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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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um bei dieser willkommenen
Zerstreuung ja keine gebrochene Nase und keinen ausgeschlagenen Zahn zu
verpassen. Da das Gelände zum Garten hin abfiel, hatten die meisten Zuschauer
in diesem natürlichen Amphitheater ihren Platz gefunden. Einige Kinder hielten
die Treppen des Südturms besetzt, während die Wachleute vom Wehrgang auf das
Geschehen herabsahen. Etwas Eigentümliches dämpfte Gespräche und Gelächter,
aber vielleicht war es auch nur der Schnee.
    Nun erschien der Landgraf mit seiner Familie, begleitet von seinem
ersten Ritter, Walther von Vargula, und dem tugendhaften Schreiber. Kaum hatten
Hermann und Sophia unter dem Baldachin Platz genommen, deckten Diener ihre
Schöße und Beine mit Fellen zu. Der Schreiber ergriff das Wort. Weil Hermanns
Gäste keine gewöhnlichen seien und Hermann ebenso wenig ein gewöhnlicher
Gastgeber, sondern ein ausgewiesener Freund der Literatur, sei dieser
Wettstreit nach einem literarischen Vorbild entworfen worden: Der Kampf um
Kriemhilds Rosengarten zu Worms sollte nachgeahmt werden, jene farbigste aller
Episoden der Dietrichssage.
    Kriemhild, Prinzessin von Burgund, habe einst in Worms einen Garten
voll wunderschöner Rosen besessen, den die besten Kämpfer des Landes zu verteidigen
geschworen hatten, darunter ihr Vater, ihre Brüder und Siegfried der Drachentöter,
der Stärkste von allen. Die streitsüchtige Kriemhild habe nun Dietrich von Bern
herausgefordert, mit seinen besten Männern gegen die Wormser anzutreten, um
diesen Rosengarten zu erobern. Wem es im Zweikampf gelänge, den Verteidiger zu
überwinden, der habe zum Preis einen Kranz blühender Rosen und einen Kuss von
Kriemhild erhalten sollen.
    Nun aber – so der Schreiber weiter – stünde man vor dem Rosengarten
Sophias von Thüringen, wenngleich des Schnees halber davon wenig zu sehen sei –
im Winter sei dies nur ein Rosengarten dem Namen nach, stat
rosarium pristina nomine  –, und die edle Dame lade ihre Gäste ein, die
Kräfte mit der Thüringer Ritterschaft zu messen. Wer von den sechs Herausforderern
siegreich in den Rosengarten vordringe, erhalte den gleichen Lohn wie ehedem
Dietrichs Recken: einen Kuss von Sophia und einen Rosenkranz; aus Mangel an
frischen Blüten freilich kein Blumenkranz, sondern das Kreuz an einer
Perlenschnur. Der Schreiber schloss mit der launigen Bemerkung, im
Dietrichslied hätten die Wormser alle Kämpfe bis auf einen verloren; hier auf
der Wartburg würde man es den Gästen nicht ganz so leicht machen.
    Walther von Vargula erklärte nun die Regeln: Er würde die Treffer
auf jeder Seite zählen. Sieger sei, wer zuerst fünf Treffer gelandet oder
seinen Gegner kampfunfähig geschlagen habe. Schließlich verkündete er die
Abfolge der Zweikämpfe und die jeweiligen Kombattanten, wie es der Landgraf
verfügt habe. Biterolf würde als Dritter kämpfen.
    Die Männer stellten sich nun jenseits der Schranken auf, um den
Kampfplatz freizumachen für Walther von der Vogelweide und Franz von
Eckartsberga. Diese erste Paarung sorgte für Unmut unter den Thüringern, denn
Walther den ersten Kampf bestreiten zu lassen schien ihnen eine ebenso
willkürliche Entscheidung wie die Wahl seines Gegners, Franz von Eckartsberga,
einer zwar imposanten Gestalt, der aber seit Tagen an einer schweren Erkältung
litt. Als die beiden Männer unter den anfeuernden Rufen der Burgleute mit
Schild und Holzschwert aufeinander losgingen, erkannte man zwar, dass Walther
ähnlich leichtfüßig focht, wie er dichtete – aber gegen einen gesunden Ritter
Franz hätte er verloren. So blieb der Kampf anfänglich ausgeglichen, und
Walther von Vargula rief Treffer mal für die eine, mal für die andere Seite
aus.
    Zu allem Übel mischte sich der Landgraf ins Geschehen ein, indem er
seinen Kampfrichter anwies, einen undeutlichen Treffer, mit dem Franz von
Eckartsberga in Führung gegangen wäre, nicht zu geben. Der Thüringer wurde
zusehends mürbe; in seinem Gesicht konnte man ablesen, wie Krankheit,
Ausrüstung und Anstrengung an seinen Kräften zehrten. Bald konnte er den Schild
nicht mehr schnell genug herumreißen, um Walthers Schläge abzuwehren, und der
Sänger siegte mit fünf Treffern zu dreien. Die Zuschauer applaudierten, weil es
der Landgraf tat. Für die Böswilligen unter den Thüringern blieb der kleine
Trost, dass Franz’ letzter Hieb Walthers Hand getroffen hatte – ebenjene Hand,
mit der er die Harfe schlug. Sophia ließ eine Handvoll Schnee in ein Tuch wickeln,
dass Walther die Blessur

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