Kreuzzug gegen den Gral
109 bis 110.
Ich möchte an dieser Stelle eine Probe aus der heutigen amerikanischen Dichtung geben, um zu zeigen, wie sich diese, die Materie als schlecht ablehnende Auffassung bis in die modernste Zeit erhalten hat:
Leben ist Fürchten,
Ein langes Sterben Von Geburt zum Tode!
Gott ist ein Mörder!
Leben ist Tod.
Eugen O'Neill: Lazarus Laughed. In Bruns, Die amerikanische Dichtung der Gegenwart. 1930. S. 119.
75 »In den französischen und italienischen Prophezeiungen des Merlin wird von der Krone des babylonischen Drachen mit vier Edelsteinen gesprochen und von einer gleichen des Kaisers von dem mythischen Orbante, Aurians-Adriano. Dieser wird in der Überschrift eines Kapitels der italienischen Prophezeiung mit dem babylonischen Drachen identifiziert. Die Krone dieses Herrschers von Orbante wurde zufällig im
Meere gefunden, und ein Fischer brachte zum Kaiser Friedrich die Edelsteine, mit welchen sie geschmückt war. Aus der Fassung dieser Stelle geht hervor, daß die Steine aus der übersandten Krone die Hauptsache sind« (Kampers S. 103; beachte auch S. 86). Ganz abgesehen davon, daß die deutsche Kaisersage mit den Gralsdichtungen offensichtliche Parallelen aufweist, habe ich diese Stelle zitiert, um zu zeigen, wie sehr der Teufelsfurcht eine ganze Mythologie um Luzifers Sturz gegenüberstand, die in Satan nur einen unbotmäßigen, ungeistigen und verlogenen Engel sah: die Verkörperung der Welt. Wahrscheinlich liegt darin auch der Grund, daß die Kirche die Catharer im Bunde mit dem Bösen glaubte.
76 Vgl. Schmidt Bd. II S. 72 ff.; Döllinger Bd. I S. 150 ff.
Dicunt Christum phantasma fuisse non hominem. Schmidt Bd. II S. 38 Anm. 1.
Zu »Aeon Jesus« Kittel S. 38: »Im Hellenismus wurde die Idee des Heilbringers und Soters mit der des Lichtgottes verbunden und so von selbst an die Lichtzeit und das wieder zunehmende Tageslicht geknüpft, und so war damit auch fast notwendig eine neue Gedankenverbindung gegeben. Wie das Aufleben des Lichts und der Jahreswechsel eine natürlich gegebene und sich fast von selbst verstehende Verbindung eingehen, so auch das Erscheinen des neuen Lichts oder die Geburt des Lichtgottes und das Erscheinen der neuen Weltzeit, das Aion. War die Geburt des Sonnengottes mit dem Kalender in Verbindung gebracht, so konnte dasselbe für den neuen Aion nicht ausbleiben. Nun ist ja Aion zunächst nur ein Abstractum oder ein halbes Abstractum, mindestens etwas ganz Unpersönliches, eine Weltzeit. Aber indem die neue Zeit in ihrem Erscheinen Gegenstand der Feier wird, wird sie gleich dem Sonnengott, der jährlich neu geboren wird, auch >geboren<. Damit ist sie zur konkreten Person geworden und geradezu als Gott gedacht.« Über die Geburt des Äon durch eine Jungfrau vgl. Kittel S. 39. Schon Kerinthus, ein Zeitgenosse des Johannes und der erste christliche Gnostiker - dem übrigens die Gegner des Chiliasmus (der Lehre vom tausendjährigen Reich) die Verfasserschaft der Offenbarung Johannis zuschrieben - lehrte, daß der Äon Christus sich durch die Taufe mit dem Menschen Jesus vereinigt, ihn aber vor der Kreuzigung verlassen habe. Vgl. Renan S. 31. Nach ma-nichäischer Lehre war die Kreuzigung nur Schein. Vgl. Reinach (Orpheus) S. 105. Nach einer catharischen Auffassung ließ Christus an seiner Statt einen Dämon kreuzigen, dem er seine Gestalt gegeben hatte. Moneta S. 256. Döllinger Bd. I S. 153.
Eine interessante Parallele zu dem albigensischen Mythus vom Erscheinen Christi gibt der bekannte gnostische »Hymnus von der Seele«:
Allgemeines Gesetz war der erstgeborene Geist;
das zweite war des Erstgeborenen ausgegossenes Chaos.
Als drittes aber empfing die Seele in Mühsal das Gesetz. Deshalb hat sie angezogen eine flüchtige Gestalt und quält sich bei ihrem Treiben, vom Tode beherrscht.
Bald hat sie die Herrschaft und schaut das Licht,
bald weint sie ins Elend gestoßen,
bald wird sie beweint und freut sich,
bald weint sie und wird gerichtet,
bald wird sie gerichtet und stirbt,
bald weiß sie keinen Ausweg mehr,
unglücklich über das Böse,
umherirrend gerät sie ins Labyrinth.
Da sprach Jesus: Sieh her, Vater!
Diese Sucht nach Bösem auf der Erde entfernt sich von deinem Geiste.
Sie aber sucht dem bitteren Chaos zu entfliehen und weiß nicht, wie sie hindurchkommen soll.
Deshalb sende mich, Vater!
Mit den Siegeln in der Hand will ich hinabsteigen,
alle Äonen will ich durchwandern,
alle Mysterien will ich erschließen,
die Gestalten der Götter will ich
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