Kreuzzüge
unternehmen. Mindestens einer der Randallaner spricht Standardterranisch, und du hast ja bereits in der Festung herausgefunden, dass das auch zumindest auf einige der Greife zutrifft. Also dachte ich mir, ich teste mal, ob ich mit den Greifen hier sprechen kann. Ich bin einfach auf den Erstbesten zugegangen und habe ihn gefragt, ob er mich versteht.« Sie zuckte die Achseln. »Er sagte ja, also haben wir uns eine ganze Weile unterhalten!«
Hauskyld lachte und schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist absolut nicht zu fassen! Wirklich eine Schande, dass du Xenobiologin geworden bist – eigentlich bist du doch der geborene Feldforscher! Ich nehme an, so hast du dann auch herausgefunden, dass Kuf Christ ist?«
»Das sind hier alle«, erklärte Kuf. »Hier werden nur Christen gefangen gehalten.«
»Thkhri'jah – das war sein Name, richtig? Er hält sich nicht für einen Christen. Aber das ist vielleicht eine ganz natürliche Reaktion, wenn man für seinen Glauben ins Gefängnis geworfen wird.«
»Die Thni'tarath-an-k'pha reagieren so, wenn sie Xhu'gha sind.«
Hauskyld wollte den Greif gerade fragen, was Xhu'gha bedeutet, doch dann besann er sich eines Besseren und fragte stattdessen: »Wie kommst es, dass du fließend Standard sprichst?«
Kuf schwieg einen Moment, dann antwortete er in der Wahren Sprache: »Meine Brüder und ich wurden von der Hochkrone ausgewählt, weil wir eine besondere Begabung dafür haben. Wir haben fremde Sprachen studiert, was auf jeden Fall von Vorteil ist. Als Kniep'pha, Qungakrandaratak und ich zu der Missionsstation kamen, hatten wir den Befehl der Hochkrone, dort stets zu schweigen.«
Hauskyld nickte. Das erklärte, warum die Gegner so viel von ihnen gewusst hatten. Wenn man meint, nicht belauscht zu werden, spricht man unbeschwert über viele Dinge, die ein Feind eigentlich nicht wissen sollte. »Wir sind Brüder im Glauben und ich denke, wir könnten einander helfen. Es gibt da ein Wort, dessen Bedeutung du mir erklären könntest, wenn es dir nichts ausmacht …«
»Was ist das für ein Wort?«, fragte der Greif und wischte sich mit der Vorderpfote über das Gesicht.
Hauskyld bemerkte, dass die Pathologen mit ihrer Vermutung Recht gehabt hatten, dass die beiden langen Außenfinger an jeder Hand wie Daumen über die drei mittleren gelegt werden konnten. Er dachte mit Grauen daran, dass der Greif mit seinem messerscharfen Schnabel imstande war, große Fleischstücke aus seinem Opfer zu reißen. In Anbetracht der Tatsache, dass Thkhri'jah sehr wütend wurde, wenn man ihm die falsche Frage stellte, spürte er plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend.
»T'muvam«, sagte er schließlich.
Der Greif warf seinen Kopf zurück und legte ihn dann so auf die Seite, dass er Hauskyld genau betrachten konnte. »Kennst du wirklich nicht die Bedeutung dieses Wortes?«
Hauskyld schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ahnung.«
»Ich muss erst darüber nachdenken. Entschuldige mich bitte«, sagte Kuf, stand auf und ging hinaus.
Hauskyld machte ein besorgtes Gesicht. »Ich hoffe, ich habe ihn nicht verärgert.«
»Ich glaube nicht«, meinte Clio. »Er sagte mir, dass sich ihre Augenfarbe verändert, wenn sie wütend werden. Sie werden dann weiß, und das war bei ihm zweifellos nicht der Fall. Außerdem hat er mir erzählt, dass sie mit den ersten Forschungsteams gar nicht erst gesprochen haben, weil sie sich erst vergewissern wollten, dass sie sie auch richtig verstehen. Vermutlich ist es also wirklich so, wie er sagte. Er muss erst darüber nachdenken, um sicher zu sein, dass er dir auch korrekt antworten kann.«
Hauskyld saß eine ganze Weile still da und lehnte den Kopf gegen die Höhlenwand. Seine Gedanken wirbelten durcheinander.
»Faszinierend«, meinte er schließlich. »Ich habe in den letzten fünf Stunden mehr Daten gesammelt, als in den vergangenen Jahren. Diese Kultur ist so vielfältig, das hätte keiner von uns vermutet!«
»Na ja«, sagte Clio und setzte sich direkt vor ihn. »Ich kann mir einen Grund denken.«
»Oh, tatsächlich?«
»Ich will dir nicht zu nahe treten«, sagte sie und nahm seine Hände in die ihren, »aber ich glaube, das Problem besteht darin, dass das Christentum sie ausgrenzt.«
Ihre Hände waren warm und weich. Am liebsten hätte er sie gar nicht mehr losgelassen. »Das könnte sein.«
»Und das macht dir gar nichts aus?«
»Eigentlich nicht.« Er drückte ihre Hände und grinste sie an. »Das passiert eben. Aber für die Betroffenen ist es
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