Krieg der Drachen - Roman
nämlich Soße schneller aufzusaugen, als irgendein Stück Brot es konnte.
Dennoch hatte er Grund, dankbar zu sein. Zumindest hatten weder er noch Kamiskwa eine Perücke tragen müssen, die ganz sicher entsetzlich juckte. Ganz abgesehen davon, dass er nicht den geringsten Sinn an diesen Dingern entdecken konnte, da alle Männer der Gesellschaft außer dem Bischof eigenes Haar besaßen.
»Schätze, es war ein Glück, dass dein Vater nicht da war beim Essen, sonst hätten wir von jetzt an Neun-Gänge-Menüs und anschließend Tanzvergnügen in Sankt Fortunas.«
»Kein Tanzvergnügen.«
Nathaniels Grinsen wurde noch breiter. »Du hast überhaupt kein’ Sinn für Kultur.«
»Nein. Ihr tanzt zur Unterhaltung. Wir tanzen für Magie.«
»Oh, da war Magie in der Luft.« Das Tanzen hatte Nathaniel Spaß gemacht, obwohl er nicht allzu begabt war. Die Prinzessin hatte ein Streichquartett und einen Zeremonienmeister mitgebracht, der den Anwesenden sämtliche Tänze, die für Paare und Vierergruppen ausgelegt waren, zunächst erklärt hatte. Seine Partnerinnen waren jedes Mal entweder Madame Frost oder Lilith Binsen gewesen, doch im Verlauf des Tanzes war er unvermeidlich auch in Kontakt mit Rahel und ihrem Partner gekommen, und man hatte hören können, wie die Gesellschaft den Atem anhielt. Alle Augen waren auf sie gerichtet, um ihre Reaktionen zu beobachten, und während ihres Angelausflugs hatten sie sich köstlich darüber amüsiert.
»Ich vermute, dir ist nicht bewusst, wie viel Magie, mein Freund.«
»Wird wohl so sein.« Nathaniel gluckste. »Aber ich hatte trotzdem meinen Spaß.«
In den zwei Wochen nach dem Diner waren allerlei Vergnügungen anberaumt, aber die Gäste waren nach vier Tagen abgereist und hatten dem Prinzen, Graf Joachim, Nathaniel und Kamiskwa damit Gelegenheit geboten, an die Arbeit zurückzukehren. Der Prinz und der Graf hatten eine Liste von Fragen über die Festung aufgesetzt, auf die sie Antworten benötigten. Prinz Vladimir hatte sie dann noch um eine Liste von Informationen erweitert, die er über du Malphias’ Pasmortes brauchte. Er hatte sogar die Hoffnung geäußert, sie könnten einen von ihnen fangen und mit auf sein Gut bringen.
Nathaniel hatte diese Aussicht gar nicht behagt. »Nicht, dass
ich unhöflich sein will, Hoheit, aber was, wenn der beißt oder sticht oder sich sonst wie unfreundlich beträgt? Das ist eine lange Reise hierher zurück.«
Der Prinz hatte ihm zugestanden, dass sich das als Problem würde erweisen können, und am folgenden Tag hatte er sich Nathaniels Kugelform geliehen und damit besondere Munition gegossen. Sie feuerten die Kugel mehrmals zu beidseitiger Zufriedenheit, und Nathaniel hatte versprochen, bei der Rückkehr Bericht über die Wirkung auf Pasmortes zu erstatten.
Nathaniel und Kamiskwa beeilten sich und erreichten das Winter-Sankt-Fortunas bereits nach anderthalb Wochen. Sie machten lange genug halt, um sich gründlich auszuschlafen, dann machten sie sich gemeinsam mit Friedensreich Bein auf den Weg weiter nach Hutmacherburg. Statt geradewegs in den Ort zu wandern, besuchten sie jedoch Seths Bauernhof.
Er schien ihnen nichts nachzutragen, ganz im Gegensatz zu seiner neuen Frau, Meg Tor. Sie hätte die drei im Kuhstall schlafen lassen, hätte Seth ihr nicht erklärt, dass sie nie die Gelegenheit bekommen hätte, sich um seine Kuh zu kümmern, hätten sie ihn nicht nach Port Maßvoll geschickt. Das hätte bedeutet, sie hätten sich niemals ineinander verliebt und hätten auch nicht geheiratet. Das besänftigte sie ein wenig, auch wenn Nathaniel den Eindruck hatte, dass Meg sich mehr in die Kuh als in Seth verliebt hatte.
Anschließend zogen sie ohne Umweg zum Tannensee, an dem sie diesmal bereits nach drei Tagen eintrafen. Am Nachmittag standen sie auf der kleinen Insel. Der Wind hatte von Ost nach Nord gedreht, und Friedensreich schlug vor, für den Rest des Tages haltzumachen.
Kamiskwa widersprach. »Morgen schneit es. Wir sollten zusehen, dass wir ans Ufer kommen.«
Als sie das andere Seeufer erreichten, war die Sonne bereits unter dem Horizont verschwunden, und die ersten Schneeflocken fielen. Sie brannten eisig, wenn sie auf die Haut trafen. Nathaniel zog die Ärmel über die Hände. Der erste Schneefall besserte seine Laune jedes Jahr aufs Neue. Beim ersten Schnee hatte er Rahel das erste Mal geküsst, wenn es auch etwas später im betreffenden Jahr gewesen war, und lange bevor sie die Gattin eines anderen geworden war.
Die drei
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