Kreuzzug
Vereinigten Staaten, nicht der Vereinigten Emirate, wenn ich mich richtig entsinne.«
»Das ist alles schwer zu erklären, und Sie müssen da jetzt raus, um ihre Mission zu erfüllen. Nur so viel: Das war alles nicht vorhergesehen. Der Zug sollte nur eingesprengt werden, und sie hätten die Menschen in den Waggons innerhalb der folgenden Stunden befreien sollen. Es sollte ein Wake-up-Call für Deutschland sein oder etwas in der Art. Auf alle Fälle geht das, was hier gerade passiert, auf das Konto dieser … dieser …«
»Indios?«
»Offenbar. Indios. Ich verstehe das ehrlich gesagt auch nicht. Ist auch egal. Ich muss jetzt dafür sorgen, dass das Ganze hier beendet wird. Mit möglichst wenig weiteren Zivilverlusten. Wir sitzen also im selben Boot, Hauptfeldwebel Denninger. Sie helfen mir. Und ich warne Sie, wenn Sie jemandem von mir erzählen, haben Sie einen ganz neuen persönlichen Feind: die Central Intelligence Agency !«
»Dann erübrigt sich meine Frage, woher Sie mich kennen. Na schön, ich werde jetzt erst einmal diesen Sniper kassieren. Können Sie Ihr Kabel- TV hier dazu benutzen, um all das herauszukriegen, was Sie nicht wissen?«
»Ich werde es versuchen. Melden Sie sich wieder bei mir, wenn Sie Ihre Mission erfüllt haben. Ihr Funker wird einen Spruch erhalten. Er wird ihn nicht verstehen, denn es geht darin um Red-Bull-Dosen. Aber Sie werden ihn deuten können. Wir werden Ihnen darin die Frequenz mitteilen, auf der ich Sie hören kann. Viel Glück, Hauptfeldwebel Denninger!«
Markus Denninger nickte kurz, dann sah er dem Amerikaner in die eisgrauen Augen. Der hielt dem Blick stand. Denninger hatte das Gefühl, dass das meiste von dem, was der Kerl ihm aufgetischt hatte, der Wahrheit entsprach, so verrückt es sich auch angehört hatte. Oder gerade
weil
es sich so verrückt angehört hatte.
Dann machte er sich auf den Weg in die oberen Stockwerke des Kammhotels. Irgendwo musste es einen Durchschlupf ins Freie geben, durch den der Indio, den Denninger erschossen hatte, eingestiegen war.
Kapitel siebzig
Eibsee-Hotel , 7 Uhr 30
H err Dr. Schwablechner, drücken Sie auf ›Senden‹, bitte«, wies Kerstin Dembrowski den Pressesprecher an.
Die E-Mail, die sich Sekundenbruchteile später in den Postfächern der wichtigsten Medien der Welt befand, würde Geschichte schreiben, da war sich Schwablechner sicher.
Auf Deutsch, Englisch, Spanisch, Russisch und Arabisch sowie Mandarin stand darin:
Die Bundesrepublik Deutschland nimmt zur Kenntnis, dass die Entführung eines Zuges der Bayerischen Zugspitzbahn sowie die Sprengung eines Pfeilers der Tiroler Zugspitzbahn und der Abschuss eines Hubschraubers der Bundeswehr über dem Zugspitzplatt von einer Gruppe verübt wurden, die mit ihrer Aktion Gefangene aus US -amerikanischen Militärgefängnissen freipressen will. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland verurteilt diese Akte der Gewalt. Im Sinne der Lösung der Auseinandersetzung ist die Bundesregierung jedoch bereit, mit der Gruppe zu verhandeln.
Zur Verhandlungsführerin wurde Kapitän zur See Kerstin Dembrowski bestimmt. Sie befindet sich an einem Ort, von dem aus sie in kürzester Zeit auch in persönliche Verhandlungen mit der Gruppe treten kann. Bis dies stattfinden kann, wird Frau Dembrowski auf der Internetseite www.deutschlandverhandelt.de mit der Gruppe kommunizieren. Diese Kommunikation wird auch auf der Facebookseite »Deutschland verhandelt« und über Twitter @Deutschlandverhandelt verbreitet.
Die Kommunikation startet um 8.00 Uhr MEZ .
Unmittelbar nachdem diese Meldung verschickt und auf den genannten Internetdiensten veröffentlicht worden war, ging ein weltweiter Aufschrei durch die Kommentarseiten und Blogs. Alles an dem von der deutschen Regierung eingeschlagenen Weg wurde verurteilt. Der Zeitpunkt dieser ersten offiziellen Bekanntmachung: zu spät. Die Form: zu öffentlich.
Die Journalisten konnten es nicht fassen, dass zeitgleich mit ihnen jeder beliebige Internetnutzer auf der ganzen Welt über die Ereignisse informiert worden war. Daher rührte auch die massive Kritik am Inhalt der Botschaft: zu zurückhaltend in der Wortwahl. An keiner Stelle die Vokabeln »Anschläge«, »Terroristen« oder »Mord«.
Besonders in den rechtslastigen Redaktionen schäumte man über, weil dieses Kontaktangebot die Doktrin auf den Kopf stellte, auf deren Basis die westliche Welt seit Jahrzehnten auf terroristische Erpressung reagierte, zumindest offiziell: Mit Terroristen
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