüder und wir dachten schon, wir hätten endlich die richtige Übersetzung gefunden. Aber ihr anderen habt ihn nicht verstoßen, und dann kam der, den ihr ›Psychofuzzi‹ nennt. Er sprach mit ihm, und dann war der Pater wieder glücklich. Also war er auch nicht Xhu'gha. Dann sprachen wir noch einmal in der Sprache meines Freundes mit den Anhängern von Sherman und fragten sie, warum der, den sie Harwyd nennen, immer so aggressiv sei, und warum die anderen ihn immer neckten. Sie sagten uns, dass ihn der mit dem Namen James verlassen habe, und das mache ihn ›geil‹.«
Hauskyld musste sich sehr beherrschen, um nicht laut loszulachen. Die Affäre von James und Harwyd war lange das Hauptgesprächsthema bei den Brüdern gewesen. Jetzt wurde ihm schon einiges klarer.
»Ich verstehe jetzt, was das Wort ›Xhu'gha‹ bedeutet! Bezeichnet man mit diesem Wort vielleicht jemanden, der weder einen Greif noch eine Handschlange besitzt?«
Der Randallaner warf den Kopf zurück und schrie – ein schrecklich hoher Ton, der wie eine Speerspitze durch Hauskylds Schädel drang.
»Spricht man bei euch etwa über solche Dinge?« Er fuhr herum und rannte aus der Höhle, wobei er die mittleren Arme über den Boden schleifen ließ, um seine Balance zu halten.
Hauskyld spülte das Sekret sorgfältig aus dem Badebehälter und ließ das Wasser ablaufen. Er trocknete sich mit seiner Tunika ab und streckte sich dann auf seinem Mantel aus.
Irgendwie schien er das Problem wenigstens halb gelöst zu haben. Aber welche Hälfte, da war er sich nicht sicher. Er dachte noch eine Weile darüber nach, kam jedoch zu keinem Ergebnis und schlief schließlich ein.
Kapitel 10
»Hey, Hauskyld, möchtest du einen Freund von mir kennen lernen?«
»Ich muss mich erst anziehen«, murmelte er, noch halb schlafend.
»Kuf macht das sicher nichts aus. Und soweit es mich betrifft – nun, ich hatte eine Menge Brüder«, sagte Clio, als sie eintrat. Er sah, dass sie von einem ausgesprochen großen Greif begleitet wurde.
»Kuf, das ist Hauskyld, Hauskyld, das ist Kuf.«
»Gott schütze dich, Bruder Hauskyld«, grüßte der Greif freundlich.
»Gott schütze auch dich«, antwortete er automatisch. Der Greif schien zu lächeln, obwohl seine facettierten Augen keinerlei Regung zeigten und Hauskyld sich auch nicht ganz sicher war, was die Falten links und rechts von seinem Schnabel zu bedeuten hatten.
»Mach es dir bequem«, forderte Clio ihn auf und nahm Platz. Der Greif setzte sich auf den Boden wie ein großer Hund und legte die Schwingen nach hinten auf den Rücken.
»Sicher würde Hauskyld gerne hören, worüber wir uns draußen unterhalten haben.«
»Was genau möchtest du wissen?«, fragte Kuf. Wie der Greif in der Filmaufzeichnung lispelte er.
»Was hat dir Thkhri'jah erzählt, als er hier bei dir war?«
»Thkhri'jah?« Hauskyld war noch immer nicht ganz wach.
»Der Randallaner, mit dem du gesprochen hast. Kuf sagte mir, sein Name sei Thkhri'jah. Verdammt, eigentlich ist die Bezeichnung ›Randallaner‹ ja völlig absurd – all diese Lebewesen sind Randallaner! Weißt du, es ist bei ihnen eine Art Tradition, dass die Greife und Handschlangen den ›Randallanern‹ das Reden überlassen, besonders bei diplomatischen Anlässen. Oh – da fällt mir ein, ich weiß jetzt die Bedeutung von mindestens sechs Worten, über die du dir nicht ganz sicher warst. Die Greife haben längst nicht so ein großes Problem mit den Tabus wie die Randallaner.«
»Nicht alle Greife«, verbesserte Kuf. »Was du sagst, betrifft eigentlich nur mich und die anderen christlichen Greife.«
»Christliche Greife!« Hauskyld stand auf und zog sich seine Hosen an. »Am besten erzählst du mir das Ganze erst mal von Anfang an!«
»Pass mal auf«, erwiderte Clio scharf, »es ist wirklich prima, dass du so viel Geduld hast! Klar, du verstehst ihre Sprache, und dies ist ja auch nicht dein erster Kontakt. Aber mich macht das ganz verrückt! Und als du dann noch beschlossen hast, in aller Ruhe ein Bad zu nehmen und ein Nickerchen zu machen, reichte es mir! Ich wollte rausgehen und endlich etwas
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