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Krieg der Drachen - Roman

Krieg der Drachen - Roman

Titel: Krieg der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael A Stackpole
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und als nichts weiter denn eine Reisebeschreibung, bis auf die Tatsache, dass der Autor keinerlei Hinweis auf seine Eindrücke oder Gefühle gab. Er beschrieb Berge und Täler auf eine Art, von der ein Zivilist glauben mochte, sie könnte einem Vermesser gefallen. Zu Beginn unternahm der Autor auch noch den Versuch festzuhalten, wie viele Schritte notwendig waren, um einen Wasserlauf zu durchqueren, aber schon bald verschwanden
alle präzisen Maßangaben. Tatsächlich verflog bis auf die Mondphasenzeichnungen vor jedem neuen Eintrag auf halber Strecke jede Spur von Ordnung oder Genauigkeit.
    Gegen Ende waren die Einträge pures Gebrabbel in völlig unleserlichem Gekrakel. Zweimal war die Bleistiftspitze abgebrochen, aber der Autor hatte ganze Zeilen vollgeschrieben, bevor er einen neuen Bleistift gefunden und damit weitergeschrieben hatte.
    Alles in allem waren die Tagebucheinträge wertlos. Sie gaben weder einen Hinweis auf Himmelsrichtungen noch auf Höhen. Vermutlich konnten sie jemandem helfen, die beschriebenen Stellen zu finden, der mit dem Gebiet vertraut war, durch das ihr Autor sich bewegt hatte. Aber niemand, der mit dem Gebiet vertraut ist, hat einen Bedarf für diese Informationen.
    Verbunden mit dem Gedanken, dass es möglich war, den Ring aufzuspüren, machte das den Prinzen nachdenklich. Wenn man den Ring verfolgen kann und weiß , wo sein Träger sich in jedem Augenblick aufhält, ist jede Bewegung dieses Trägers eine Landvermessung. Und falls der Ring mehr als nur seine Position verriet, auch die Bedingungen der Umgebung, selbst wenn es nur in gröbster Weise war, benötigte man die Aufzeichnungen nur noch als Bestätigung der bereits über den Ring erfolgten Beobachtungen.
    Das Ganze stank nach tharyngischer Thaumaturgie. Norillische Magie baute auf langer Tradition auf, und die norillischen Magier gehörten zu den besten der Welt. Es war die norillische Magie, auf der die gefürchtete Schlagkraft der königlichen Armee beruhte – die Fronteinheiten der Königin suchten im Feld ihresgleichen.
    Nach der tharyngischen Revolution, die der Wissenschaft die beherrschende Stellung im Universum eingeräumt hatte,
war die Magie zu einem Studienfeld wie jedes andere geworden. Die Ryngen waren von denselben Traditionen wie Norisle ausgegangen, hatten sich jedoch an eine systematische Untersuchung der Magie gemacht, um deren Grundprinzipien zu erforschen. Viele Norillier betrachteten das als Zeitverschwendung, und die von den Tharyngen veröffentlichten neuen Prinzipien wurden verlacht, da allgemein bekannt war, dass sie nur Unsinn sein konnten.
    So war kein Zweifel daran möglich, dass zum Wirken von Magie eine Berührung notwendig war. Die Überlieferungen strotzten nur so von Geschichten über Magier, die von einem Speer durchbohrt wurden, oder von Wahrsagern, die in Knochen lasen und feststellten, wem sie im Leben gehört hatten. Bis zu den Tharyngen hatte nie irgendjemand gefragt, wie diese Knochen dieses Wissen enthalten konnten. Sie erklärten es mit den sogenannten Gesetzen der Ähnlichkeit und der Übertragbarkeit. Kurz gefasst besagten sie, dass alles, was sich im Aussehen ähnelte, eine Verbindung besaß, und eine ähnliche Verbindung bestand zwischen allem, was sich eine Weile nahe gewesen war.
    Das würde bedeuten, dass eine Verbindung zwischen dem Ring und dem daraus entnommenen Metallspan bestand. Die Tradition, in der Prinz Vladimir die Magie erlernt hatte, lehrte, dass diese Verbindung zu schwach war, um irgendeinen praktischen Wert zu besitzen. Allerdings regten sich in ihm mittlerweile Zweifel. Die Shedashie waren allem Anschein nach in der Lage, solche Verbindungen zu lesen, und falls er Kapteyn Radbands Bericht glauben durfte, taten sie es ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Und falls Radband das bemerkt hatte, warum sollte das nicht auch einem Tharyngen aufgefallen sein, der seine Landsleute dazu brachte, die sich daraus eröffnenden Möglichkeiten zu erforschen?

    Schlimmer noch, der Brief enthielt Hinweise auf Nekromantie. Keiner der Laureaten unterstützte Todeszauber, und viele lehnten sie ausdrücklich ab, aber das hieß nicht, dass es sie nicht gab.
    Der Prinz lehnte sich zurück. Falls du Malphias nach Mystria gekommen war, um so widerwärtige Zauber zu erforschen oder einzusetzen, dass seine Landsleute ihn in ihrer Heimat nicht duldeten, war die Lage wirklich schlimm. Und sie konnte nur noch schlimmer werden.

DREISSIGSTES KAPITEL
    7. Juli 1763
Amboss-See,

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