Kreuzzüge
Armbrust und Nitroglycerin wurden zu den beliebtesten Waffen.
Thwov zeigte auf den Pass des rostigen Eisens – die Randallaner hatten diesen Namen von den terranischen Kartenwerken übernommen. »Dort unten fand damals eine der letzten großen Schlachten statt. Der Pass hat seinen Namen erhalten, weil man die toten Soldaten einfach samt ihren Waffen dort liegen ließ. Noch nach Hunderten von Jahren konnte man aus der Luft die dunklen Umrisse ihrer Überreste erkennen.«
»Handelte es sich um Randallaner?«
»Ungefähr die Hälfte waren Randallaner. Die letzten Kriege hatten zur Folge, dass alle Xhu'gha geächtet wurden! Du hast sicher schon gewusst, dass Hmi'dro alle zusammengebracht hat, ob sie wollten oder nicht. Sieh mal, da unten wachsen Beeren! Gibst du der Wache ein Zeichen?«
Hauskyld hob den Arm, und im nächsten Moment rasten sie auf den Beerenstrauch zu, der auf einem Tafelberg mitten in einer breiten Schlucht stand. Er lehnte sich zurück und genoss den frischen, kühlen Wind, der über sein Gesicht strich.
Als sie das Nachtlager errichtet hatten, kündigte Kommandant G'tru an, dass am folgenden Morgen mit der Ankunft im Lager der Hochkrone zu rechnen sei, wo eine andere Wachmannschaft übernehmen würde.
»Ich möchte euch allen meine Glückwünsche aussprechen zu eurem bewunderungswürdigen Verhalten und wünschte euch, dass ihr mit eurer Bitte Erfolg habt!«
»Ich bin mir sicher, dass er uns genauso gerne und ebenso freundlich unser Todesurteil verlesen hätte«, flüsterte Clio Hauskyld ins Ohr.
In dieser Nacht, als alle außer den Wachen schliefen, kuschelte sie sich eng an ihn, und er schloss sie in die Arme. Sie kopulierten schnell und heftig, als wäre es das letzte Mal in ihrem Leben.
Kapitel 19
Früher waren die terranischen Xenisten einhellig der Meinung gewesen, dass Phmi'phtar die Hauptstadt des Planeten war. Aber kurz bevor der Krieg ausbrach, hatte einer von Hauskylds Schülern – wie war doch noch sein Name gewesen? – herausgefunden, dass es sich einfach um den Ort handelte, wo sich die Hochkrone gerade aufhielt. Besser gesagt, die Hochkronen, dachte Hauskyld. Wie das Terranische kannte auch die Wahre Sprache keinen echten Plural für dieses Wort.
Obwohl es sich nicht um eine Stadt im eigentlichen Sinne handelte, war Phmi'phtar eine beeindruckende Siedlung. Zum Gefolge der Hochkrone gehörte ein Hofstaat aus über zweihundert Tripeln, zwei Geschwader Lanzenträger und je ein Geschwader Musketiere, Grenadiere, Pikenträger und Armbrustschützen. Hinzu kamen noch die ›Adligen auf Lebenszeit‹, eine Gruppe von mehr als achtzig Tripeln, die sich besonders um das Königshaus verdient gemacht hatten oder außergewöhnlich gute Verbindungen zu den Anführern wichtiger Clans besaßen. Damit waren insgesamt mehr als 1.300 Mäuler zu füttern, was dadurch erschwert wurde, dass man sich gewöhnlich nicht in unmittelbarer Nähe der größeren Siedlungen aufhielt. Hauskyld erschien dieses Lager doch verhältnismäßig klein, verglichen mit den Stützpunkten, die man typischerweise um christliche Niederlassungen errichtete.
Traditionell wurden die Gerichtsverhandlungen unter Vorsitz der Hochkrone erst nach Einbruch der Dunkelheit abgehalten. Vermutlich lag das daran, dass sich die Machthaber ihr Futter selber suchen mussten, so wie jeder andere auch. Der ganze Planet schien wie eine kleine Stadt organisiert zu sein. In der Tat konnte man den Begriff ›Hochkrone‹ am besten mit ›Wichtigstes unter den sozial bedeutenden Tripeln‹ übersetzen.
Die Hochkrone pflegte die Illusion aufrechtzuerhalten, sich genau wie ein normales Tripel zu verhalten, besonders bei der Futtersuche. In der Realität sah dies freilich anders aus: In Phmi'phtar war es üblich, dass der Hochkrone täglich von jedem ihrer Begleiter so genannte ›Geschenke‹ gemacht wurden – Gaben in Form von Nahrungsmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs.
Der Hofstaat war eigentlich nichts anderes als eine Mischung aus Oberstem Gerichtshof und Oberster Polizeibehörde. Damit besaß er die Macht, Gesetze so auszulegen, wie es gerade notwendig und sinnvoll erschien. Solange man sich nicht gegen das Herrschaftshaus auflehnte, schien niemand etwas gegen diese fragwürdige Bevorteilung zu haben. Das Eintreiben von Lebensmitteln und anderen Dingen wurde einfach als eine Art Steuer angesehen.
»Jeder braucht nur wenig zu geben. Das ist vielleicht nicht immer ganz fair, aber schließlich steht ja ein ganzer Planet
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