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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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Ein wenig erinnert mich das Ganze an diesen Zwischenfall in Freising;
weißt du noch, Wolf? Da standen wir Rücken an Rücken gegen was? Zehn, zwölf
böhmische Söldner. Und sind am Ende doch mit heiler Haut davongekommen. Ein
Heldenstück! Sie haben dir lediglich einen Zahn ausgeschlagen.«
    Da Wolfram nichts zur Freisinger Anekdote beitragen wollte,
erkundigte sich Heinrich von Ofterdingen endlich nach allen Umständen von
Ruperts Tod. Vollends empört war der Ofterdinger jedoch erst, als er von den
Hintergründen der Intrige erfuhr, die man gesponnen hatte, ihn zu entehren und
zu enthaupten. Dass sein Freund und Vorbild Reinmar sich hatte kaufen lassen,
ihn ans Messer zu liefern, machte Ofterdingen so zornig, dass er vom Thron
aufsprang, hin- und herlief und mehrere Schemel quer durch den Saal
schleuderte. Er verglich sich mit Siegfried und Reinmar mit Hagen, denn der
treulose Hagenauer habe nichts anderes getan, als für gleißendes Gold dem
arglosen Freund einen Speer in die verletzlichste Stelle zu bohren.
    Als sich Ofterdingens Zorn etwas gelegt hatte, dankte er Wolfram
dafür, dass er es auf sich genommen habe, ihn, den unrechtmäßig Verurteilten,
freizukämpfen – ganz gleich, wie unüberlegt die Unternehmung auch gewesen sein
mochte. Irgendwann wurde es Wolfram zu viel des Lobes und der Brüderlichkeit,
und er wies darauf hin, dass nicht so sehr er als vielmehr Biterolf die
treibende Kraft dieser Befreiung gewesen war. Dann wickelte sich Wolfram in
eines der Tischtücher und legte sich schlafen. Die Rüstung behielt er an und
das blanke Schwert in Griffweite. Aus den entlegenen Ecken des Festsaals hatten
sie die Teppiche von den Wänden gerissen und diese vor dem Kamin ausgebreitet
und mit Kissen bedeckt, sodass ihr Lager warm und weich war. Frieren musste
nur, wer im Treppenhaus Wache hielt.
    Im Tagesgrauen weckte Wolfram sie. Das Treiben im Hof ließ
darauf schließen, dass Hermann eine weitere Attacke vorbereitete. Agnes
sammelte Schnee von den Arkaden und schmolz ihn am Feuer, um den Durst zu
stillen. Wolfram betete laut, und die anderen gesellten sich zu ihm, auf den
Teppichen kniend wie die Mohammedaner. »Seid stark im Herrn und in der Macht
seiner Stärke«, sprach Wolfram, »kleidet euch in den Harnisch Gottes, dass ihr
den listigen Anschlägen des Teufels standhalten mögt. Steht fest, umgürtet mit
Wahrheit und gepanzert mit Gerechtigkeit. Ergreift den Schild des Glaubens, mit
dem ihr alle Feuerpfeile des Bösen auslöscht, und nehmt den Helm des Heils und
das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. Betet allezeit im Geist
für den Herrn und alle Heiligen, und er wird euch eine Brücke bauen über Blut
und Feuer.« Beim Amen bemerkte Biterolf, dass seine
Stimme halbwegs wiederhergestellt war.
    Als es hell genug war, befahl der Landgraf den Angriff. Diesmal
gingen die Thüringer besonnener zu Werke: Mehrere Ritter mit Schilden
versuchten erneut, die Treppe zu überwinden, aber entlang der gesamten
Westfassade wurden in der gleichen Zeit etliche Sturmleitern angelegt, um den
Saal über die Arkaden zu stürmen. Wolfram, Ofterdingen und Konrad hielten die
Treppe, der Rest die Arkaden. An und für sich wäre es für die Verteidiger ein
Leichtes gewesen, die Leitern sofort wieder von der Mauer abzustoßen und jeden
Eroberungsversuch damit zu vereiteln, nur hatte Hermann auf der
gegenüberliegenden Seite des Hofes und selbst auf dem Dach des Zeughauses
Armbrustschützen postiert, die jeden unter Beschuss nahmen, der zwischen den
Arkaden hervortrat. Biterolf und die anderen mussten hinter den Säulen und der
Brüstung Deckung suchen, bis Gregor Schemel und Stangen aus dem Saal brachte.
Die Schemel konnten sie als Schilde nutzen, mit den Stangen konnten sie die
Leitern zur Seite schieben, ohne ihre Deckung zu verlassen.
    Je nachdem, wie weit die Angreifer gekommen waren, bis ihre Leiter
umgestoßen wurden, stürzten sie bis zu sechs Klafter tief. Die
Schmerzensschreie der Abgestürzten ließen darauf schließen, dass nicht nur Holz
brach, sondern auch mancher Knochen. Heikel waren für die Verteidiger lediglich
jene Leitern, die an ihrem Ende mit Haken versehen waren. Denn sobald diese in
die Brüstung eingehängt waren, war es schwierig, sie wieder herunterzuheben.
Mit der Axt des Fleischhauers hieb Rumolt auf die Haken ein, bis sie
zersplitterten, doch bevor er die eine Leiter zerschlagen hatte, hatten die
Thüringer bereits eine andere erklommen. Dem ersten der Angreifer schoss Agnes
einen

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