Kreuzzug gegen den Gral
Söhne hin, die die Ketzer immer noch verteidigen. Dann fährt er fort: »Daher also seid ihr ermächtigt, wo immer ihr predigen möget, den Geistlichen, die trotz eurer Verwarnung von solcher Verteidigung der Ketzerei nicht ablassen, ihre Pfründen wegzunehmen, unverzüglich gegen sie vorzugehen, sowie nötigenfalls die Hilfe des weltlichen Arms anzurufen.«
Als der Dominikanerorden vom päpstlichen Stuhl den Auftrag erhielt, sich der Ketzerbekämpfung in Südfrankreich anzunehmen, sah er sich vor eine fast unlösbare Aufgabe gestellt. Die Ketzerei hatte sich seit Generationen ungestört einnisten können und hatte alle Stände in einem solchen Umfange durchsetzt, daß Romanien systematisch zum rechten Glauben erzogen werden mußte.
Ein Inquisitor legte keinen Wert darauf, durch prunkvolles Auftreten die Menschen zu beeindrucken, sondern ihm lag daran, sie durch Schrecken zu lähmen. Die prächtigen Gewänder, die pompösen Prozessionen und das Dienergefolge überließ man den Prälaten. Ein Inquisitor trug stets das schlichte Habit seines Ordens und ließ sich, wenn er über Land zog, lediglich von einigen Reisigen zu seinem Schutz und zur Ausführung seiner Befehle begleiten. Einige Tage vor seinem Besuche in einer Stadt oder einem Dorf pflegte er die Kirchenbehörden von seinem Kommen zu benachrichtigen und ließ durch sie das Volk auff ordern, sich zu einer bestimmten Zeit auf dem Marktplatz einzufinden. Wer dem Befehl Folge leistete, dem wurde ein Ablaß versprochen. Wer sich nicht einfand, wurde exkommuniziert.
Der versammelten Bevölkerung hielt der Inquisitor zunächst eine Predigt über den wahren Glauben, dessen Ausbreitung sie mit allen Kräften zu unterstützen habe. Dann forderte er alle Bewohner auf, innerhalb zwölf Tagen vor ihm zu erscheinen und ihm alles zu enthüllen, was sie über jemanden erfahren oder gehört hätten, wer der Ketzerei verdächtig sein könne und aus welchem Grunde. Versäumte es jemand, dieser Aufforderung nachzukommen, so war er ipso facto exkommuniziert. Gehorsame hingegen wurden mit einem dreijährigen Ablaß belohnt. Man kann sich den Schrecken vorstellen, in den eine Gemeinde versetzt wurde, wenn ein Inquisitor plötzlich eintraf und seine Proklamation verkündete. Niemand konnte wissen, welche Redereien über ihn im Umlauf waren. »Schließlich wurden Eltern veranlaßt, ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, Männer ihre Frauen und Frauen ihre Männer zu verraten«, wie Papst Gregor der Neunte einmal sagte.
Bei dem Verhör waren außer dem Inquisitor und dem Vorgeladenen ein Schreiber anwesend, der die Prozeßverhandlung mitschrieb, die ihm vom Inquisitor diktiert wurde, »wie er am besten die Wahrheit ausdrückte«. Wir wollen uns ein solches interrogatorium anhören, wie es uns von dem toulouser Inquisitor Bernard Gui als Musterverhör mit dem dazu nötigen Kommentar vermittelt worden ist:
»Wenn ein Ketzer zum ersten Mal vorgeführt wird, so nimmt er zumeist eine zuversichtliche Miene an, als sei er seiner Unschuld sicher. Ich pflege ihn zu fragen, weshalb er seiner Ansicht nach vorgeladen sei. Angeklagter: Herr, es würde mich freuen, von Euch den Grund zu erfahren.
Ich: Ihr seid angeklagt, Ketzer zu sein und anders zu glauben und zu lehren, als die heilige Kirche es gestattet.
Angeklagter (der bei einer solchen Frage stets seine Augen gen Himmel wendet und eine fromme Miene annimmt): Herr und Gott, du allein weißt, daß ich unschuldig bin, und daß ich mich nie zu einem anderen Glauben bekannt habe, als zu dem des wahren Christentums.
Ich: Ihr nennt Euren Glauben christlich, weil Ihr unseren für falsch und ketzerisch haltet. Darum frage ich Euch, ob Ihr jemals einen anderen Glauben für wahrer gehalten habt als den, den die römische Kirche für wahr hält.
Angeklagter: Ich glaube an den wahren Glauben, wie ihn die römische Kirche lehrt.
Ich: Vielleicht leben einige Mitglieder Eurer Sekte in Rom. Das nennt Ihr die römische Kirche. Wenn ich predige, so kann es wohl vorkommen, daß ich von Dingen rede, die Eurem und meinem Glauben gemeinsam sind, beispielsweise, daß es einen Gott gebe. Somit glaubt Ihr etwas von dem, was ich predige. Und doch könnt Ihr ein Ketzer sein, weil Ihr andere Dinge glaubt als die, die geglaubt werden müssen.
Angeklagter: Ich glaube alles, was ein Christ glauben muß.
Ich: Ich kenne Eure Schliche. Was Eure Sekte glaubt, das muß Eurer Ansicht nach ein Christ glauben. Doch wir verlieren Zeit bei diesem Wortstreit. Sagt einfach:
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