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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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jetzt nicht dort sind, wo sie sein sollten«, fügte Katastrophenschützer Rothier hinzu.
    »Sie wollten über Weihnachten nach Hause fliegen«, erklärte August Falk.
    »Sie haben selbst mit denen gesprochen?« Hans-Dieter Schnur wirkte fast so, als bekäme er im nächsten Moment Schaum vor dem Mund.
    »Kurz. Ja. Wir machen sehr früh im Dezember immer eine Weihnachtsfeier, weil danach bei uns das Geschäft so richtig losgeht. Mein Personaler hat mir einen gewissen Pedro vorgestellt. Er ist wohl so etwas wie ihr … na ja, wie ihr Anführer, wenn man so will. Oder sagen wir Wortführer, denn er kann ziemlich gut Deutsch. Und auch Englisch und Spanisch. Nun, klar, Spanisch sowieso. Sehr heller Junge. Wir wollten ihn eigentlich fest anstellen. Perfekt als Vorarbeiter. Den kann ich mir sogar als Manager vorstellen, um ehrlich zu sein.«
    »Worüber haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Ich habe versucht, ihm das Leben hier in diesem wunderschönen Tal ein wenig schmackhaft zu machen. Aber er meinte, er müsse seine Talente dort einsetzen, wo sie für sein Volk am meisten brächten. Die südamerikanische Bevölkerung werde seit nunmehr fünfhundert Jahren ausgebeutet. Da gebe es viel zu tun. Ich konnte ihm da nur beipflichten.«
    »Ein peruanischer Revoluzzer in Diensten der Bayerischen Zugspitzbahn  – großartig!« Hans-Dieter Schnur verdrehte die Augen. »Und, sonst noch was? Was genau hat er dazu gesagt, wie er seinen Leuten zu Hause helfen will?«
    »Darüber haben wir uns nicht unterhalten. Und, bitte, es war eine Weihnachtsfeier. Da versuche ich mit jedem meiner Mitarbeiter kurz zu sprechen. Aber ich weiß noch, dass ich diesem Pedro erzählt habe, dass beim Bau der Zahnradbahn schon einmal Leute aus den Anden sehr gute Arbeit geleistet haben. Das hat ihn leider auch nicht beeindruckt.«
    »Moment. Vor neunzig Jahren waren hier Peruaner, die beim Graben des Tunnels geholfen haben?« Hans-Dieter Schnur musste sich sehr beherrschen, um den Oberzugspitzbahner nicht am Kragen zu packen und ihn durchzuschütteln.
    »Bolivianer. Man konnte damals nicht genug Bergleute in Europa finden. Die kamen aus aller Herren Länder hierher. War ja Weltwirtschaftskrise, und hier gab es für zwei Jahre sichere Arbeit. Jede Menge Arbeit.«
    »Und wo sind die danach hin?«
    »Keine Ahnung, Herr Schnur, das ist neunzig Jahre her. Ich weiß davon nur aus den Akten. Und auch nur, weil einer von denen bei einem Brand ums Leben gekommen ist. Deshalb wurde sein Name und eine Liste seiner Habseligkeiten damals aufgezeichnet, bevor man die Sachen an seine Heimatadresse geschickt hat. Der Mann selbst wurde unten in Grainau begraben, aber die Familie hat ein Päckchen und den Lohn plus eine kleine Entschädigung von ein paar hundert Reichsmark nach Hause geschickt bekommen. Die Bayerische Zugspitzbahn war immer ein sehr korrektes Unternehmen.«
    »Und einen Zusammenhang zwischen ihrem Pedro und dem Toten aus den Zwanzigern sehen Sie nicht?«
    »Ich bin weder Heimatforscher noch Kriminalist. Wie ich schon sagte, ich bin Maschinenbauer. Ich sehe, dass meine Anlagen von Irren zerstört wurden. Und dass meine Gipfelstation drauf und dran ist, vom Berg zu kippen.
Das
sehe ich. Während Sie hier Geschichte aufarbeiten wollen!« Nun war es Falk, der nahe dran war, den BKAler anzugehen.
    Mitten in die Kampfstimmung zwischen den beiden Männern hinein meldete sich unerwartet Franz Hellweger, der immer noch mit seiner Lok am Tunnelportal Riffelriss wartete. »Gustl! Bitte melden!«
    August Falk schnappte sich sofort das Funkgerät. »Höre. Franz, was gibt’s?«
    »Ich hab mir ein bisserl die Beine vertreten. Jetzat rat amal, über was ich gestolpert bin.«
    »Wir haben keine Zeit für Quizshows«, blaffte Hans-Dieter Schnur. Falks Funkgerät war laut genug, dass alle im Raum »Forelle« mithören konnten.
    »Ein Kabelstrang geht aus dem Tunnel und biegt nach rechts ab«, berichtete Franz Hellweger. »Der war im Sommer noch nicht da. Ist sicher nicht von uns. Verschwindet im Schnee und führt offensichtlich in den Wald. Wenn mir nicht exakt dort, wo der aus dem Tunnel rauskommt, mein Feuerzeug in den Schnee gefallen wär und ich nicht ein bisserl hätt graben müssen, hätt den keiner gefunden.«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind, und warten Sie auf Einsatzkräfte!«, befahl Schnur. Dann rief er Berlin und verlangte, dass die Bundeswehrsoldaten, die bisher den Wald nach Kabeln durchkämmt hatten, am Tunnelportal konzentriert würden. »Wieso haben die da

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