Kreuzzug gegen den Gral
Epenstoffen ihre Gönner von sich aus oder auf Bestellung feierten. Ich muß es literarhistorischer und historischer Forschung überlassen, endgültig festzulegen, daß Guiot in der Tat das Haus Trencavel von Carcassonne besungen hat, verfolgte ich in meinem Buch doch weniger die Identifizierung der Wolframschen Gestalten als die Beweisführung, daß der Wolfram-Guiotsche Gral und die catharische Mani eins sind. Trotzdem glaube ich nicht versäumen zu dürfen, einige besonders auffallende Beziehungen zwischen Gestalten des höfischen Lebens Ro-maniens und Figuren des Wolframschen Parzivals als Richtlinien für eingehendere literarhistorische Untersuchungen zu geben: Artus ist bei Wolfram König des Britenlandes und Vertreter des weltlichen Rittertums. Nantes ist die Hauptstadt seines Reiches. Artus hat eine Schwester: Sangive, die Mutter von Gawan, Beakurs, Kundry und Suramur, deren Gatte der Griechenkaiser Alexander ist.
Mit König Artus besang Guiot, und mit ihm Wolfram von Eschenbach, zweifelsohne den Britenkönig Richard Löwenherz, den ja auch der Troubadour Gaucelm Faidit beklagte. Guiot hat im heiligen Land sicher Gaucelm Faidit kennengelernt, falls er ihm nicht schon an einem romanischen Hof begegnet war. Auch Richard Löwenherz residierte zu Nantes. Nun vermählte sich Richard Löwenherz' Schwester mit Raimon dem Sechsten zu Beaucaire ( = Beau rocher oder belle roche = Schönfels; eine Verwandtschaft mit der Burg Bearosche Wolframs liegt übrigens ebenfalls nahe). Gar oft verwechselt Wolfram Eigennamen mit geographischen Bezeichnungen und umgekehrt. Sollte Beakurs ursprünglich nicht die Burg Beaucaire gewesen sein, wo man Feste zu feiern wußte, die das ganze Abendland in Staunen versetzten? Sollte Sangive den »König Lot« in Beaucaire geheiratet haben? Wäre Gawan die Verkörperung des Hauses Toulouse, so wäre das ganze zweite Buch des Wolframschen »Parzi-val« nichts anderes als die dichterische Verherrlichung der Kämpfe zwischen England und der romanischen Koalition. Guyot scheint mir nämlich in Parzival, Gawan und auch Anfortas nicht nur die zu seiner Zeit lebenden Vertreter eines Fürstenhauses besungen, sondern jeweils deren ganze Familie in ihnen personifiziert zu haben. Auf diese Weise würden dann auch Verwandtschaftsbeziehungen, die wir z. B. im Textteil bei den Häusern Foix und Comminges angedeutet haben, verständlicher werden. Ganz abgesehen davon, daß fast alle romanischen Herren- und Adelsfamilien nicht nur die gleichen Ahnherren, Wolf oder Asnar beanspruchten, waren sie auch untereinander seit Jahrhunderten verwandt und verschwägert. Ein Stammbaum, den ich diesen Anmerkungen vorausschicke, mag die verwickelten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Häusern Toulouse, Anjou-Plantagenet, Carcassonne, Aragon, Foix und Comminges um die zwölfte Jahrhundertwende erhellen. Eine ausführliche Genealogie würde Bände füllen, wie das ja auch bei der fünfzehnbändigen Histoire generale de Languedoc (Vic-Vaissette) fast der Fall ist.
Bei Nachprüfung von Wolframs Angabe, das Haus Anschauwe sei mit Parzival der Gralsritterschaft würdig geworden, ist deshalb auch die Verwandtschaft zwischen Anjou, Toulouse, Carcassonne und Foix zu berücksichtigen. Wir identifizieren Gawan mit Raimon dem Siebenten oder dem Hause Toulouse. Sollte Alexander, der Griechenkaiser, nicht Raimon von Saint-Gilles sein, der Beherrscher des Libanon, oder gar Nureddin, Saladin, vielleicht gar Malek-Adel, Saladins Bruder? Guiot war im heiligen Land, und zwar zur Zeit des dritten Kreuzzuges. Die Tatsache, daß das Haus Toulouse in Tyrus und Tripolis herrschte, war ihm somit bekannt. Wolfram von Eschenbach nennt Alexander mit Eraklius zusammen. In Tyrus befand sich vor Urzeiten der Tempel des Herakles-Melkart.
»Der >sacro catino< ist der berühmte Smaragd der Genuesen, welcher 1806 auf Befehl Napoleons untersucht und als oliven-grünes Glas bestimmt wurde ... Aus gesicherten Quellen haben wir einen Bericht des Wilhelm von Tyrus aus dem 12. Jahrhundert, nach welchem den Genuesen dieses Beutestück bei der Eroberung Cäsareas zugefallen ist. Von seiner Vorgeschichte erzählt er nichts. Die Sage weiß dann zu berichten, daß es ursprünglich im Tempel des Herkules in Tyrus bewahrt worden sei ...« Kampers S. 85. Vgl. Wechßler S. 129; Heitz S. 456-457; Birch-Hirschfeld S. 223. Es dürfte sich wohl lohnen, diesen Beziehungen nachzugehen.
Wir haben aus verschiedenen Gründen, die hier wohl nicht wiederholt zu werden
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