Kreuzzug der Templer
Überraschung. »Warum kommt er? Hast du ihm etwas erzählt?«
»Ja, das habe ich. Aber er hat angerufen, Godwin, und er wollte nicht wissen, wie hier das Wetter ist. Es ging John um etwas anderes. Nicht nur du musst etwas erlebt haben, auch er, sonst hätte er ja nicht angerufen.«
»Gut, das verstehe ich. Aber weshalb...«
»Er hat mir den Grund leider nicht genannt«, sagte Daniel. »Wenn du willst, kannst du dich ja mit ihm in Verbindung setzen.«
»Das wird keinen Sinn haben. Sie müssen erst in Frankreich sein.« Godwin zeigte nach langer Zeit mal wieder ein Lächeln, das offen und optimistisch aussah.
»Das war alles, was ich dir mitteilen wollte. Kann ich sonst noch etwas für dich tun?«
»Danke, Daniel. Ich komme schon zurecht. Die Nachricht, dass John hier eintreffen wird, bringt mich schneller auf die Beine, das verspreche ich dir.«
»Ich hoffe es. Für dich und auch für uns.«
Daniel ging. Er wie auch die übrigen Templer hatten den Auftrag, nach Sophie zu forschen. Sie sollten versuchen, eine Spur von ihr aufzunehmen. Godwin hatte seinen Besucher nicht danach gefragt. Wäre die Antwort positiv gewesen, dann hätte man sie ihm schon längst mitgeteilt. So aber musste er leider warten, was ihm überhaupt nicht passte. Er fühlte sich so hilflos.
Er war wütend über sich selbst und dachte immer wieder an die Ereignisse der vergangenen Nacht. Hatte er sich richtig verhalten? Hätte er etwas anders machen können?
Aber seine Gedanken beschäftigte noch ein dritter Punkt. Die dunklen Templer hatten die Chance gehabt, ihn zu töten. Es wäre ihnen ein Leichtes gewesen. Sie hätten sich dann auch mit der Entführung seiner Frau zufrieden geben können. Er tot, sie in der Gewalt der Höllenhorde. Idealer hätte es für sie nicht sein können.
Das war jedoch nicht geschehen, und über den Grund dafür grübelte er nach. Godwin konnte sich vorstellen, dass die Gegenseite einen anderen Plan verfolgte. Erst sollte der Schock lähmen, dann würden sie mit ihrem wahren Vorhaben herausrücken – und das sah bestimmt nicht gut für ihn aus.
Er fluchte vor sich hin, als er daran dachte. Er bekam sogar einen roten Kopf, und an der Stirnwunde machte sich wieder das dumpfe Pochen bemerkbar. Sein Kreislauf war durch die Gedanken angeregt worden und sorgte für das Ziehen und Stechen.
»Untätig!«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, ich will nicht mehr untätig sein...«
Er wusste selbst, dass er nicht viel unternehmen konnte. Dazu war er zu schwach, aber auf diesem Notbett liegen, das ging ihm verdammt gegen den Strich.
Aufstehen. Gehen. Wieder etwas in Form kommen. Seine Muskeln in Form halten.
Er wollte John Sinclair nicht im Bett begrüßen. In dem Fall wäre er sich wirklich krank vorgekommen, und deshalb setzte er alles daran, um das Notbett zu verlassen.
Hastige Bewegungen waren nicht möglich. Langsam musste er sich auf die Seite drehen und aufsetzen. Aber er schaffte es, obwohl die Kopfschmerzen wieder stärker wurden.
Auf der Kante blieb er sitzen. Godwin hatte sich geweigert, irgendeinen Schlafanzug anzuziehen. Es hatte auch kein Oberbett oder eine Zudecke für ihn gegeben. Einzig die beiden Pflaster auf seiner Stirn zeugten von seinem angeschlagenen Zustand.
Dass ihm der rechte Oberschenkel schmerzte, wo sich der große blaue Fleck abmalte, das war schon okay. Auch am linken Schienbein hatte er etwas abbekommen. Damit konnte er ebenfalls leben.
Ihn ärgerte nur die Schwäche, und er hatte das Gefühl, dass die nicht so schnell verschwinden würde. Aber das war noch lange kein Grund für ihn, untätig zu sein. Er wollte John Sinclair zudem etwas vorweisen können. Vielleicht gab es sogar eine Möglichkeit.
Etwa eine Minute lang blieb er auf dem Bett sitzen. Er hing den Gedanken nach, die sich irgendwie alle um Sophie drehten. Er dachte an den Würfel, der ihm unter Umständen einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben würde, aber sein Blick hing dabei an einem anderen Gegenstand fest, der seinen Platz unter dem Fenster gefunden hatte und schon seit Jahren dort stand.
Es war der Knochensessel!
Ein Erbe des letzten Templerführers, der auf dem Scheiterhaufen sein Leben hatte hergeben müssen.
Jaques de Molay war zwar gestorben, aber sein Skelett existierte noch, und aus ihm hatte sich der Knochensessel geformt, der voller Magie steckte und nur von wenigen Menschen benutzt werden konnte. Er war sogar bereit, Menschen auf eine Zeitreise gehen zu lassen. Aber wehe, wenn der Mensch
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